Qualifizierte Fachkräfte sind das Fundament der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands. Auch in der Zukunft ist eine ausreichend hohe Zahl umfassend qualifizierter Fachkräfte die Schlüsselgröße für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und des Handwerks: Die notwendige Transformation des Wirtschaftens in Deutschland mit den Zielen der Klima- und Energiewende, der Digitalisierung sowie der Nachhaltigkeit wird und kann nur mit qualifizierten Fachkräften gelingen. Zur Fachkräftesicherung trägt das Handwerk durch eine den aktuellen Transformationserfordernissen entsprechende Aus-, Fort- und Weiterbildung bei.
Das Handwerk in der Region Stuttgart leidet unter dem Rückgang an Bewerbungen für eine Ausbildung, zahlreiche Stellen bleiben unbesetzt. Zum Ausbildungsstart am 1. September 2022 begannen rund 3.400 junge Menschen in der Region Stuttgart eine Berufsausbildung im Handwerk. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist das Minus an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen mit etwa fünf Prozent deutlich, aber geringer als zunächst befürchtet.
Dass die Zahl der neuen Ausbildungsverträge im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist, bereitet dem Handwerk große Sorgen – auch wenn wir diese Entwicklung aufgrund der weltweiten Krisen erwartet haben. Spürbar sind noch immer die Auswirkungen der zurückliegenden Corona-Jahre, in denen die Berufsorientierung oft nur unter erschwerten Bedingungen möglich war und viele junge Menschen auch durch Wiederholung von Klassenstufen oder Übergangsangebote an den Schulen bleiben. Aufgrund des demografischen Wandels gibt es zudem schlicht weniger junge Menschen, die sich auf eine Ausbildung bewerben könnten.
Der Fachkräftemangel bremst die wirtschaftliche Entwicklung im Handwerk. Die Lage ähnelt der Zeit vor Beginn der Corona-Krise. Es wird immer deutlicher, dass die Fachkräftesicherung der entscheidende Faktor für den künftigen Erfolg und den Wohlstand in unserem Land ist. Die enormen Anstrengungen des Handwerks tragen Früchte, aber strukturelle Probleme sind ungelöst.
Ohne Handwerk keine Energiewende
Der schon jetzt immens hohe Fachkräftebedarf im Handwerk wird weiter in dem Maße zunehmen, in dem sich die Bundes- und Landesregierungen auf ambitionierte Ziele beim Klimaschutz, der Energie- und Verkehrswende, bei der Digitalisierung und der Gestaltung des demografischen Wandels verständigen. Denn es sind vor allem Handwerksbetriebe und ihre Beschäftigten, die am Ende die Ladesäulen für die Elektroautos installieren, die Solarpanels aufs Dach bauen oder Bäder altersgerecht sanieren.
Die Fachkräftesicherung ist eine der zentralen Aufgaben der Handwerkskammer Region Stuttgart.
- Im Bereich der Ausbildung helfen wir bei der Suche nach Ausbildungsplätzen und Auszubildenden, beraten Betriebe und Auszubildende zu nahezu allen Themen rund um die Ausbildung und richten unser besonderes Augenmerk auf die Berufsorientierung in allen Schularten.
- In unsere Bildungsakademie kümmern wir uns um die Überbetriebliche Ausbildung in bestimmten Berufen, qualifizieren Meister und Meisterinnen, bieten betriebswirtschaftliche- und technische Fortbildungen an. Die Beratung von Qualifizierungsinteressierten liegt uns ebenso am Herzen wie die Begleitung der Transformation durch das Kfz-Kompetenzzentrum.
- Ausländische Fachkräfte sind auch im Handwerk nicht mehr wegzudenken. Wir unterstützen beim Matching in der Ausbildung, übernehmen die Anerkennung von Berufsqualifikationen sowie weiterer Kompetenzen.
- Beschäftigte zu gewinnen und zu halten ist im Betriebsalltag eine große Herausforderung. Unsere Berater kümmern sich um alle Fragen rund um die Personal- und Organisationsentwicklung.
Berufliche Bildung ist entscheidend
Das Handwerk will und wird seinen Beitrag für das Gelingen des Transformationsprozesses leisten. Notwendig sind hierfür neben dem Qualifizierungsengagement des Handwerks selbst in unterschiedlichen Handlungsfeldern flankierende und unterstützende Maßnahmen, für die die Politik in originärer Verantwortung steht.
Der zentrale Baustein, um die zunehmende Fachkräftelücke zu schließen, ist die berufliche Bildung. Es darf nicht bei ambitionierten Ankündigungen zur Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung bleiben, sondern es muss mit mehr Nachdruck als bisher für eine echte Gleichwertigkeit gesorgt werden. Es bedarf insbesondere eine zur akademischen Bildung gleichwertige finanzielle Ausstattung der beruflichen Bildung und ihrer Infrastruktur.
Einer der wichtigsten Schlüssel, um mehr junge Menschen für eine Ausbildung im Handwerk zu gewinnen, ist eine praxisorientierte Berufsorientierung an den allgemeinbildenden Schulen. Schülerinnen und Schüler müssen die Möglichkeit einer dualen Ausbildung als gleichwertige Alternative zur akademischen Bildung während der Phase der Berufsorientierung kennenlernen. Wir beobachten, dass immer mehr Menschen mit Abitur ins Handwerk gehen. Um diesen Trend zu verstetigen, braucht es an den Gymnasien flächendeckende Angebote der Berufsorientierung, die eine Ausbildung im Handwerk als gleichwertige Alternative zu einem Studium vorstellt.
Neben diesen zwei zentralen Bausteinen hat die Politik weitere Stellschrauben für die Fachkräftesicherung im Handwerk, u.a.:
- arbeitsmarkt- und betriebsnahe Gestaltung von Fort- und Weiterbildung,
- mittelstandsgerechte Zuwanderungspolitik,
- vermittlungswirksame Arbeitsmarktpolitik,
- Förderung von Betriebsnachfolgen,
- eine den Transformations-Herausforderungen genügende Mittelstands- und Handwerkspolitik.