Lokalsport

WM-Dauerbrenner hebt ab

Tobias Unger startet heute nach Daegu zu seinen sechsten Welttitelkämpfen

Mit dem Adler auf der Brust in den Flieger mit dem Kranich: Wenn heute um 12.10 Uhr Lufthansa-Flug 718 von München Richtung Seoul abhebt, ist ein echter DLV-Dauerbrenner an Bord. Tobias Unger steht im südkoreanischen Daegu vor seiner sechsten WM-Teilnahme in Folge. Ziel des 32-jährigen Kirchheimers: die Endlaufteilnahme mit der 4x100-MeterStaffel.

Tobias Unger

Tobias Unger

Kirchheim. Er läuft und läuft und läuft – gäbe es den VW-Käfer noch, Tobias Unger wäre der perfekte Werbeträger. Seit 2001 war der Sprinter aus Kirchheim alle zwei Jahre dabei, wenn sich die besten Leichtathleten der Welt getroffen haben, um ihre Champions zu ermitteln. 2001 in Edmonton, 2003 in Paris, 2005 in Helsinki, 2007 in Osaka oder 2009 in Berlin: Unger gehörte jedes Mal zum Aufgebot des Deutschen Leichtathletikverbands (DLV), kam jedes Mal entweder im Einzel, in der Staffel oder in beiden Disziplinen zum Zuge.

Im Herbst seiner Karriere hat der mittlerweile 32-Jährige nicht zuletzt dank des DM-Titels über 100 Meter erneut den Sprung in die deutsche Mannschaft geschafft, die mit 75 Athleten in Südkorea vertreten ist. Dort, genauer gesagt in der 240 Kilometer von der Hauptstadt Seoul entfernten 2,5 Millionen Einwohner-Metropole Daegu, finden vom 27. August bis 4.  September die 13. Leichtathletik-Weltmeisterschaften statt. Neben dem 65 000 Zuschauer fassenden Stadion, in dem 2002 das kleine Finale der Fußball-WM zwischen Südkorea und der Türkei (2:3) stattfand, erwarten den DLV-Tross Luftfeuchtigkeit von bis zu 95 Prozent und Temperaturen von über 30 Grad.

Kein Wunder also, dass einige Athleten zu Akklimatisierungszwecken schon früher nach Fernost aufbrechen. So wie Unger, der mit seinen Trainingskollegen Marius Broening und Alex Schaf heute um 9 Uhr erst von Stuttgart nach München fliegt, wo um 12.10 Uhr die Weiterreise nach Seoul ansteht. „Ich weiß garnicht, wie ich die zwölfeinhalb Stunden Flug rumkriegen soll“, stöhnt Unger, der neben Broening und Schaf für die 4x100-Meter nominiert ist. Komplettiert wird das Staffelteam durch die beiden Wattenscheider Robin Erewa und Sebastian Ernst sowie den Wolfsburger Sven Knipphals

Zwar steht die endgültige Besetzung des DLV-Quartetts für die Vorläufe am 4. September (19 Uhr Ortszeit, 12 Uhr deutscher Zeit) noch nicht fest. Doch geht zumindest Unger davon aus, dass die gleichen vier antreten werden wie beim letzten Test vergangenes Wochenende in Mannheim. Dort waren die Deutschen mit Unger, Broening, Ernst und Schaf in 38,88 Sekunden über die Bahn gefegt.

Dass damit das große Ziel WM-Endlaufteilnahme (4. September, 14  Uhr deutscher Zeit) kaum zu schaffen sein dürfte, ist auch dem Startläufer klar: „Um ins Finale zu kommen, musst du 38,60 laufen“, glaubt Tobias Unger, der sich und den anderen dies jedoch zutraut. „In Mannheim waren die Wechsel zu langsam. Wenn wir daran vor Ort in Daegu noch arbeiten, sollten wir es schaffen.“

Mutmacher: In der Besetzung Unger, Broening, Ernst und dem mittlerweile verletzten Martin Keller war die DLV-Staffel Anfang Juni bereits 38,66 Sekunden schnell gewesen und damit die Nummer zwei in Europa hinter Großbritannien (38,60). Fügt sich der mutmaßliche neue Schlussläufer Alex Schaf – in 10,20 Sekunden immerhin schnellster deutscher Einzelsprinter in dieser Saison – nahtlos ein, ist die Finalteilnahme in Daegu durchaus drin. Nach dem durch einen Wechselfehler bedingten Vorlauf-Aus bei der WM 2009 in Berlin wär‘s ein Erfolg für alle Beteiligten. Allen voran Tobias Unger, der mit deutschen Staffeln bereits WM-Sechster (2007) und -Siebter (2005) war.

Unabhängig vom Abschneiden in Daegu tritt die DLV-Staffel übrigens nur vier Tage nach dem WM-Finale beim Diamond League-Meeting in Zürich an (8. September), ehe für Unger am 11. September ein Einzelstart bei der sogenannten World Challenge in Berlin ansteht. Wer ihn nach dieser Wettkampf-Odyssee im Urlaub wähnt, sieht sich allerdings getäuscht. „Mitte September geht auch schon wieder die Vorbereitung auf die Hallensaison los“, sagt Unger, der dabei alles dem großen Ziel im kommenden Jahr unterordnen will: „Für die Olympiade in London muss die Einzelnorm her, koste es, was es wolle.“