Basketball

Der Optimismus ist zurück

Pro A Neuer Trainer, neues Team und eine Vorbereitung mit vielen Problemen. Trotzdem glaubt man bei Kirchheims Basketballern wieder fest an den Erfolg. Von Bernd Köble

Nach acht Assistenjahren in der BBL will Mauricio Parra beweisen, dass ihm auch der erste Anzug passt.Foto: Tanja Spindler
Nach acht Assistenjahren in der BBL will Mauricio Parra beweisen, dass ihm auch der erste Anzug passt.Foto: Tanja Spindler

Die halbe Mannschaft außer Gefecht, abgesagte Testspiele, ein Ersatz-Spielmacher, für den die Saison bereits vor dem ersten Spieltag beendet ist, und ein Trainer, der sich all das ganz anders ausgemalt hatte. Das war im Spätsommer 2017, und der neue Headcoach der Knights hieß Anton Mirolybov. Jetzt trägt mit Mauricio Parra ein Spanier die Verantwortung in Kirchheim, und so weit Heimat und Mentalität der beiden Trainer auseinanderliegen mögen, so nah liegen Vergangenheit und Gegenwart beieinander. Einziger Unterschied: Die Hoffnungen auf eine erfolgreiche Saison hat die holprige Vorbereitung diesmal kaum geschmälert.

„Gemessen an den Problemen, die wir hatten, sind wir weiter als erwartet“, sagt Mauricio Parra. So redet niemand, der nach Ausreden sucht. Zumindest bis Samstag, wenn mit den Drachen aus dem Artland ein Klub mit großem Namen zum verspäteten Saisonstart in der Sporthalle Stadtmitte aufkreuzt. Die Woche Aufschub durch das verlegte Auftaktspiel in Nürnberg hat allen Verantwortlichen in Kirchheim gutgetan. Anders als noch vor einem Jahr, haben die Knights gute Chancen, in Bestbesetzung an den Start gehen zu können. Selbst der neue Kapitän, Brian Wenzel, der sich vor zwei Wochen im Testspiel gegen Ehingen einen Bruch der Kiefernhöhle zuzog, kehrte diese Woche mit Schutzmaske zurück ins Training.

Von Idealbedingungen kann trotzdem keine Rede sein. Nach dem Turniersieg Mitte des Monats in Nürnberg, bei dem die Ritter vor allem kämpferisch überzeugten, offenbarte die knappe Niederlage im letzten Test gegen Heidelberg noch deutliche Abstimmungsprobleme. Neu-Spielmacher Dajuan Graf bremste in der Vorbereitung ein Muskelfaserriss. Sein US-Landsmann Caleb Oetjen, der für den verletzten Constantin Ebert kam und Graf im Spielaufbau entlasten soll, ist erst seit Sonntag im Land und laboriert nach dem ersten Training an einem verstauchten Knöchel. Keine helle Freude, aber auch keine tiefen Sorgenfalten beim Trainer. „Mir war klar, dass wir zum Start an einem gewissen Punkt sein werden“, sagt Mauricio Parra. „Was zählt, ist, dass wir uns in den nächsten Spielen zügig weiterentwickeln.“

Parra weiß: Spielabläufe lassen sich trainieren, andere Dinge eher nicht - Charakter, Zusammenhalt, Kampfgeist. Der Trainer, der zuvor acht Jahre lang als Assistant Coach in Berlin und Oldenburg Verantwortung trug, glaubt fest daran, das passende Kollektiv für den Erfolg gefunden zu haben. „Wenn du die Beine nicht mehr hast, dann brauchst du Willen“, sagt Parra. Und den hat seine Mannschaft, davon ist er überzeugt. Was niemals schadet, ist Glück. Rhondell Goodwin, der in den wenigen Tests bisher Vollstrecker-Qualitäten und einen guten Zug zum Korb erkennen ließ, und 116-Kilo-Center Jalen Canty, den der Trainer durchaus respektvoll als „Tier unterm Korb“ beschreibt, könnten solche Glücksgriffe sein.

Vor allem im Front Court überraschen die Knights in der neuen Saison mit viel Physis und Größe. Mit Routinier Andreas Kronhardt, Neuzugang Jalen Canty und Keith Rendleman, der sich körperlich in deutlich besserer Verfassung zeigt als noch im Vorjahr, darf sich Parra auf gesunden Konkurrenzkampf freuen. Dazu kommt mit 2,15-Mann Andreas Nicklaus ein 19-Jähriger aus dem Nachwuchsprogramm von Brose Bamberg, der sich im Regionalliga-Team des MTV Stuttgart für die Pro A empfehlen soll.

Was die Stimmung trübt: Der Ausfall von Constantin Ebert, für den die Saison nach einem Kreuzbandriss gelaufen ist, schränkt die Möglichkeiten in der Rotation deutlich ein. Weil in der Pro A mindestens zwei deutsche Spieler auf dem Feld stehen müssen, galt die Verpflichtung des Würzburgers, der aus Braunschweig kam, als gelungener Schachzug. „Das macht die Sache schwieriger, aber auch damit werden wir klarkommen“, sagt Mauricio Parra. Schließlich stehen ihm bis auf den jungen Nicklaus ausschließlich Deutsche zur Verfügung, die potenziell als Starter infrage kommen.

Neben den bewährten Kräften Kronhardt, Koch und Wenzel hält Parra große Stücke auf die beiden deutschen Neuzugänge. Phillip Daubner, ein Mann mit viel Zweitliga-Erfahrung für einen 24-Jährigen, hat nach einer durchwachsenen Saison in Paderborn zuletzt als gefährlicher Distanzschütze mit viel Drive vom Flügel überzeugt. Kevin Wohlrath, zuletzt in Diensten des Oldenburger Farmteams in der Pro B, ist ohnehin ein Mann, auf den keine Mannschaft verzichten kann - zumindest, wenn man dem Trainer glaubt. „Er macht jedes Team besser“, behauptet Parra. „Weil er die Dinge macht, die keiner sieht.“

Probleme mit Standkörben

In der Pro A sind sie ab sofort in allen Hallen Pflicht: Massive Standkorbanlagen mit integriertem 24-Sekunden-Würfel mussten über den Sommer von einigen Zweitliga-Klubs, darunter auch Kirchheim, nachgerüstet werden.

Zumindest in den ersten beiden Heimspielen werden in der Sporthalle Stadtmitte jedoch weiterhin die alten Deckenkörbe zum Einsatz kommen. Der Grund: Seit Anfang August warten die Knights auf Ersatzteile, die der Produzent zurzeit nicht liefern kann. Das Problem: Jedes Spiel ohne Standkörbe hat ein Bußgeld von 1 500 Euro zur Folge. „Wir sind in Gesprächen mit der Liga“, hofft Knights-Sportchef Chris Schmidt auf einen Kompromiss. „Schließlich trifft uns keine Schuld.“

Nicht die einzigen Schwierigkeiten, die der neue Standard mit sich bringt. Die betagte Anzeigetafel in der Halle ist mit den 24-Sekunden-Würfeln am Korb nicht kompatibel und musste deshalb neu verkabelt werden. Weil jeder der Körbe 1,5 Tonnen wiegt, war zudem eine Verstärkung des Hallenbodens nötig, und damit die Geräte unter der Woche gelagert werden können, müssen sie zerlegt und vor jedem Heimspiel erneut aufgebaut werden. Zeitaufwand für jeden Arbeitsschritt: rund zweieinhalb Stunden pro Korb. „Diese Erfahrung zeigt uns, dass Zweitliga-Basketball in dieser Halle leider endlich ist,“ sagt Knights-Geschäftsführerin Bettina Schmauder.bk