Lokalsport

Der Wecker hat geklingelt

Reaktion in Baunach lässt die Knights vor dem Topspiel gegen Jena hoffen

Zwei Spiele, zwei grundverschiedene Gesichter einer Mannschaft. Sechs Spieltage vor Ende der Hauptrunde in der Pro A ist der gefährlichste Gegner der Kirchheimer Basketballer der Erfolg.

Diesmal stimmte die Körpersprache: Keith Rendleman (rechts) und Johannes Joos hindern Baunachs Dino Dizdarevic am Wurf.Foto: Spo
Diesmal stimmte die Körpersprache: Keith Rendleman (rechts) und Johannes Joos hindern Baunachs Dino Dizdarevic am Wurf.Foto: Sportpress

Kirchheimer. Jeder, der in seinem Leben schon einmal Wettkampfsport betrieben hat, kennt das Problem: Wenn allzu lange alles glatt gelaufen ist, verliert der Fokus irgendwann an Schärfe. Dann fällt es schwer, jede Sekunde mit blitzhellem Geist und vollem Energiespeicher im Geschehen zu stehen. Trainer wissen: Das sind die kritischsten Phasen eines Wettkampfs oder gar einer ganzen Saison. Bis Freitag hatten Kirchheims Zweitliga-Basketballer das Parkett sechsmal zuvor als Sieger verlassen. Gegen Trier wirkte die Mannschaft fahrig, wenig entschlossen, mit der schlechteren Körpersprache. „Richtig gallig“, wie der Geschäftsführer der Knights, Christoph Schmidt, es nennt, war an diesem Abend nur der Gegner.

Es war eine Niederlage mit langem Anlauf: eine schlechte Halbzeit gegen Leverkusen, ein schwacher Auftritt die Woche zuvor in Hamburg – beides ohne Folgen. Am Freitag also der Warnschuss, der offenbar verstanden wurde. Zwei Tage später in Baunach gingen die Knights wieder mit der nötigen Konsequenz und Härte zu Werke, auch wenn die Gastgeber aus Oberfranken personell geschwächt und nach doppelter Verlängerung gegen Heidelberg sichtlich angeschlagen wirkten.

Aus Kirchheimer Sicht stimmte das Timing. „Trier war der Weckruf zur rechten Zeit“, sagt Trainer Michael Mai. Denn eigentlich beginnt die Rückrunde jetzt erst richtig. Jena, Vechta, Nürnberg – der Terminkalender der Ritter bis Ende März hat es in sich. Kirchheim mit dem schwereren Restprogramm als Verfolger Gotha, dem Konkurrenten um Platz drei, dafür mit einem Heimspiel mehr vor der Brust. Vier der verbleibenden sechs Gegner – darunter die drei Topteams – müssen den schweren Gang in die Sporthalle Stadtmitte antreten.

Alles ist möglich. Gegen Nürnberg und Vechta haben die Knights in dieser Saison immerhin noch kein Spiel verloren. Dass die am Samstag zum Topspiel anreisenden Jenaer nicht unverwundbar sind, wurde in den zurückliegenden Wochen mehrfach deutlich. Sowohl Leverkusen wie auch Nürnberg hatten den lange Zeit souveränen Tabellenführer am Rande einer Niederlage. Am vergangenen Freitag in Vechta war es dann passiert. Ob dies reicht, um den defensivstarken Thüringern zumindest vo­rübergehend Kurzatmigkeit attestieren zu können oder die Knights am Samstag deren Zorn zu spüren bekommen, ist eine Diskussion für Fan-Foren oder Stammtischrunden.

Immerhin: Dass die Knights noch auf den fünften Tabellenplatz rutschen und damit den Heimvorteil aus den Händen geben könnten, glaubt kaum mehr einer. Dass Platz drei gefährlich wackelt, hingegen nicht wenige. Gelingt den Kirchheimern am Samstag gegen Jena keine Überraschung, reicht Verfolger Gotha ein Heimsieg gegen Tabellenschlusslicht Rhöndorf, um an den Knights vorbeizuziehen. Das bessere Ende im direkten Vergleich dürfen die Thüringer für sich beanspruchen. Wie es dazu kam, ist noch immer Teil Kirchheimer Vergangenheitsbewältigung.

Doch ist Platz drei überhaupt ein erstrebenswertes Ziel? Auf diese Frage gibt es unterschiedliche Antworten, zumal die Debatte rein spekulativ ist. Als einzig sicher gilt: Hielten die Punktabstände bis zum Ende durch, träfe ein Tabellenvierter Kirchheim in der ersten Play-off-Runde auf die Towers aus Hamburg. Aus sportlicher Sicht ein Gegner, der schlagbar ist, wie man weiß. Aus organisatorischer Sicht ein Schlag ins Kontor – buchstäblich. Die Hotelübernachtung in der Hansestadt ist Teil des selbst auferlegten Kirchheimer Sparprogramms. Dass die Knights vor Wochenfrist dennoch ausgeruht dort antreten konnten, war einer konzertierten Aktion privater Sponsoren zu verdanken. An- und Abreise an einem Tag – Michael Mai will sich das lieber nicht ausmalen. „Ohne Übernachtung hätten wir in Hamburg nicht gewonnen“, ist sich der Trainer sicher. Ein Topteam ohne Geld ist wie ein Ritter ohne Burg.