Lokalsport

Eine Traditions-Abteilung bangt um ihre Existenz

Kommt das Sportvereinszentrum, verschwindet die Spielstätte der VfL-Sportkegler – „Vom Abbruch aus der Zeitung erfahren“

Unausgewogene Planung und schlechte Informationspolitik – Vorwürfe, die die VfL-Sportkegelabteilung derzeit dem Hauptverein in Person der Vorsitzenden Doris Imrich macht. Der interne Streit um das geplante Sportvereinszentrum spaltet den 4 100-Mitglieder-Verein in zwei Lager.

Sportkegeln VfL Kirchheim (auf Bild) - Ravensburg
Sportkegeln VfL Kirchheim (auf Bild) - Ravensburg

Kirchheim. Hinter den VfL-Kulissen gärt es. Die Sportkegelabteilung kämpft seit Tagen verbal gegen den Hauptverein und klar ist, warum: Kommt das geplante Sportvereinszentrum, verliert die 44 Jahre alte Abteilung wohl dauerhaft ihre Exis­tenzgrundlage. Denn fürs Kegelstüb­le mit der wettbewerbstauglichen Vier-Bahnen-Anlage ist dann ebenso kein Platz mehr wie für den Gym­nastikraum – der Vier-Millionen-Neubau an der Jesinger Allee braucht neue Parkplätze. Eine Kröte, die die VfL-Kugelsportler freiwillig nicht schlucken wollen, und für die außerordentliche Mitliederversammlung morgen kündigen sie massiven Protest an. „Grundsätzlich sind wir nicht gegen den Bau eines Vereinssportzentrums, aber gegen den Abriss der Kegelbahnen“, sagt Kegel-Sportwart Joachim Deuschle, der zusammen mit VfL-Sportkegler Peter Leitner an vorderster Front für den Erhalt der Bahnen kämpft. Ein Alternativplan mit Bahnsanierung anstatt Bagger und Abrissbirne, lautet ihre Forderung. Denn kommerziell betriebene Kegelbahnen mit all­abendlich erscheinenden Privatkegelclubs seien für jeden Sportverein eine sichere Einnahmequelle.

Leitner, Stammspieler der ersten Mannschaft, die neuerdings in der Badischen Landesliga 2 spielt, weil der Württembergische Kegler- und Bowling-Verband (WKBV) keine 200-Schub-Spiele mehr duldet, saß als stellvertretender Vorsitzender des Hauptvereins 1987 in jenem VfL-Gremium, das für umgerechnet 320 000 Euro den Bau der bestehenden Bahnanlage beschloss. 24 Jahre später sieht er seine Abteilung vom Hauptverein im Regen stehen gelassen, und das im wahrsten Sinne des Worts. Leitner spielt, weil „derzeit noch zu viele Informationsdefizite unter den VfL-Mitgliedern bestehen“, auf Zeit: Zum jetzigen Zeitpunkt eine Urabstimmung über einen solch elementaren VfL-Richtungsentscheid wie das Sportvereinszentrum vorzunehmen, käme zur völligen Unzeit, sagt er. Und fragt dieses: „Welche Bankkonditionen und Laufzeiten wurden für die Prognosen der Finanzierungslast angenommen?“ Leitner sagt, viel mehr Finanzierungsdetails außer dem geplanten WLSB-Zuschuss von 320 000 Euro kenne er nicht – genauso wenig wie ein Gros der VfL-Mitglieder. Doch die sollten nun abstimmen – trotz der vielen vorhandenen Informationslücken.

Schlechte Informationspolitik – ein Vorwurf, den Doris Imrich nicht auf sich sitzen lässt. Mit Verweis auf die seit mehr als zwei Jahren in regelmäßigen Abständen tagende „Zukunftswerkstatt“, in der sich Kommunalpolitiker, Verbandsvertreter und lokale Sportvereinsvertreter intensiv mit der Projektentwicklung beschäftigten, dementiert die VfL-Vorsitzende energisch. Die wichtigsten Funktionärsträger der VfL-Abteilungen seien über den Stand der Dinge jederzeit informiert gewesen, sagt sie. „Vom Abbruch der Kegelbahnen habe ich vor zwei Wochen aus der Zeitung erfahren“, kontert Leitner und erntet erneuten Widerspruch: „Es kann gut sein, dass die Sportkegelabteilung ein internes Kommunikationsproblem hat. Deshalb sind die Informationen wohl nicht durchgedrungen“, sagt Imrich.

Die Fronten sind verhärtet – eine 50 Mitglieder starke Abteilung kämpft gegen die Führung des größten Sportvereins der Region, der als Projekt-Befürworter neben dem WLSB auch noch die frisch wiedergewählte Kirchheimer Oberbürgermeisterin mit im Boot weiß. Es ist das Duell David gegen Goliath – ein ungleicher Kampf. Vor dem mit Spannung erwarteten Mitgliedervotum muss die Versammlungsleitung allerdings noch drei Anträge abarbeiten lassen – alle drei zugestellt von der Sportkegelabteilung. „Wir wollen genaue Zahlen, auch darüber, wie hoch das angebliche Zuschussgeschäft unserer Bahnen ist“, sagt Deuschle. Die Anfragen vor dem ersten (wichtigsten) Tagesordnungspunkt wird Doris Imrich zulassen: Im Interessensstreit will sie, allen verbalen Härten zum Trotz, ein faires Prozedere.