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„Macht den Sieger-Rucksack schon mal klar“INTERVIEW • Fumic

„Macht den Sieger-Rucksack schon mal klar“

23 Jahre lang haben die deutschen Mountainbiker auf WM-Edelmetall in der Männer-Elite warten müssen. Am Samstag war es so weit. Wir haben beim Silbermedaillengewinner nachgefragt und unter anderem erfahren, was der beim Frühstück vor dem Rennen zu seinen Betreuern gesagt hat.

Manuel, Glückwunsch zu WM-Silber. Nach dem zehnten Platz von Mont Sainte Anne hatten damit die wenigsten gerechnet.

Fumic: Andorra und Mont Sainte Anne sind etwas zu früh gekommen. Als ich aus dem Krankenhaus raus kam, da haben Daniel (Cannondale Team-Manager) und ich ausgerechnet, dass ich zu Mont Sainte Anne vielleicht, zur WM aber auf jeden Fall in Topform kommen kann.

In der ersten Runde sah es so aus, als ob die Felle schon davonschwimmen würden. Du standest im Rock Garden auf einmal außerhalb der Strecke und hast mühsam versucht, dein Bike wieder über die Absperrung zu heben.

Fumic: Fabian Giger war vor mir und hat plötzlich eine Linie genommen, mit der ich nicht gerechnet habe. Ich dachte er stürzt und wollte ausweichen. Da bin ich an einem Pfosten hängen geblieben. Aber ganz ehrlich: Ich war so cool wie nie. Ich dachte, alles klar, ich bin nicht hingeflogen. Jetzt nehme ich mein Radl und fahr weiter. Ich habe meinen Plan und fahre wieder nach vorne.

Das klingt ganz einfach.

Fumic: Das macht mich an der Medaille am meisten stolz, dass ich so fokussiert war und mich nicht habe aufhalten lassen. Ich hatte meinen Plan, eine Medaille zu holen, und an dem habe ich festgehalten.

Wie war das, als du zu José Hermida aufschließen konntest?

Fumic: Ich habe gemerkt, dass er Probleme hat, und ich habe mich gut gefühlt. Die letzte Runde war dann Kopfsache. Er hat Druck gemacht, aber das half auch mir selber Druck zu machen und nicht nachzulassen. Ich habe nicht zurückgeschaut, um keine Schwäche zu offenbaren. Sicher sind wir alle V-Max gefahren.

Hast du irgendwann auch an den Titel gedacht?

Fumic: Ja. Ich habe nicht locker gelassen und gesehen, dass der Abstand immer gleich ist. Ich bin aus dem Sattel und habe alles versucht, aber Nino hat dagegen gehalten. In der letzten Runde im Rock Garden hat mir jemand zugerufen, dass er gestürzt wäre, aber ganz ehrlich: Da hätte er schon richtig fliegen müssen, damit das noch gereicht hätte. Die Körner, die ich durch die Geschichte aus der ersten Runde verprasst habe, die fehlten mir halt.

Du hast in Mont Sainte Anne noch beschrieben, dass dir die hohen Drehzahlen noch fehlen, dass du nicht in den roten Bereich gehen kannst. Konntest du das heute?

Fumic: Ja. Diese Woche hat sich das entwickelt. Am Mittwochvormittag, an meinem Haupttrainingstag, da habe ich mich langsam herangetastet und auf einmal, als ob man einen Schalter umlegt, konnte ich wieder in den roten Bereich reingehen. Ich habe das dann an den Pulswerten gesehen.

Das war am Morgen vor dem Staffel-Rennen.

Fumic: Ja. Die Bronzemedaille mit dem Team, die hat einen zusätzlichen Motivationsschub gegeben. Überhaupt war die ganze Woche hier perfekt. Ein super Support von meinem Cannondale-Team und auch vom BDR. Das ist für mich ein Erfolgsfaktor, wenn mental alles gut läuft, wenn die Atmosphäre stimmt, dann kann ich auch Leistung abrufen.

Vor dem Abflug warst du noch ziemlich unsicher darüber, wozu du in der Lage bist.

Fumic: Ja, das stimmt. Aber heute morgen, als ich aufgestanden bin, da habe ich wirklich an mich geglaubt. Ich habe den Jungs beim Frühstück gesagt: Macht den Sieger-Rucksack schon mal klar, ich fahre heute aufs Podium.

In zwei Wochen findet in Norwegen das Weltcup-Finale statt. Was ist da drin?

Fumic: (Lacht) Ich habe zwei Medaillen und kann mit einem positiven Schub nach Norwegen fliegen. Dort kann ich alles raushauen. Ich will schon noch mal ein versöhnliches Weltcup-Ergebnis fahren, wäre super wenn es klappen würde. So wie du in zwei Wochen deine Form hochziehen kannst, kann sie in zwei Wochen aber auch verloren gehen.