Lokalsport

Märchen ohne Happy end

Knights trauern dem verpassten Titel nach – Ärger um Besnik Bekteshi

Es ist nur ein Spiel, doch auch das kann grausam sein: 41 Sekunden trennten die Korbjäger aus Kirchheim von der Sensation. Gemessen an dem, was hinter der Mannschaft lag, ein Wimpernschlag. Dass nach dem verlorenen Play-off-Finale am Sonntag in Weißenfels eine unglaubliche Saison für einen Moment in Vergessenheit geriet, hatte mehrere Gründe.

Basketball 2. Bundesliga Pro A Kirchheim Knights - Mitteldeutscher BC
Basketball 2. Bundesliga Pro A Kirchheim Knights - Mitteldeutscher BC

Kirchheim. Das Ende passte nicht zum Film: Wortlos, erschöpft und mit hängenden Köpfen schlichen die Helden im Schutz der Dunkelheit aus dem Bus. Montag früh um drei Uhr endete das Kirchheimer Basketball-Märchen auf einem unbeleuchteten Parkplatz mitten in der Stadt. Danach trennten sich abrupt die Wege. Manche für wenige Wochen, andere wohl für immer. „Wir werden diese Mannschaft in dieser Zusammensetzung in Kirchheim vermutlich nicht wieder sehen“, gibt sich Knights-Coach Frenkie Ignjatovic keinen Illusionen hin. Ahmad Smith und Devin Uskoski, die beiden überragenden Spieler einer überragenden Saison werden die kommenden Tage damit verbringen, Freunde in Deutschland zu besuchen. Danach geht das Flugzeug in die Heimat. Was danach kommt, weiß niemand. Ignjatovic ist keiner, dem man einen ausgeprägten Hang zum Sentimentalen nachsagen könnte, doch diesmal gesteht er: „In der Kabine flossen gestern einige Tränen.“

Auf der langen und quälenden Rückfahrt nach der Niederlage hat er jeden seiner Jungs einzeln verabschiedet. Jetzt heißt es erst einmal, ein paar Nächte darüber zu schlafen, das Zurückliegende zu verarbeiten und die Dinge in neutralem Licht zu betrachten. Gestern fühlte er sich dazu noch nicht in der Lage: „Die Enttäuschung ist riesig, alles andere wäre gelogen“, sagt Frenkie Ignjatovic. Dass er und seine Mannschaft den großen Favoriten MBC ins Stolpern bringen könnten, hatte vor dem Sieg in Kirchheim niemand ernsthaft geglaubt. Spätestens mit Beginn der zweiten Hälfte in der Weißenfelser Stadthalle schien die Sache am Sonntag endgültig gelaufen. 13 Zähler Rückstand, das Sechs-Punkte-Polster aus dem Hinspiel längst aufgebraucht. Doch die Hoffnung kehrte zurück – bei Mannschaft und Fans in der Halle wie auch bei den 300 Kirchheimern, die den letzten Akt des Dramas auf der Leinwand im Stadtkino verfolgten. Die Knights gingen erneut in Führung und schafften es dennoch nicht, die restlichen Minuten über die Zeit zu spielen. Louis Hinnants Treffer aus der Halbdistanz zum 80:73 und der darauf verworfene Dreier von Cedric Brooks 20 Sekunden vor Schluss zerstörten den Traum vom bereits sicher geglaubten Titel.

Dass sich einer der drei Unparteiischen bei Kirchheims Trainer für ein überhartes Urteil hinterher quasi entschuldigte, war nur noch eine Randnotiz. Das unsportliche Foul gegen Knights-Spielmacher Ahmad Smith – sein insgesamt fünftes in diesem Spiel – war eine von mehreren umstrittenen Schiedsrichterentscheidung in der Schlussphase. Trotzdem trugen nicht die Schiedsrichter Schuld daran, dass die Foulbelastung aus Kirchheimer Sicht zum Problem wurde. sondern eine Personalie, die bereits vor Spielbeginn Stoff für hitzige Diskussionen lieferte: Besnik Bekteshi, der zeitgleich mit der Ludwigsburger Basketball-Akademie im Viertelfinale der NBBL in Ehingen ausschied, fehlte nicht zum ersten Mal aus diesem Grund. Doch diesmal erwies sich sein Fehlen als fatal.

Mit Brandon Griffin, Devin Uskoski und Ahmad Smith standen im Schlussabschnit gleich drei Kirchheimer auf dem Spielfeld, die mit vier Fouls vorbelastet waren. Als Entlastung für Smith, der in Weißenfels obendrein nicht seinen besten Tag erwischte, wäre Bekteshi als defensivstarker Guard Gold wert gewesen. „Wir haben den Titel der Kooperation geopfert“, wählte Frenkie Ignjatovic gestern deutliche Worte, die erahnen lassen: Im Machtkampf zwischen den Verantwortlichen in Ludwigsburg und Kirchheim wird es in den kommenden Tagen wohl noch Gesprächsbedarf geben. Ignjatovic, der nach eigenen Worten erst am Freitagabend über die Entscheidung informiert wurde, reagierte gereizt: „Ich muss das als Trainer akzeptieren, verstehen muss ich es nicht.“

Die Krux an der Sache: Das Vorzugsrecht am Kirchheimer U20-Nationalspieler war nur für die Spiele der Hauptrunde vertraglich fixiert. Eine entsprechende Vereinbarung für die Play-offs zu treffen, hatte man vor Saisonbeginn schlicht versäumt. Wohl weil das Ziel noch in weiter Ferne lag und wohl auch deshalb, weil niemand ahnte, welch‘ tragende Rolle der 19-Jährige im Laufe der Saison spielen würde. „Im Nachhinein muss man sagen, er hätte das Finale retten können“, gesteht auch Knights-Sportchef Michael Schmauder ein, der mit Ludwigsburgs Teammanager Mario Probst verhandelte. Kommende Woche laufen Gespräche über die weitere Zukunft der Kooperation. „Da werden wir auch dieses Thema nochmals in aller Ruhe aufarbeiten müssen“, sagt Schmauder.