Bundestagswahl

„Wir schaffen kein Kirchhattan“

Bundestagswahl Der Kirchheimer CDU-Abgeordnete Michael Hennrich strebt eine fünfte Amtszeit in Berlin an. Der 52-Jährige ist jetzt der dienstälteste Kandidat im Wahlkreis und kennt die Sorgen und Nöte entsprechend gut. Von Irene Strifler und Frank Hoffmann

Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen
Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen
Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen
Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen

Michael Hennrich ist noch nicht so lange Bundestagsabgeordneter wie der legendäre Anton Stark, der von 1965 bis 1987 sieben Mal gewählt wurde. Er ist aber schon seit 2002 CDU-Abgeordneter im Wahlkreis Nürtingen und damit länger im Amt, als Angela Merkel Kanzlerin. Die politische Konstanz ist aber nur eine von mehreren Parallelen. Wie die Kanzlerin ist auch Hennrich keiner, der das Fell des Bären vorzeitig verteilt: „Die Wahlen werden in den letzten zwei bis drei Wochen entschieden“, warnt er vor allzu viel Siegesgewissheit und betont: „Wir müssen bis zum Schluss hoch konzentriert bleiben.“

Quelle: Carsten Riedl

Dürfte Hennrich sich den Koalitionspartner aussuchen, fiele seine Wahl - wen wundert‘s - auf die FDP. Die Vorteile der Zusammenarbeit mit den Liberalen kennt er aus der vorletzten Legislaturperiode und betont: „Schwarz-gelb würde Klarheit schaffen.“ Ganz ausschließen will er derzeit natürlich außer der AfD keine der üblicherweise gehandelten Koalitionsmöglichkeiten. Der ehemaligen Ökopartei allerdings zeigt er ziemlich deutlich die Rote Karte: „Im Bund sind die Grünen anders als in Baden-Württemberg - zu viele Punkte stehen in Widerspruch zu unserer Meinung.“

Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen
Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen

Einer dieser vielen Punkte ist das Thema Verbrennungsmotor. „Für mich ist Technologie-Offenheit entscheidend“, betont Hennrich, der mit einem Mercedes Kombi zum Termin kommt - ein Benziner, aber „mehr aus Zufall“, wie er sagt. Den Dieselskandal bezeichnet der Politiker als „Unding“ und verbindet damit die Hoffnung, die Beteiligten mögen daraus gelernt haben. In der Pflicht, zu handeln, sieht er jedoch weniger die Politik, denn „wir haben Elektromobilität bereits massiv gefördert“. Vielmehr sei die Industrie am Zug. Die Unternehmen wehrten sich schließlich stets gegen Einmischung seitens der Politik. Offensichtlich machen jedoch nicht alle ihre Hausaufgaben: Hennrich erinnert an die 90er-Jahre, die von einer Art Abgesang auf den Verbrennungsmotor geprägt waren. Regelmäßig kamen Meldungen aus Nabern, die Brennstoffzelle stünde kurz vor der Serienreife. - So weit ist es bekanntlich immer noch nicht. Allerdings räumt der Christdemokrat ein, dass die Verbandelung zwischen Staat und Automobilindustrie zu groß war: „Hier ist eine Allianz des Verhinderns statt des Förderns entstanden.“

Weniger regulieren, sondern vielmehr Anreize schaffen, das ist auch in puncto Wohnungspolitik sein Credo. Als Kirchheimer und als Landesvorsitzender von Haus und Grund kennt er die brisante Situation auf dem leer gefegten Wohnungsmarkt aus dem Effeff. „Wir brauchen neue Ausweisungen von Wohngebieten“, betont er, dafür müsse auch der Regionalplan durchaus ein wenig modifiziert werden. Zwar sei auch Innenverdichtung ein Thema, von Maßnahmen wie der Besteuerung von leer stehendem Wohnraum will der CDU-Mann aber nichts wissen. Eher gelte es, über neue Wohnformen nachzudenken und vielleicht manches Haus doch einen Stock höher zu bauen: „Keine Sorge, wir werden dadurch kein ‚Kirchhattan‘ schaffen, beugt er Bedenken in seinem Heimatort vor.

Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen
Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen

Zwangsenteignungen, wie sie für Tübingen zur Flüchtlingsunterbringung im Gespräch waren, lehnt Hennrich vehement ab. Generell hofft er für die nahe Zukunft auf eine Kontingentlösung im europäischen Raum, sodass sich der Zuzug steuern lasse - ohne Obergrenze oder Einwanderungsgesetz. Im Wahlkreis hat er hautnah erlebt, wie groß die Angst vor Fremden ist. Das war während der Flüchtlingskrise vor zwei Jahren so, aber auch schon in den 90er-Jahren, als viele Balkanflüchtlinge kamen. Dazu kommt noch die Furcht vor Terrorismus, mit der die Gesellschaft heute leben muss. Die Attentäter bezeichnet der Nahostkenner schlichtweg als „Verrückte und Fanatiker“. Zwar könne man ihnen nicht beikommen, wohl aber gelte es, das Risiko zu minimieren. Dies kann einerseits geschehen durch mehr Überwachung beziehungsweise Polizeipräsenz, vor allem aber durch Prävention. „Fast alle Attentäter sind gescheiterte Existenzen, die nicht integriert waren“, gibt Hennrich zu bedenken.

Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen
Wa(e)hlen mit Weitblick. Interview mit Michael Hennrich auf dem Käppele über Dettingen

Doch die Angst der Deutschen gilt nicht nur dem Terrorismus. Sie hat längst eine globale Dimension, man denke nur an den unberechenbaren US-Präsidenten und den nordkoreanischen Diktator, dessen Säbelrasseln „hoffentlich nur Geplänkel“ ist, wie Hennrich mit Sorgenfalten auf der Stirn sagt. Im laufenden Jahrzehnt hat er eine dramatische Änderung der Stimmung bemerkt: „Bis 2009 war Weltoffenheit das dominierende Gefühl“, erinnert er sich. Heute jedoch habe die Angst auf allen Ebenen zugenommen. „Wir fürchten überall um unsere Sicherheit“, weiß er aus zahlreichen Bürgergesprächen. Sorgen macht sich die Wählerschaft um die Sicherheit im Alter, sprich, um die Rente. Aber auch der Arbeitsplatz und seine Entwicklung in der Zukunft sind nicht mehr so beständig wie früher. Wichtig sind ferner ganz klassische Sicherheitsbedenken, etwa die vor Einbruch, Diebstahl oder eben einem Terroranschlag. International bringen Persönlichkeiten wie Trump oder Erdogan zuverlässige Politik ins Wanken, ebenso Ereignisse wie der Brexit. Gut daher, aus Sicht des Christdemokraten, dass die Kanzlerin mit Ruhe und Besonnenheit an der Spitze des Landes steht: „Angela Merkel punktet mit Pragmatismus“, zeigt sich Michael Hennrich zufrieden. - Ein unaufgeregter Politikstil, den auch er auf Wahlkreisebene pflegt.

 

 

Michael Hennrich stellt sich vor

Ich bin 52 Jahre alt und in Wernau aufgewachsen. Heute wohne ich mit meiner Frau und unseren beiden Söhnen in Kirchheim. Die wenige freie Zeit, die mir bleibt, verbringe ich mit meiner Familie. Zum Ausgleich jogge ich und bin mit dem Fahrrad unterwegs.

Nach dem Abitur habe ich Rechtswissenschaften studiert, danach war ich als Rechtsanwalt selbstständig. 2002 wählten mich die Menschen direkt in den Bundestag. Von Beginn an engagierte ich mich in der Sozialpolitik mit Schwerpunkt Gesundheit und Pflege. Im Ehrenamt bin ich Vorsitzender von Haus und Grund Württemberg.

Für Politik interessierte ich mich bereits in meiner Jugend. Meiner Einstellung entsprechend bin ich in die CDU eingetreten. Die kommende Wahlperiode des Deutschen Bundestages werden Entscheidungen zu Sicherheit, Migration und zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland prägen. Unsere Sicherheit wird jeden Tag aufs Neue herausgefordert: von Einbrechern, gewaltbereiten Islamisten, Cyberangriffen oder den Auswirkungen von Kriegen und Konflikten in der Welt. Deshalb müssen wir unsere Polizei, Justiz und Sicherheitsbehörden, aber auch unsere Bundeswehr weiter stärken. In der Entwicklungshilfe müssen wir uns ebenso stärker engagieren. Beim Thema Migration stehen kontrollierte Zuwanderung und konsequente Umsetzung des Asyl- und Ausländerrechts ganz oben auf der Tagesordnung. Deutschland ist ein starker Wirtschaftsstandort. Dort wird Wohlstand für einen fairen und funktionierenden Sozialstaat erarbeitet. Statt weiterer Steuererhöhungen will ich steuerliche Entlastungen für unsere Familien und Leistungsträger. Ein attraktives Berufsumfeld und moderne Arbeitsplätze sind der Garant dafür, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb weiterhin auf Wachstumskurs bleibt.pm