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Reiter-Spielchen

Verbandsstreit Die Deutsche Reiterliche Vereinigung verliert mit Sabrina Arnold ihre beste Distanzreiterin. Der Zwist passt zum Chaos bei der abgebrochenen WM an der Südostküste der USA. Von Klaus Schlütter

Sabrina Arnold auf „Tarzibus“. Foto: Miriam Lewin
Sabrina Arnold auf „Tarzibus“. Foto: Miriam Lewin

Chaos total bei der Weltmeisterschaft der Distanzreiter in Tyron/USA. Erst wurde ein Teil der Starter auf die falsche Strecke geleitet. Nach zwei Stunden erfolgte der Neustart des Rennens, diesmal von 160 auf 120 Kilometer verkürzt. Nach drei Vierteln der Distanz dann der komplette Abbruch. Die Hitze zu groß, die Luftfeuchtigkeit zu hoch, der Regen zu heftig - wohl die Vorboten des Hurrikans Florence, der auf die Südostküste der USA zurast. Eine Entscheidung der Organisatoren zum Wohle der Pferde.

Zu den vierbeinigen Athleten bei der WM zählte auch „Tarzibus“, geritten vom französischen Lebenspartner von Sabrina Arnold. Mit dem elfjährigen Fuchswallach war die Schwäbin aus Ötlingen 2017 in Belgien mit sagenhaften 17 Minuten Vorsprung Europameisterin geworden. Die 38-Jährige zählte auch bei der WM zu den Favoriten. Doch in South Carolina begnügte sie sich mit der Rolle der Zuschauerin.

Die Vorgeschichte dazu passt zum Drunter und Drüber bei dieser Weltmeisterschaft. Sabrina Arnold lebt seit vier Jahren in der Nähe von Marseille, betreibt dort mit Jean Philippe Frances - dem Mann an ihrer Seite - eine professionelle Trainingsanlage für Distanzpferde. Ihrer Leidenschaft frönt sie bei Championaten seit 2001. Sie gilt als deutsche Top-Reiterin auf internationalem Niveau. Aktuell ist sie Dritte der Weltrangliste.

Unter dem Eindruck ihres überlegenen Titelgewinns bei der EM im vergangenen Jahr soll ihr Nico Hörmann eine Startgarantie für die WM gegeben haben. Hörmann ist bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung in Warendorf für das Distanzreiten zuständig. Mit dem Versprechen im Hinterkopf startete Arnold kurz vor der WM-Quali bei einem französischen Sichtungsritt unter internationaler Beteiligung und gewann souverän.

Alles schien klar mit der deutschen Equipe. In der Fachpresse und in Expertenkreisen wurde sie mit großen Vorschusslorbeeren bedacht - bis es plötzlich zum Zerwürfnis zwischen Verband und Reiterin kam. Entgegen des Versprechens aus dem Vorjahr wurde nun ein Form-Nachweis bei einer deutschen WM-Sichtung verlangt - kurz nach dem kräftezehrenden 160-Kilometer-Ritt in ihrer Wahlheimat. Arnold weigerte sich, auch mit Rücksicht auf die Gesundheit ihres Pferdes. Die Folge: Der deutschen Verband verzichtete auf eine WM-Nominierung.

Kehrtwende nach der Quali

Die schwachen Zeiten der anderen deutschen Kandidaten bei der Quali führten dann offenbar zu einem Umdenken. Christian Lücke, der neue Präsident der Distanzreiter, versuchte danach, sein „bestes Pferd im Stall“ doch noch zu einem WM-Start zu überreden. Doch Arnold wollte nun nicht mehr, blieb konsequent und lehnte die Rolle der Lückenbüßerin ab. Mehr noch: Nach all dem Ärger hat sich die Ötlingerin entschieden: „Ich werde in Zukunft nicht mehr für Deutschland, sondern für Frankreich starten.“ Ihrem Antrag auf doppelte Staatsbürgerschaft, die Voraussetzung dafür wäre, dürfte nichts im Wege stehen, auch weil ihr Sohn vor knapp vier Jahren in Frankreich geboren wurde. Ihren EM-Titel will sie im nächsten Jahr in England schon unter der Flagge der Tricolore verteidigen.

Mit wem das sein wird, ist klar: mit „Tarzibus.“ Sie hält dem Wallach die Treue, obwohl sie durch ihn schwerreich geworden wäre. Scheich Mohammed bin Rashid Al Makthoum von Dubai bot ihr für das Erfolgspferd eine Million Dollar plus jeweils 130 000 für zweimaliges Klonen. „Ich hätte ihn verkauft“, meint Adolf Arnold, ihr Vater in Ötlingen. Nicht so seine Tochter. Sie will mit „Tarzibus“ Siege einfahren und lehnte das Traumangebot ab.

Bei der WM in USA ging nun ihr Lebenspartner mit dem Pferd ins Rennen. Bis zum Abbruch lieferte er sich einen Dreikampf mit zwei Spaniern um den Titel, mit dem sich auch Sabrina Arnold gerne geschmückt hätte. Noch offen ist, ob der abgebrochene WM-Ritt in ein oder zwei Wochen neu angesetzt wird.

„Ein Schlag ins Gesicht“

Melanie Arnold, Sabrinas ältere Schwester, hatte ihre WM-Ambitionen bereits vorzeitig aufgegeben. Die Einschulung ihrer beiden Söhne zur selben Zeit war ihr wichtiger. Trotzdem war der Familienname Arnold bei der WM vertreten. Rebecca aus Walddorfhäslach, die Cousine der beiden Schwestern, startete in den USA mit ihrem elfjährigen Wallach „Serpa.“ Sie bildete in Tyron mit Ursula Klingbeil und Bernhard Dornsiepen die deutsche Mannschaft bei den Titelkämpfen.

Die drei kamen nach der ersten Runde ins sogenannte Vet-Gate zur tierärztlichen Untersuchung. Die Pferde müssen sich in 15 Minuten erholt haben, um in den zweiten Durchgang aufbrechen zu dürfen. Bei „Serpa“ lag der Puls noch leicht über den vorgegebenen 64 Schlägen. Die Folge: Der Wallach wurde aus dem Rennen genommen, das deutsche Team war damit zerschlagen.

Dornsiepen und Klingbeil ritten bis zum Abbruch des Wettkampfes weiter. Nach dem jähen Ende meinte Dornsiepen: „Der Ablauf der Veranstaltung war für die Reiter ein Schlag ins Gesicht.“ Den Abbruch an sich könne er aber nachvollziehen. Die Bedingungen hier waren extrem.“ks