Lokalsport

Reif für die Couch

Bei den Knights liegen die Nerven blank

Kopflos, planlos, glücklos – 20 Minuten genügten den Knights am Samstag gegen Ehingen, um gerade gewonnenen Kredit wieder zu verspielen. Eine ganze Mannschaft, so scheint es, ist reif für die Couch.

Kirchheim Knights - Bayer Giants LeverkusenTrainer Frenkie Ignjatovic
Kirchheim Knights - Bayer Giants LeverkusenTrainer Frenkie Ignjatovic

Kirchheim. Man hätte das Unheil schon früh erahnen können, denn eigentlich war alles wie immer: Die Anzeigetafel in der Sporthalle Stadtmitte spielte pünktlich zum Tipp-off verrückt, die Knights legten los als gäbe es kein Morgen mehr und der Gegner war ein Viertel lang beeindruckt. Weil ein Basketballspiel jedoch netto 40 Minuten dauert und ein Steinwurf zurzeit genügt, um die Festung Kirchheim erzittern zu lassen, haben die Ritter am Samstag im elften Heimspiel ihre sechste Niederlage kassiert. Und da der Gegner diesmal nicht Göttingen oder Crailsheim, sondern Ehingen hieß, fiel die Suche nach Erklärungen besonders schwer, und Gästecoach Ralph Junge durfte hinterher von einem „sensationellen Sieg“ seiner Mannschaft berichten.

Um kein falsches Bild zu zeichnen: Ehingen ist inzwischen Fünfter, Kirchheim Tabellenneunter. Gegen das Team der Urspringschule kann man verlieren. Die Frage ist nur, wie. Worüber in der Halbzeitpause am Samstagabend in der Kirchheimer Kabine geredet wurde, blieb für viele Beobachter das ungelöste Rätsel des Abends. Zu diesem Zeitpunkt führte die Heimmannschaft mit 37:30, und selbst Neuzugang Tavares Speaks, der ganze vier Trainingseinheiten mit der Mannschaft hinter sich hatte, durfte sich ein paar Mal schön in Szene setzen. „Wir wollten weiter aggressiv zu Werke gehen und Ehingen nicht ins Spiel kommen lassen“, bestätigt Frenkie Ignjatovic das, was nahe liegt. Das Gegenteil trat ein, und Kirchheims Coach wirkt in solchen Phasen zunehmend rat- und hilflos.

Warum seine Mannschaft die nackte Panik packt, wenn sie in eigener Halle in Bedrängnis gerät, darauf weiß auch der Trainer derzeit keine Antwort. Haarsträubende individuelle Fehler, unerklärliche Ballverluste, unsinnige Offensivaktionen. Tabellenplatz neun ist immer noch ein Resultat, mit dem man unter der Teck leben kann. Besser ausgedrückt: leben können muss, denn selbst Teams vom finanziell unteren Rand der Mittelschicht, zu dem man sich in Kirchheim gerne zählt, haben inzwischen mehr spielerische Qualität zu bieten.

Das gravierendste Problem lässt sich spätestens seit Samstag nicht mehr wegdiskutieren: Unterm Korb herrscht Flaute. Zwischen 2,16-Meter-Riese Björn Schoo und seinem Gegenüber Taylor Rohde war am Samstag ein Klassenunterschied erkennbar. Weil auch Ben Beran nicht aus dem Formtief findet und Sebastian Adeberg sich nach gelungenen Spielen immer häufiger eine Auszeit nimmt, wurde die Zone zur Showbühne für den Gegner. Schoos direkter Gegenspieler Stacy Wilson genügten drei Minuten nach der Pause, um das Spiel im Alleingang zu drehen. Das Eis in Kirchheim ist jedoch auch an anderer Stelle dünn. Das hat die Verletzung von Bryan Smithson vor Weihnachten verdeutlicht. Mit dieser Erkenntnis allein ist zu erklären, weshalb Ende Januar kein schlagkräftiger Center nachverpflichtet wurde, sondern mit Speaks die Wahl auf einen Combo-Guard fiel.

In der Sporthalle Stadtmitte droht die Stimmung zu kippen. Viele reisten am Samstag vorzeitig ab. Knights-Sportchef Karl Lenger („Ich bin keiner, der sich versteckt“) mangelte es nach dem Spiel nicht an Gesprächspartnern, die Antworten erwarteten. Lenger sorgt sich, und das zu Recht. Dass die Mannschaft mit weiteren Auftritten wie gegen Crailsheim oder Ehingen demnächst die Halle leer spielen könnte. „Es gibt nichts zu beschönigen. Zu viele im Team rufen ihr Potenzial derzeit nicht ab,“ sagt er. „Es wird Zeit, dass die Mannschaft ihr wahres Gesicht wieder zeigt.“

Gelegenheit dazu besteht am Wochenende gleich zweimal. Wer dem Gesetz der Regel folgt, muss sich vor dem Heimspiel am Sonntag gegen den Vorletzten aus Magdeburg allerdings mehr fürchten, als vor dem freitäglichen Gang zu den Scharfschützen nach Jena.