Lokalsport

„Wir machen aus Waschlappen echte Kämpfer“

Die Extremsportler von Getting Tough um ihren TV-bekannten Übungsleiter Ertelt gehen regelmäßig an ihre Leistungsgrenzen

Eiskaltes Flusswasser im Winter ohne Neoprenanzug im Rahmen eines Drei-Stunden-Laufes so einfach mal durchwaten – für die Mitglieder von „Getting Tough“ ist es das reinste Vergnügen. Der in Nürtingen angesiedelte Freizeitverein hat sich dem Extremsport verschrieben.

„Wir machen aus Waschlappen echte Kämpfer“
„Wir machen aus Waschlappen echte Kämpfer“

Nürtingen. Wenn der gelernte Schauspieler Markus Ertelt (33) seinen Auftritt in der ZDF-Serie „Forsthaus Falkenau“ hat, schlüpft er stets in die (Neben-)Rolle eines gewissen Roland Badstuber – als Gegenspieler von Hardy Krüger junior. Doch auch privat mag es der Köngener mit Vereins-Wurzeln in der Leichtathletik­abteilung des TV Unterlenningen („ich war mal schnellster Lenninger“) am liebsten rustikal – Dauerläufe bei Eiseskälte und waghalsige Stürze ins Wasser sind sein Ding. „Den Körper zu schinden macht mir Spaß“, sagt der Extremsportler. Er sagt es ohne Ironie.

Mit einer Handvoll Gleichgesinnter hat Ertelt vor zwei Jahren die Trainingsgruppe „Getting Tough“ ins Leben gerufen – eine Ansammlung verwegener Freizeitsportler mit dem Hang zum sportlichen Masochismus. Fast jeden Sonntag formieren sie sich zum Spaßquälen punkt halb zehn, und von den wechselnden Treffpunkten in Lenningen, Köngen, dem Tiefenbachtal oder Linsenhofen geht‘s dann bei Wind und Wetter auf Drei-bis-vier-Stundenläufe durch schwer begehbares Terrain. Wasserläufe sind ebenso wenig ein Hindernis wie schweres Holz. Zersägte Baumstämme dienen den Konditionsbolzern perfekt als Zusatzballast – immer dann, wenn der eigene Lauf noch härter werden soll, wird eine Schippe draufgelegt.

„Nach unseren sonntäglichen Trainingseinheiten sind wir alle immer ziemlich fertig“, sagt Jens Döpper, der sich zu den „schwächeren Läufern“ der Truppe zählt und neidlos anerkennt, dass Getting Tough-Kollege Robin Dechant (21) viel zäher ist als er. Und erfolgreicher: Der Sieg beim 20-Kilometer-Härtelauf in Münnerstadt („Braveheart Battle“), aber vor allem Platz 12 bei der britischen „Tough guy Challenge“ nahe Wolverhampton – angeblich das härteste Rennen der Welt – machten Dechant 2011 zum Star der Truppe. Intern ist er konkurrenzlos, und nur vom Namen her stehlen ihm andere Tough-Cracks die Schau: vor allem die europäischen Kickbox-Größen Ertekin und Gökhan Arslan, die ebenfalls Tough-Mitstreiter sind, außerdem Markus Ertelt. Der ZDF-Bösewicht, der von der ganz großen Rolle träumt, ist Teamleader bei Getting Tough. In dieser Funktion ist er verantwortlich für Marschrouten, Belas­tungsdosen und Teamgeist im Training sowie dafür, dass keiner seiner Ehrgeizlinge zwischendurch über­pacet. An alle Läufer werden Mindestanforderungen gestellt – an jeden neuen Trainingsgast natürlich auch. „Wer bei uns mitmachen will, muss unbedingt vortrainiert sein“, sagt er.

Wer sich den Crosslauf-Tücken des eingetragenen Freizeitclubs unterwerfen will, den erwartet, glaubt man der Homepage, ein waschechter Drill. „Wir machen aus Waschlappen, Warmduschern, Pizzarandliegenlassern und Jeansbüglern echte Kämpfer“, steht dort großlettrig zu lesen. Solche Schlagworte kommen an. Über 40  Leute sind aktuell schon Getting Tough-Mitglied, und gut ein halbes Dutzend davon sind Frauen. „Leis­tungsmäßig halten die mit den Männern im Training erstaunlich gut mit“, berichtet Ertelt, der sich über guten Teamgeist freut.

Neben der Generalintension, mit dem eigenen Körper im Training und bei Wettkämpfen die eigenen Leis­tungsgrenzen auszuloten, haben die Gruppenmitglieder eine zweite Absichtserklärung auf ihre Fahnen geschrieben. „Mit unserem Tun wollen wir auch die Ausländerintegration fördern und somit die Multi-Kulti-Gesellschaft stärken“, sagt Ertelt, „das steht so auch in unserer Vereinssatzung.“ Mit dieser Extrapassage setzten sie nach außen hin ein deutliches Zeichen: Getting Tough, das aus Deutschen, Türken, Italienern, Griechen und Persern besteht, ist keine Wehrsportgruppe, sondern nur eine Sportgruppe. „Radikalismus lehnen wir in jeder Form ab“, sagt Ertelt.

Und so drillen sie sich an den Bergen und Bächen der Schwäbischen Alb allwöchentlich nicht für den politischen Umsturz, sondern für die acht Extrem-Events, die im neuen Jahr auf sie warten. Dem Tough guy am 29. Januar fiebern die Extremsportler aus Nürtingen und Umgebung schon jetzt entgegen, weil das 12-Kilometer-Rennen als das schikanenreichste in der Szene gilt. Der Hindernisparcours („Killing field“) beinhaltet Stacheldraht, Tümpel, Elektrozaun und brennende Heuballen – für hartgesottene Zeitgenossen wie Robin Dechant die schönste Herausforderung.

Mehrere Tausend Extremsportler aus aller Welt werden 2012 wieder erwartet, und Dechant will diesmal unter die ersten zehn.

„Wir machen aus Waschlappen echte Kämpfer“
„Wir machen aus Waschlappen echte Kämpfer“
Extremsport Getting ToughFoto: privat
Extremsport Getting ToughFoto: privat