Lokalsport

Heile, heile Gänschen

Handball-Landesliga: Beim VfL wird alles gut, wenn die Zeit endlich Wunden heilt

Vier Spiele, drei Niederlagen, das Tabellenende ist nahe. Bei Kirchheims Landesliga-Handballern heißt die Devise: durchhalten bis personell bessere Zeiten kommen. Heute Abend kommt erst einmal der Tabellendritte HSG Ostfildern.

Nur nicht nervös werden: VfL-Coach Engelbert Eisenbeil fehlt es zunehmend an Personal. Foto: Daniel  Kopatsch
Nur nicht nervös werden: VfL-Coach Engelbert Eisenbeil fehlt es zunehmend an Personal. Foto: Daniel Kopatsch

Kirchheim. Zeit ist relativ. Um dies zu wissen, braucht man weder Physiker noch Philosoph zu sein. Sportler zu sein, reicht auch. Vier Wochen sind eine relativ kurze Zeit, um in der Tabelle von fast ganz vorne nach fast ganz hinten abzuschmieren. Vier Wochen erscheinen relativ lange, wenn man flehentlich darauf warten muss, dass dringend benötigte Verstärkung eintrifft. Vier Spieltage sind in der Handball-Landesliga gespielt. Noch ist nichts passiert, was irreparable Schäden nach sich ziehen könnte. Und doch war die Stimmung beim Tabellenvorletzten VfL Kirchheim schon mal besser. Nach dem überraschend mühelosen Auftaktsieg gegen die als Titelfavorit gestartete HSG Fridingen/Mühlheim ist man der Wahrheit ein Stückchen näher. Drei Niederlagen in Folge, ohne wirklich schlecht gespielt zu haben. Wer mit leeren Händen dasteht und dabei niemand einen Vorwurf machen kann, der lernt: Es reicht nicht.

Dem VfL Landesliga-Niveau abzusprechen, wäre falsch. Was derzeit fehlt, sind die Alternativen. Mit Roman Keller und dem am Knie verletzten Matthias Mikolaj müssen die Kirchheimer vermutlich bis zur Rückrunde und damit länger als geplant auf zwei zentrale Figuren verzichten. Bei Nachwuchskraft Micha Reinold, der gerade in Fahrt zu kommen schien, haben sich die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Einer unglücklichen Aktion im Heimspiel gegen die HSG Böblingen/Sindelfingen vor zwei Wochen folgte die Diagnose Kreuzbandriss. Im Dezember wird operiert. Die Saison dürfte für ihn damit gelaufen sein.

Gut immerhin, dass die wenigen Leistungsträger mit heilen Knochen auch spielerisch gut drauf sind. Fabian Smetak gilt derzeit in der Mannschaft als unverzichtbar. Das weiß er auch und pendelt deshalb zwischen Trainingshalle und seinem Wohn- und Studienort Reutlingen wochentags hin und her. Einen weiteren Weg hat Lukas Lehmann. Er studiert seit Semesterbeginn in Dortmund und war deshalb für die Saison bereits abgeschrieben. Im jüngsten Heimspiel stand der Rückraumspieler dann doch auf der Matte. „Er ist bereit, zu spielen, wenn er am Wochenende mal zu Hause ist“, sagt Trainer Engelbert Eisenbeil. Wie oft das sein wird und wie ihm das fehlende Training bekommt, sind Fragen, die zurzeit keiner beantworten kann. Mehr als Ja zu sagen, bleibt dem Trainer nicht.

„Alles außer Handball“, umschreibt Roman Keller sein momentanes Sportprogramm. Sein für Oktober erwartetes Comeback nach einem Ermüdungsbruch im Mittelfuß ist verschoben. Der neutrale Blick aus großer Distanz gehört beim Luft- und Raumfahrtingenieur sozusagen zum beruflichen Profil. Mit Blick auf seinen VfL meint er: „Wir werden trotz allem mit dem Abstieg nichts zu tun haben.“ Davon ist auch VfL-Abteilungsleiter Uwe Hamann überzeugt, der seine eigene Rechnung offenlegt: Mit Kampfbereitschaft den einen oder anderen Sieg bis Weihnachten holen und in der Rückrunde durchstarten.

Vielleicht auch schon früher. Denn Besserung ist bereits vor dem Jahreswechsel in Sicht. Am 20. November endet die zweimonatige Sperre für Marco Castello. Der Neuzugang, der erst kurz vor Saisonbeginn vom HC Wernau nach Kirchheim wechselte, wäre drei Tage nach Ablauf seiner Wechselsperre ein Kandidat im Auswärtsspiel gegen den TV Aixheim. Mit dem Rückraum-Hünen würden die Möglichkeiten im Spiel des VfL zahlreicher: „Marco kann so gut wie jede Position spielen“, sagt Eisenbeil, der am vergangenen Wochenende in Neuhausen kein schlech­tes Spiel seiner Mannschaft sah, jedoch 60 Minuten lang aufs gleiche Rückraumpersonal setzen musste. Die Folge: Mehr als 20 Fehlwürfe in der zweiten Hälfte und Saisonniederlage Nummer drei.

Heute Abend (20 Uhr) gegen den Tabellendritten aus Ostfildern könnte Martin Schorr mit auf der Bank sitzen. Der Ex-Weilheimer, der schon im September ein Probetraining in Kirchheim absolvierte, stand bei den Limburgstädtern zuletzt in der zweiten Mannschaft. Schorr ist zwar kein Mann, der den VfL über Nacht in den siebten Himmel schießt, doch er hat einen entscheidenden Vorteil: Er ist Linkshänder. Im rechten Rückraum bieten sich Eisenbeil damit mehr taktische Varianten, wesentlich einfacher wird die Aufgabe heute Abend dadurch allerdings nicht. Gegner HSG Ostfildern steht nach drei Siegen auf Tabellenplatz drei. Mit einem Durchschnittsalter von 21 Jahren setzt Eisenbeils Heimatklub ähnlich stark auf den Nachwuchs wie der VfL. Mit einem Unterschied: Einen Mann wie Lukas Grundler, der im Spiel der HSG die Fäden zieht, haben die Kirchheimer derzeit nicht.

Dafür hat Kirchheims Coach einen klaren Wissensvorsprung. Die meisten Spieler seines Kumpels Michael Schwöbel hat Eisenbeil in der Jugend trainiert. Er sagt: „Ganz klar, wir müssen gewinnen.“ Falls nicht, droht theoretisch sogar die rote Laterne, auch wenn Schlusslicht Aixheim heute Abend den Tabellenführer aus dem Schönbuch empfängt. „Wir haben gewusst, dass es das Auftaktprogramm in sich hat“, versucht Eisenbeil die Gemüter zu beruhigen. „Die Saison ist noch lang.“ Dass seine Jungs vorzeitig Nerven zeigen könnten, glaubt der Trainer nicht: „Die Mannschaft ist so gefestigt“, sagt er. „Die kommt aus eigener Kraft da raus.“