Weilheim. Wenn Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle nach seinem Lieblingsplatz in der Stadt gefragt wird, muss er nicht lange überlegen: "Der Turm der Peterskirche. Von dort aus hat man einen tollen Rundumblick auf Weilheim." Den kann der Rathauschef genießen, wann immer ihm danach ist. Denn zu seiner Wiederwahl und damit zum Start seiner zweiten Amtszeit im Jahr 2017 bekam er von Pfarrer Matthias Hennig ein besonderes Geschenk. "Er hat mir einen Schlüssel gegeben, mit dem ich jederzeit auf den Kirchturm hoch kann. Das war für mich wirklich eine große Überraschung, über die ich mich sehr gefreut habe und es ist auch eine Ehre", betont Johannes Züfle bevor er die Tür aufschließt, hinter welcher zahlreiche alte Holztreppenstufen hinauf zum Turm führen. Oben angekommen hat der Bürgermeister nicht zu viel versprochen. Die Aussicht auf die Stadt und die sie umgebende Landschaft könnte besser nicht sein. "Das ist für mich ein besonderer Ort, hier oben kann man zwischendurch seine Gedanken schweifen lassen und zur Ruhe kommen", sagt Johannes Züfle, der zudem stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Peterskirche Weilheim an der Teck ist. 1489 bis 1495 wurde das Gotteshaus als spätgotische Hallenkirche erbaut. Bereits 400 Jahre davor stand an Stelle der Peterskirche zunächst eine von Herzog Berthold II. vom späteren Geschlecht der Zähringer gestiftete romanische Basilika.
Weilheim gehört zu den insgesamt zwölf Zähringerstädten
Das Stichwort "Zähringer" weist auf eine Besonderheit der Stadt Weilheim hin. 1990 wurde diese in den Bund der Zährigerstädte aufgenommen, insgesamt zwölf gibt es in Deutschland und der Schweiz. Das frühere Herzoggeschlecht hatte im 11. Jahrhundert seinen Stammsitz auf der Limburg bei Weilheim. Heute ist der Zähringermarkt ein fester Bestandteil im gut gefüllten Veranstaltungskalender der Stadt. Zu den größten Festen zählen ansonsten das Städtlesfest, das dieses Jahr am 2. Juli stattfindet oder das traditionelle Dorffest im Teilort Hepsisau am 3. September. Weitere feste Veranstaltungsgrößen sind im Weilheimer Jahreskalender die Biosphärenwoche, der Künstlermarkt, der Kirschblütentag, das Weilheimer Reitturnier, der Käsemarkt und die Veranstaltungsreihe der Kulturzeit Weilheim. Letztere findet mit einem bunten Programm wieder vom 11. Juni bis 23. Juli statt. Gemeinsam mit verschiedenen Akteuren und Kultur schaffenden Einrichtungen wie dem Verein DreiKW Kino Kunst und Kultur hat die Stadtverwaltung eine Vielfalt an Gastspielen zusammengestellt. "Wir haben in Weilheim ein reges und vielseitiges Vereinsleben, die Vereine und Organisationen sind untereinander sehr gut vernetzt", erklärt Johannes Züfle. Neben den Veranstaltungen und Freizeitangeboten für alle Altersgruppen unter den aktuell rund 10 300 Bürgern ist die Kleinstadt dank ihrer schmucken Altstadt mit gut erhaltenen Fachwerkgebäuden, der nahe gelegenen Limburg und der Verortung mitten in der reizvollen Natur- und Kulturlandschaft des Biosphärengebiets der Schwäbischen Alb zudem ein beliebtes Ziel für Tagestouristen.
Viele Familien zieht es in die attraktive Kleinstadt
"Weilheim ist eine Wohlfühl- und Familienstadt", sagt Johannes Züfle. Als vierfacher Familienvater könne er das selbst bestätigen. "Wir sehen das zudem an den Zuzügen von vor allem jungen Familien." Entsprechend hoch sei der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen. "Wir investieren an dieser Stelle gewaltig", erklärt er. Zu den aktuellen Projekten zählen die Sanierung und Erweiterung der Kindertageseinrichtungen Egelsberg und Öhrich, für die die Stadt insgesamt sieben Millionen Euro in die Hand nimmt. Die Kita Egelsberg wird dabei um eine Gruppe für unter Dreijährige erweitert, die Fertigstellung ist für September 2023 geplant. Die Kita Öhrich bekommt einen Anbau für zwei weitere Krippengruppen. Die Arbeiten werden bei laufendem Kita-Betrieb voraussichtlich bis September 2024 dauern. Bei der Sanierung beider Gebäude setzt die Stadt auf den Einsatz regenerativer Energien. Die Einrichtungen erhalten Photovoltaikanlagen und Stromspeicher sowie Wärmepumpen mit Geothermie. Auch für die über Dreijährigen besteht ein weiterer Platzbedarf. Aus diesem Grund plant die Stadt den Bau zweier Naturkindergärten in Weilheim und Hepsisau. Wo neue Betreuungsplätze entstehen, braucht es Personal. Die Suche gestaltet sich in diesem Bereich bekanntermaßen häufig schwierig. "Wir haben bei der Kinderbetreuung fast ausschließlich städtische Einrichtungen, die Hauptlast liegt daher bei uns", erklärt Johannes Züfle. Man sei daher kreativ geworden, habe eine Arbeitgeberkampagne durchgeführt und das nicht zuletzt über die sozialen Medien. "Nun werden unter anderem auch spanische Fachkräfte zu uns kommen", berichtet der Rathauschef. Ob das eine Lösung für die Zukunft sein könne, müsse man sehen.
Was die Infrastruktur angehe, sei die Stadt insgesamt gut aufgestellt. Das gelte beispielsweise für den Einzelhandel und die ärztliche Versorgung. Auch Einrichtungen wie das sanierte Freibad oder die laut Züfle "herausragend gute" und stark genutzte Stadtbücherei seien weitere Pluspunkte. "Wir haben hier eine gute Kombination aus einer herrlichen Naturkulisse mit dem Streuobstgebiet und dem Albtrauf und sind zugleich eine historische, funktionale und belebte Stadt." Alle Geschäfte und Einrichtungen für den täglichen Bedarf liegen in Weilheim sehr zentral und werden durch ein gutes Gastronomieangebot in der Stadtmitte ergänzt. "Wir investieren zudem in die Optik. Ein Aspekt ist dabei die Erneuerung des Pflasters auf dem Marktplatz", so Züfle. Ein weiteres größeres Bauprojekt sei aktuell der geplante Neubau einer Turnhalle, die im Bereich zwischen der Lindach und der Limburg-Grundschule entstehen wird. Die noch vorhandene alte Turnhalle wird anschließend abgerissen. "Im vorderen Bereich zur Straße hin wäre zusätzlich eine Kombination aus Sozialen Dienstleistern und Wohnen vorstellbar", ergänzt Johannes Züfle. Zu gegebener Zeit wolle er hierzu Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft ins Gespräch bringen.
Die Bürgerbeteiligung sei überhaupt ein wichtiger Aspekt und in der Vergangenheit bereits bei mehren zentralen Themen wie der Freibad-Sanierung, der Integrationsarbeit oder der geplanten Gewerbegebietserweiterung Rosenloh zum Tragen gekommen. Aktuell laufe zudem die Teilnahme am Projekt "Kommunale Quartiersentwicklungsplanung - Älter werden im Quartier" (Quartier 2030). Um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden, hat die Stadt Weilheim darüber hinaus ein Mobilitätskonzept mit Blick auf die Jahre 2030/2035 in Auftrag gegeben, wobei sich die Bürgerschaft ebenso aktiv einbringen kann. Auch die Jugend wird in Sachen Bürgerbeteiligung mit ins Boot geholt. So sei für den 7. Juli das nächste Jugendforum geplant, erfährt man vom Bürgermeister.
Ein S-Bahn-Anschluss ist ein langgehegter Wunsch
Was den Verkehr in der Stadt angehe sei es ein großer Wunsch, dass der immer wieder vorkommende Umleitungsverkehr der Autobahn abnehme, so Züfle. Dafür müsste es allerdings beim geplanten Autobahn-Ausbau des Albaufstiegs zwischen Mühlhausen und Merklingen vorangehen. Derzeit steht für den Sommer 2023 die öffentliche Auslage der fünften Planänderung im Planfeststellungsverfahren an. Ein weiterer langgehegter Wunsch sei ein S-Bahn Anschluss für Weilheim: "Dafür muss man jetzt die Dinge aufs Gleis setzen und das Thema aktiv angehen. Wohl wissend, dass das dann noch einige weitere Jahre bis zur Umsetzung dauert." Konkret geht es dabei um die zur Debatte stehende Reaktivierung der Mitte der 1990er-Jahre stillgelegten Trasse der Teckbahn und damit einer Verlängerung der S-Bahn von Kirchheim über Jesingen und Holzmaden nach Weilheim. Auch für den Güterbahnverkehr wäre die Reaktivierung der Strecke relevant, etwa mit einer Anbindung an das Weilheimer Gewerbegebiet Rosenloh.
Aktuell laufen die Planungen für die Erweiterung selbigen Gewerbegebiets. 2024 könnten laut Johannes Züfle theoretisch die Erschließungsarbeiten starten. Es geht um zusätzlichen Platz für ortsansässige Unternehmen sowie für die Ansiedlung einer Brennstoffzellen-Fabrik von Cellcentric sowie den Bau der Entlastungsstraße. Ein Blick auf die Entwicklung der Beschäftigungszahlen in der Stadt ab dem Jahr 2001 zeigt einen klaren Trend nach oben. Den Hauptanteil macht dabei das produzierende Gewerbe am Wirtschaftsstandort Weilheim aus.
Was weitere Optionen zur Wohnbebauung in der Stadt angeht, soll am nordwestlichen Ortsrand von Hepsisau das Baugebiet "Halde 3" mit neun Bauplätzen für Einfamilienhäuser entstehen. Läuft alles wie geplant, rücken im Frühjahr 2024 die Bagger an. In Weilheim selbst sei es mit weiteren Neubaugebieten schwierig, so Züfle. Auf Eis liegen derzeit ungewollt die Pläne fürs Gebiet "Gänsweide III" am Fuß der Limburg mit Raum für 30 ganz unterschiedlich nutzbare Bauplätze vom sozialen Mietwohnungsbau bis hin zu gemeinschaftlichen Wohnformen oder gar einer zusätzlichen Kita. Das würde die aktuelle Lücke zwischen bereits bestehenden Baugebieten schließen. Weil sich die rechtlichen Vorgaben für die Bebauung von Streuobstwiesen mit dem 2020 neu eingeführten Paragraf 33a des baden-württembergischen Naturschutzgesetzes verschärft haben, ist die Umsetzung allerdings ausgebremst. "Wir brauchen hier dringend Unterstützung von Bund und Land und nicht ständig nur neue Vorschriften, die die Kommunen be- statt entlasten", betont Johannes Züfle.
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