Lokalsport

„Nach hinten noch nicht durch“

Erleichterung und verhaltener Optimismus bei den Knights nach dem achten Saisonsieg

Mehr als nur zwei Punkte: Der hart erkämpfte Sieg der Kirchheimer Zweitliga-Basketballer am Samstag gegen Baunach war der kräftige Schluck aus der Pulle, den jede Mannschaft nach langer Durststrecke braucht.

Basketball-Pro A: Kirchheim Knights - BaunachJannik Lodders
Basketball-Pro A: Kirchheim Knights - BaunachJannik Lodders

Kirchheim. Im Basketball passieren die verrücktesten Dinge. Daran mag sich Radi Tomasevic am Samstag wohl erinnert haben. Im BBL-Spiel gegen Bayreuth versenkte der Hagener Niklas Geske einen Dreier aus nicht weniger als 18 Metern – die Entscheidung in der letzten Spielsekunde. Das Original der Kopie liegt im Schließfach der Knights für besonders wertvolle Schmankerln. Am 28. März 2010 war Kirchheims Kapitän das gleiche Kunststück gelungen. Ebenfalls mit einem absurden Verzweiflungswurf und ebenfalls gegen Bayreuther, die auf ihrem Weg zum souveränen Meistertitel damals gleich zweimal von den Kirchheimern gedemütigt wurden.

Vielleicht hat dies Tomasevic seinem Guard-Kollegen Bryan Smithson am Samstag gesteckt. Vielleicht ist Smithson aber auch ganz einfach ein ausgebuffter Profi, der weiß, was zu tun ist, wenn die Uhr noch zwei Sekunden Restspielzeit anzeigt. Dass Kirchheims Spielmacher nach gelungener Führung seinen zweiten Freiwurf gezielt neben den Korb setzte, um seiner Mannschaft die Chance auf den finalen Rebound zu wahren, kam beim Gegner schlecht an. Die kurzzeitigen Tumulte nach Spielende waren das einzig Unschöne am Ende eines durch und durch schönen Basketball-Abends für Kirchheims Fans.

Dass Smithson per Korbleger und anschließendem Freiwurf das Spiel entschied, hatte Symbolcharakter, denn der kleine Amerikaner hatte bis zu diesem Zeitpunkt keineswegs überzeugt. „Heute hat jeder gekämpft bis zum Umfallen und sich in den Dienst der Mannschaft gestellt“, meinte Knights-Coach Michael Mai. Der ansonsten so kühl wirkende Trainer war sichtlich aufgewühlt, genehmigte sich im Abklingbecken beim Italiener zu später Stunde ausnahmsweise ein zweites Glas Wein.

Der Unterschied gegen clever auftretende Gäste an diesem Abend: Jeder in der Kirchheimer Mannschaft glaubte auch dann noch an den Erfolg, als einiges dagegen sprach. So währte die Erleichterung über die Rückkehr von Center Enosch Wolf nach seiner Knieverletzung nicht lange. Der 2,15-Meter-Riese stand in der Startformation und zeigte sofort, warum es ohne ihn in den vergangenen Wochen schlecht lief. Wolf war ständig anspielbar, strahlte die lange vermisste Gefahr unterm Korb aus und agierte trotzdem in vielen Situationen unglücklich. Drei schnelle Fouls, darunter ein technisches, setzten dem Comeback ein vorzeitiges Ende. Dafür nahmen zwei andere den Faden auf: Ben Beran und Jannik Lodders verkörperten den unbändigen Siegeswillen der Kirchheimer. Während Beran mit einer Dreier-Quote von 71 Prozent bei sieben Versuchen die spielentscheidenden Punkte machte, entwickelte sich Lodders vor allem in der Schlussphase zum Schreckgespenst der gegnerischen Offensive. Mit elf Rebounds und zehn Punkten verbuchte der 22-Jährige sein erstes Double-Double. Und auch Radi Tomasevic dürfte zufrieden vom Parkett gegangen sein – nicht nur wegen seiner 18 Punkte. Als das Spiel Spitz auf Knopf stand luchste er seinem international erfahrenen Kontrahenten Steffen Hamann gleich zweimal spektakulär den Ball ab.

„Dieser Sieg war wichtig, aber es gibt keinen Grund, uns in Sicherheit zu wiegen“, sagt Knights-Sportchef Karl Lenger, der noch immer nicht weiß, wann die Mannschaft in Sollstärke wird antreten können. Julian Sensley kehrt erst morgen aus Hawaii zurück, wo er an der Beerdigung seines Stiefvaters teilgenommen hat. Weiterhin Sorge bereitet die Verletzung von Jordan Wild. Der Forward laboriert weiter an einer Entzündung im Mittelfuß. Die gleiche Verletzung, die Bryan Smithson im Vorjahr zu einer fünfwöchigen Spielpause zwang. „Wir hoffen, dass Jordan diese Woche wieder langsam ins Training einsteigen kann,“ sagt Lenger vor dem nächsten schweren Heimspiel am Samstag gegen Vechta. Acht Siege im Januar sind eine solide Basis. Trotzdem warnt Lenger: „Nach hinten sind wir noch lange nicht durch.“

„Ich bin der für die Nebenrolle“

Jannik, Gratulation zu Ihrer Leistung am Samstag und zum Double-Double. Ihr erstes in Ihrer bisherigen Karriere?

Lodders: Ja, wenn ich mich recht erinnere, ist mir das im gesamten Aktivenbereich bisher noch nie gelungen. Da freut man sich natürlich.

Gab es ein Sonderlob vom Trainer?

Lodders: Ja, schon aber das ist für mich nicht das Wichtigste. Ich möchte mich da nicht hervor-heben. Ben und Bryan haben am Samstag mindestens so viel zu diesem wichtigen Sieg beigetragen. Die ganze Mannschaft hat unglaublich gekämpft und Moral bewiesen.

Sie sind mit 22 Jahren der jüngste Stammspieler. Wie sehen Sie selbst ihre Rolle im Team?

Lodders: Wenn ich spiele, muss ich auch Verantwortung übernehmen. Das ist für mich klar. Ich bin meist der für die Nebenrolle. Defensivaufgaben oder Rebounds holen.

Sie wirken auf dem Spielfeld oft erstaunlich abgeklärt. Die beiden Dreier am Samstag in einer kritischen Spielphase zeugen von gutem Selbstvertrauen. Woher nehmen sie das?

Lodders: Das Wichtigste ist: Ich mache mir selbst keinen Druck. Ich weiß, was ich kann und was nicht. Momentan läuft es ganz gut. Ich versuche dabei einfach, Schritt für Schritt besser zu werden.

Würden Sie sagen, Sie haben von der schwierigen Personallage in den vergangenen Wochen profitiert?

Lodders: Eine Situation mit vielen Verletzten und immer wieder Erkrankungen wie wir sie in den vergangenen Wochen hatten, wünscht man sich natürlich nicht. Aber klar, für mich war das schon eine Chance, das muss man so sehen. Wenn Enosch und Jordan verletzt sind, muss ich als Ersatz-Vierer eben eine Schippe drauflegen.

Was nehmen Sie vom Samstag mit ins bevorstehende Heimspiel gegen Vechta?

Lodders: Für uns alle war es enorm wichtig, dass wir in dieses zweite Heimspiel mit ordentlich Rückenwind gehen. Das Spiel gegen Vechta wird vermutlich noch schwerer. Nachdem Richie Williams dort zurück ist, erst recht.

Es gibt viele Fans in Kirchheim, die würden sich freuen, Sie auch nächstes Jahr hier spielen zu sehen.

Lodders: Darüber mache ich mir zurzeit noch keine Gedanken. Ich will diese Saison erfolgreich zu Ende bringen und mich dann weiter um mein Studium in Hannover kümmern. Ich habe ein Urlaubssemester eingelegt, um mich ganz auf Basketball und auf Kirchheim konzentrieren zu können.

Wirtschaftswissenschaften lassen sich auch im Schwabenland erfolgreich studieren.

Lodders: Das stimmt. Im Frühjahr wird man sehen, was passiert. Ich lasse mir alle Wege offen.bk