Lokalsport

Der Generationen-Vertrag

Turnen Die 42-jährige Oksana Chusovitina führt die junge VfL-Riege am Samstag in Heidenheim in den Kampf um den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga. Von Bernd Köble

Fünfte im Sprungfinale bei der WM in Montreal: Oksana Chusovitina.Foto: afp
Fünfte im Sprungfinale bei der WM in Montreal: Oksana Chusovitina.Foto: afp

Alles ist möglich. Dieser Satz könnte in dieser Woche im Turnen über allem stehen. Der historische WM-Erfolg der deutschen Frauen ist nicht nur Gesprächsthema Nummer eins im VfL Kirchheim. Er steht bei den Turnerinnen aus der Teckstadt sinnbildlich für die bevorstehende Aufholjagd im Kampf um den Zweitliga-Klassenerhalt, die am Samstag ab 12 Uhr mit dem zweiten Saisonwettkampf in Heidenheim beginnen soll.

Alles ist möglich, das war wohl schon immer auch der Leitsatz in der Karriere von Oksana Chusovitina. Eine Laufbahn, so außergewöhnlich, dass die Fachwelt die inzwischen 42-jährige Deutsch-Usbekin, die bei sieben Olympischen Spielen dabei war, schlichtweg als biologisches Wunder betitelt. Wie wenig ihr Leistungsvermögen ihrem Ruf als „Turn-Oma“ gerecht wird, hat sie in diesem Jahr gezeigt: Nach ihrem Weltcupsieg im März in Baku wurde sie bei der WM in Montreal vergangenen Samstag im Sprungfinale Fünfte - 26 Jahre nach WM-Silber an ihrem Spezialgerät. Anfang der Woche hat sie der Weltverband FIG zur Athletensprecherin gewählt.

Von Montreal nach Kirchheim

Morgen Abend wird Chusovitina in Kirchheim erstmals zur Mannschaft stoßen bevor sich alle gemeinsam am Samstag früh auf den Weg nach Heidenheim machen. Für die radikal verjüngte VfL-Riege, von der viele glauben, dass sie schon im kommenden Jahr die Reife haben wird, um sich aus eigener Kraft in der zweiten Liga zu behaupten, schlägt Chusovitina als mögliche Retterin die Brücke in die Zukunft. Maike Halbisch, Nele Rüping, Maike Brey, Noemi Rapp oder Sarah Widmann - allesamt Riesentalente, die noch längst nicht geboren waren, als ihre neue Teamkollegin 1992 in Barcelona Gold mit der Mannschaft holte.

Am Samstag muss das 1,51 Meter große Energiebündel für den VfL die Kohlen aus dem Feuer holen. In der Heidenheimer Karl-Rau-Halle geht der VfL als Tabellenletzter nach dem ersten Wettkampf ins Rennen. Um dem Abstieg zu entrinnen, müsste die Mannschaft von Trainerin Michaela Pohl zumindest die vor ihr platzierte Eintracht aus Frankfurt hinter sich lassen. Keine leichte Aufgabe aber machbar, zumal man übermorgen auch auf Rückkehrerin Joanna Varro bauen kann, die beim Saisonauftakt im Mai im bayerischen Waging noch verletzt fehlte. Die ehemalige Teamkollegin Cusovitinas beim TV Herkenrath dürfte als 20-Jährige Erfahrung und Stabilität in die junge Mannschaft bringen.

Eine Mannschaft, die an Selbstvertrauen zugelegt hat, wie ein Testwettkampf mit Bundesliga-Konkurrenz am Wochenende in Berkheim belegte. „Ich bin zufrieden“, meint Michaela Pohl. „Alle sind fit und gesund, das ist das Wichtigste.“ Mit Maike Halbisch (13) und Nele Rüping (14) werden nur zwei ihrer Schützlinge an allen vier Geräten starten. Chusovitina, die sich während der WM-Vorbereitung ganz auf den Sprung konzentriert hat, verzichtet auf den Barren. Michaela Pohl hofft, dass am Samstag Bewegung in die Tabelle kommt. „Man weiß nie, in welcher Besetzung die Konkurrenz antreten wird“, sagt sie. „Abgerechnet wird ganz zum Schluss.“

Sarah Widmann (links) und Noemi Rapp (rechts) beim Bundesliga-Heimwettkampf 2013 mit Oksana Chusovitina, die damals für Köln sta
Sarah Widmann (links) und Noemi Rapp (rechts) beim Bundesliga-Heimwettkampf 2013 mit Oksana Chusovitina, die damals für Köln startete. Die beiden Achtjährigen waren als Helferinnen im Einsatz. Am Sonntag sind sie Teamkolleginnen.Foto: privat