Lokalsport

Der „Joker“ ohne Nerven

Die Schlierbacherin Jelena Wlk und der MTV Stuttgart stehen morgen als Pokalverteidiger im Volleyball-Finale in Mannheim

Eltern, Schwester und Oma Wlk machen sich morgen von Schlierbach aus auf den Weg nach Mannheim. Ihr Ziel ist die SAP-Arena, wo Allianz MTV Stuttgart mit „ihrer“ Jelena gegen den amtierenden deutschen Meister Dresdner SC versucht, zum dritten Mal nach 2011 und 2015 den deutschen Volleyball-Pokal zu gewinnen.

Beliebt nicht nur bei den Fans in Stuttgart: Jelena Wlk hat auch beim MTV-Maskottchen einen Stein im Brett.Foto: Tom Bloch
Beliebt nicht nur bei den Fans in Stuttgart: Jelena Wlk hat auch beim MTV-Maskottchen einen Stein im Brett.Foto: Tom Bloch

Kirchheim. Jelena Wlk (22) steht für die erstklassige Nachwuchsarbeit beim MTV Stuttgart und gilt als das letzte Eigengewächs in einer mit internationalen Stars gespickten Mannschaft. Sie kam als 14-Jährige von der TSG Schlierbach ins Team der Landeshauptstadt und entwickelte sich dort rasch zu einer Spitzenspielerin. Vier deutsche Meisterschaften in den Altersklassen U 17 bis U 20 sowie je ein Vize-EM- (U 20) und Vize-WM-Titel (U 21) sind stichhaltige Belege dafür.

Doch die unentwegte körperliche Beanspruchung in jungen Jahren forderte ihren Tribut. Erst warf sie eine langwierige Rückenverletzung, dann eine Knieverletzung mit anschließender Operation weit zurück. Beides ist inzwischen ausgeheilt. Aber seit einem Sturz beim Bundesligaspiel in Suhl hat sie nun immer wieder Probleme mit dem Handgelenk.

Alles zusammen und die Aktivitäten von MTV-Manager Bernhard Lobmüller an der Transferfront haben Jelena Wlk den Stammplatz gekostet. In der Rangfolge der Außenangreiferinnen ist sie normalerweise die Nummer vier auf dieser Position. Momentan aber die dritte Kraft, weil die ungarische Nationalspielerin Renata Sandor einen Kreuzbandriss erlitten hat. Deshalb ist die Chance groß, dass sie von Trainer Guillermo Hernandez auch morgen im Pokalfinale nicht nur für einen ihrer gefürchteten Aufschläge eingewechselt wird.

„Wenn Jelena eingewechselt wird, bringt sie sofort hundert Prozent Leistung. Sie ist eine Frau ohne Nerven“, sagt Renate Riek, mit 518 Einsätzen und drei Meistertiteln als Deutschlands Rekord-Nationalspielerin eine MTV-Legende. Auch Spielführerin Kim Renkema schätzt die besondere Qualität ihrer Mitspielerin: „Sie ist unbekümmert und hat die Gabe, in den entscheidenden Momenten richtig cool zu bleiben.“

Mutter Manuela kann dem nur beipflichten: „Das ist ihre Stärke. Sie hat vor nichts Angst und will immer gewinnen. Egal ob beim Kartenspielen oder beim Volleyball. Das war schon als kleines Kind so. Wenn die Leistung nicht stimmt, ist sie stinksauer auf sich selbst.“

So gesehen ist Jelena Wlk ein idealer Joker. Aber der kann sie auf Dauer nur sein, wenn sie genug Einsatzzeiten bekommt, sonst fehlt ihr letztlich die Spielroutine. In jeder anderen Mannschaft wäre das kein Problem. Ihr Vertrag läuft mit dieser Saison aus. Der MTV hat ihr noch kein neues Angebot gemacht. Steht ein Vereinswechsel bevor? „Noch ist alles offen, was nach dieser Saison passiert. Aber ich würde schon gerne bleiben“, sagt sie. Jelena studiert in Pforzheim International Business, hat in Stuttgart viele Freunde und kann Studium und Sport derzeit perfekt verbinden. Vielleicht sammelt sie im Finale am Sonntag mit einem ähnlichen Coup wie im Vorjahr zwingende Argumente für eine Vertragsverlängerung. Damals lag der MTV gegen Aachen mit 0:2 Sätzen scheinbar aussichtslos zurück. Da wechselte sie der spanische Trainer Guillermo Hernandez für die Amerikanerin Heather Meyers ein. Ein Glücksgriff. Jelena stabilisierte die Abwehr, belebte den Angriff und drehte mit zehn Punkten die Partie. Stuttgart gewann 3:2, und die gebürtige Kirchheimerin wurde zur Spielerin des Finales gewählt.

Zum Endspiel in Mannheim werden 12 000 Zuschauer erwartet. 1 500 Fans aus Stuttgart in blauen T-Shirts sorgen lautstark für Heimspiel-Atmosphäre. Im Fernsehen überträgt Sport 1 ab 14 Uhr live, anschließend das Männer-Finale TV Bühl gegen die Berlin Volleys. Jelena Wlk ist ab 22.05 Uhr Studiogast bei SWR 3.