Lokalsport

Wiederbelebung mit Kirchheimer Hilfe

Die Leichtathletikabteilung des VfB Stuttgart soll auch dank Micky Corucle wieder spitze werden

Leichtathletik in Stuttgart – das war einmal eine Erfolgsgeschichte. Seit die Laufbahn im Stadion dem Umbau in eine reine Fußballarena zum Opfer gefallen ist, fristet die olympische Königsdisziplin in der Landeshauptstadt das Dasein eines Mauerblümchens. Das soll sich wieder ändern. Ausgerechnet der VfB, bei dem Fußball über allem steht, unternimmt verheißungsvolle Wiederbelebungs-versuche – mit tatkräftiger Kirchheimer Unterstützung.

Da geht‘s lang: Trainerfuchs Micky Corucle, hier mit Sprinterin Sabrina Häfele, betreut beim VfB schon seit längerem Lauftalente
Da geht‘s lang: Trainerfuchs Micky Corucle, hier mit Sprinterin Sabrina Häfele, betreut beim VfB schon seit längerem Lauftalente aus dem Kirchheimer Raum. Foto: Ralf Görlitz

Kirchheim. Mit dem Europacup-­Finale 1965 trat Stuttgart erstmals international ins Rampenlicht. Es folgten Länderkämpfe, deutsche Meisterschaften, internationale Meetings. Unvergessen die EM 1986 mit ihrer unvergleichlichen Atmosphäre. Die WM 1993, mit der gewaltigen Kulisse von 585 000 Zuschauern, stellte dann alles bisher da gewesene in den Schatten – die Sternstunde in der Stuttgarter Sporthistorie.

22 Jahre später glimmt wieder Hoffnung auf bessere Zeiten auf. Abteilungsleiter Dieter Göggel und Stellvertreter Herbert Wursthorn, seit der WM die VfB-Macher, setzen alle Hebel in Bewegung, die in Stuttgart fast totgesagte Leichtathletik wieder zum Leben zu erwecken. Tatkräftig unterstützt vom Kirchheimer Trainer Micky Corucle, dem Leistungssport-Koordinator des VfB. Ihre intensiven Bemühungen tragen langsam Früchte.

Am Dienstag bat der Abteilungsleiter zu einer Pressekonferenz ins VfB-Klubhaus. Dort, wo Alexander Zorniger sonst seinen bisher fruchtlosen Überfall-Fußball zu rechtfertigen versucht, hatte Göggel Erfreulicheres zu verkünden – den Zugang von zwei Topathleten. Wie vorher schon Hürdensprinter Gregor Traber (22), starten Hochsprungqueen Marie-Laurence Jungfleisch (25) und Weitsprunghoffnung Fabian Heinle (21) künftig für den VfB. Alle drei sind amtierende Deutsche Meister und kamen vom LAV Tübingen, wo der Sponsor abgesprungen ist.

„Damit haben wir drei potenzielle Olympiakandidaten für Rio 2016 in unseren Reihen. Das gab es beim VfB noch nie“, freut sich Göggel. Mit einem zehntägigen Trainingslager in Portugal, unter Leitung von Micky Corucle für den Sprintbereich und Dreisprung-Bundestrainer Tamas Kiss für Weit- und Hochsprung, begann die Vorbereitung. Seit ihrer Rückkehr schätzen die Athleten in Stuttgart die Trainingsbedingungen in der erneuerten Molly-Schauffele-Halle und im Stadion Festwiese. „Ideal sind die kurzen Wege, auch zu den Physios“, betont Heinle.

Ihre Ziele haben die drei Neuen klar definiert. Jungfleisch, deren Hausrekord bei 1,99 Metern steht, will endlich die zwei Meter knacken: „Ich möchte, dass es nächstes Jahr passiert.“ Traber peilt in Rio das Finale, Heinle den Endkampf an. Finanziert werden die drei schwäbischen Stars von Sponsoren, vermarktet von der Agentur SchwabenSport. Göggel ergänzt: „Unser Hauptverein übernimmt die Leistungsprämien.“

Vielleicht muss dies der VfB ab 2017 bei einem eigenen Meeting tun. Geplant ist dann erstmals wieder ein großes Sportfest auf der Festwiese. Zur Kostendeckung muss die Zuschauerkapazität jedoch erst auf 10 000 bis 15 000 ausgebaut werden. Die Signale der Stadt dafür sind positiv. Bisher beschränken sich die VfB-Aktivitäten auf ein jährliches Schüler- und Jugendsportfest.

Absolut positiv sieht Corucle die Entwicklung der Abteilung: „Langsam kommen wir dorthin, wo wir hin wollen.“ Das gilt auch für seine in Kirchheim trainierende Truppe, die bei Staffelwettbewerben nach wie vor als Startgemeinschaft VfB/VfL Kirchheim firmiert. Mit Alex Schaf, Raphael Müller, Alex Deckert und seinem Sohn Philipp hat er ein schlagkräftiges Quartett mit reichlich Entwicklungspotenzial. Dazu gesellt sich VfL-Sprinterin Steffi Godel aus Owen als Einzelstarterin im roten Trikot.

Ein anderer Kirchheimer leistet auch einen Beitrag zur Reanimation der Leichtathletik: Tobias Unger. Der Rekordsprinter ist Beisitzer im Abteilungsvorstand. „Wir hätten ihn gerne stärker eingebunden, aber als Athletiktrainer der VfB-Nachwuchskicker fehlt ihm dafür die Zeit“, so Göggel.