Lokalsport

Ignjatovic verlässt Knights

Kirchheimer Erfolgstrainer sucht nach sechs Jahren neue Herausforderung

Für Kirchheims Basketballer endet eine Ära: Frenkie Ignjatovic ist nicht mehr Trainer der Knights. Der Headcoach hat am Sonntag überraschend um die Auflösung seines bis 2015 laufenden Vertrages gebeten. Nach sechs Trainerjahren in Kirchheim gilt der 47-Jährige als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Tony Garbelotto beim USC Heidelberg.

Kirchheim Knights - HeidelbergTrainer Frenkie Ignjatovic
Kirchheim Knights - HeidelbergTrainer Frenkie Ignjatovic

Kirchheim. Daran wird sich manch einer erst noch gewöhnen müssen: Wenn am 27. September für die Knights die neue Saison beginnt, wird zum ersten Mal in der Pro A nicht Frenkie Ignjatovic an der Seitenlinie stehen. Knights-Geschäftsführer Siegfried Meissner war der Erste, der am Sonntagnachmittag von der Neuigkeit erfuhr. Meissner saß am Seeufer in Konstanz bei einer Tasse Kaffee, als das Handy klingelte und ihn der Trainer mit überraschenden Fakten konfrontierte. Seine Reaktion: „Ich war sprachlos.“ Erst am Montag habe man noch einmal in Ruhe miteinander telefoniert. Die Knights haben dem Wunsch des Trainers inzwischen entsprochen und dessen Vertrag mit sofortiger Wirkung aufgelöst. „Nach all dem, was wir ihm zu verdanken haben, war klar, dass wir ihm keine Knüppel zwischen die Beine werfen werden“, sagt Meissner.

Dass Ignjatovics Uhr in Kirchheim ablaufen würde, hatte sich schon länger angedeutet. Die Frage war nur, wann. Die meisten hatten wohl damit gerechnet, dass sich mit Ende der Vertragsfrist im Frühjahr 2015 die Wege trennen würden. Ignjatovic selbst sagt: „Es gab Zeiten, da hatte ich Bock bis zur Rente in Kirchheim zu arbeiten.“ Nur: Die sportliche Perspektive sollte stimmen. Das war in den vergangenen Wochen offensichtlich nicht mehr der Fall. Die anhaltende Ungewissheit über finanzielle Möglichkeiten in der kommenden Saison haben die Zweifel daran gestärkt, in Kirchheim noch etwas bewegen zu können. Zweifel, die ausgerechnet im Moment des größten Erfolgs zum ersten Mal aufkamen: Nach dem Finaleinzug 2012 endete die folgende Saison auf einem Abstiegsplatz. „Nach der Vizemeisterschaft lief vieles nicht mehr wie es sollte“, meint Ignjatovic, der nach einer sportlich soliden Saison die Zeit nun für gekommen hält, dass beide Seiten neue Wege gehen.

Vieles deutet darauf hin, dass ihn dieser Weg ein gutes Stück näher an seinen Wohnort Ober-Ramstadt führen wird. Ignjatovic, der während seiner sechs Jahre als Berufspendler in Kirchheim nicht selten ein Wochenpensum von 2 000 Kilometer auf der Autobahn abspulte, ist aussichtsreichster Kandidat für den Trainerposten beim Liga-Konkurrenten in Heidelberg. Nur 60 Kilometer von seinem Wohnort entfernt, würden ihn am Olympia-Stützpunkt ganz andere Bedingungen als in Kirchheim erwarten. USC-Manager Matthias Lautenschläger wollte die Personalie gestern noch nicht bestätigen. Das könnte sich aber bereits heute ändern: „Wir werden uns noch in dieser Woche dazu äußern. Bis dahin bitte ich um Geduld“, sagt er.

Mit Verständnis, wenngleich überrascht reagierte Knights-Gesellschafter Stefan Schmauder auf den Abschied des Trainers. „Ich weiß, dass ihm die letzten beiden Jahre extrem an die Nieren gegangen sind“, sagt Schmauder, der auch privaten Kontakt zu Ignjatovic pflegte. „Dazu kam die ganze Fahrerei, unter der auch das Familienleben litt.“ Wie Schmauder dürfte es wohl vielen Basketball-Anhängern in Kirchheim gehen: „Über die Jahre ist eine Freundschaft entstanden, die weiter bestehen wird.“

Zeitenwende

Frenkie Ignjatovic hat eine Entscheidung getroffen. Für seine sportliche Karriere als Trainer, für seine Familie und damit gegen Kirchheim. Wer ihn kennt und ihn genauer beobachten konnte in den vergangenen Monaten, für den kommt dieser Schritt nicht überraschend. Nachdenklich, erkennbar frustriert, so hatte man den 47-jährigen aus Ober-Ramstadt während seiner sechsjährigen Arbeit in Kirchheim zuvor nur selten erlebt. Der Mangel an Gestaltungsmöglichkeiten und die fehlende Hoffnung, dass sich daran in naher Zukunft etwas ändern könnte, waren die entscheidenden Gründe dafür. Wohl aber auch die schlichte Erkenntnis, dass die andere Seite des ehrgeizigen Basketball-Fanatikers dem ganz großen persönlichen Erfolg bisher im Wege stand. Dort erlebte man den Menschen Ignjatovic, dem Loyalität, Verlässlichkeit und gegenseitiges Vertrauen wichtiger waren, als der persönliche Triumph.

Mit dem Einzug ins Endspiel um die Meisterschaft in der Pro A hat Ignjatovic vor zwei Jahren die Basketball-Welt in Kirchheim für einen Moment aus den Angeln gehoben. Kein Produkt des Zufalls, sondern der Höhepunkt einer beispiellosen Erfolgsgeschichte, die mit dem Aufstieg in Deutschlands zweithöchste Spielklasse 2008 ihren Anfang nahm. Dass er auf dem Gipfel seiner bisherigen Trainerkarriere den Kirchheimern nicht schon damals Lebewohl sagte, ließe sich heute als seinen größten Fehler bezeichnen.

Egal, wer nun in seine Fußstapfen tritt, der neue Trainer steht für eine Zeitenwende. Die Ziele werden andere sein. Der Kreis der Mannschaften, mit denen sich die Kirchheimer in der Pro A auf Augenhöhe begegnen, schrumpft von Jahr zu Jahr. Gleichzeitig gilt als sicher, dass sich die Anforderungen der Liga schon in den kommenden zwei Jahren dramatisch verschärfen werden. Der Zwang zur Professionalisierung bürdet den Vereinen immer neue Investitionen in Verwaltung, Nachwuchsarbeit und Infrastruktur auf. Der Status quo, das wissen auch die Verantwortlichen in Kirchheim, wird auf Dauer zu wenig sein. Ihn überhaupt zu erhalten, ist zur Stunde schwierig genug. Das Kirchheimer Modell droht an seine Grenzen zu stoßen. Auf die Knights wartet ein ganzer Berg von Aufgaben. Die Suche nach einem Trainer ist vermutlich die leichteste davon.

BERND KÖBLE