Kirchheim

Alle Vorwürfe prallen an der Oberzauberin ab

Rathaussturm Die Kirchheimer Kloster-Deifel übernehmen bis Aschermittwoch die Macht im Rathaus und machen der Oberbürgermeisterin den Prozess. Von Andreas Volz

Rathaus sturm Klosterdeifel Fasnet Fasching Schmotziger Donnerstag Altweiber Rathaus Matt-Heidecker
Rathaus sturm Klosterdeifel Fasnet Fasching Schmotziger Donnerstag Altweiber Rathaus Matt-Heidecker

Setzen die Kloster-Deifel zum Sturm an, haben auch die tapfersten Verwaltungsmitarbeiter keine Chance, ihr Rathaus zu verteidigen. Wenn die Exekutive auf das rebellierende Volk schießen lässt, ist das normalerweise bedenklich. In diesem Fall aber bewährte sich von Anfang an das Faschingsprinzip von der „verkehrten Welt“: Anders als in der Revolution von 1848 gingen gestern nicht die Bürger auf die Barrikaden. Im Gegenteil - die kostümierten Rathausmitarbeiter hatten sich unter den Arkaden verbarrikadiert. Und obwohl sie aus vollen Rohren schossen, ging von ihrer Gegenwehr keine Gefahr aus, denn sie waren lediglich mit Konfettikanonen bewaffnet.

Eine Verletzte gab es dann aber doch noch zu beklagen: als Angelika Matt-Heidecker zur „Strafe“ dafür, dass sie bei der jüngsten Sportlerehrung nicht gewusst hatte, dass in Kirchheim die Sportart des Steinestoßens ausgeübt wird, selbst einen Stein durch die Fußgängerzone stoßen sollte. In der dichtgedrängten Menge traf der Stein unglücklicherweise eine Zuschauerin seitlich im Gesicht. Verwaltung und Kloster-Deifel kümmerten sich gemeinsam um das Opfer der sportlichen Betätigung und bestellten vorsorglich auch gleich noch einen Rettungswagen.

Diese Übung hätte also leicht ins Auge gehen können. Ein Dorn im Auge war es dem Zunftmeister der Kloster-Deifel, Holger Böhm, dass sich „die Geli“ als Zauberin so schlecht vorbereitet hatte und Goethes „Zauberlehrling“ nicht rezitieren konnte. Sehr viel mehr konnte er der Rathauschefin nach deren symbolischer Entmachtung aber gar nicht vorwerfen.

Bei der TÜV-Prüfung für die mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung sei die Stadt ja immerhin durchgekommen - wobei sich Zunftmeister und Oberzaubermeisterin nachträglich auf die Gesamtnote „eins bis zwei“ einigten. Für das Chaos bei den Buslinien in Richtung Weilheim und Neidlingen übernahm „Geli“ keine Verantwortung - und begründete das auch so, wie es sich für eine Behördenchefin gehört: „Dafür bin ich gar nicht zuständig.“ Auch dass die neuen Busse nicht mit den Kirchheimer Ampeln in Kontakt treten können, liege an den Bussen, nicht aber an den städtischen Ampeln.

Auch für den zusätzlichen Umweg bei der baustellenbedingten Umleitung für Radfahrer zwischen Kirchheim und Nabern könne die Stadtverwaltung nichts: „Da hat die Bahn die Brückenlänge falsch berechnet. Aber in vier Wochen kommt die neue Brücke, dann ist das erledigt.“ Lediglich bei einem Anklagepunkt gab es nichts zu rütteln: Die Verwaltung wollte ernsthaft Parkgebühren für den Ziegelwasen erheben. Aber das hat der Gemeinderat gerade noch verhindert. An dieser Stelle forderte der Zunftmeister gar einen Sonder­applaus für die Gemeinderäte ein.

Auch für ihre abschließende Leistung beim Bogenschießen war „die Geli“ zu loben: Durch ihre drei Treffer - trotz heftigen Seitenwinds - konnte sie dreimal Süßigkeiten aus dem Rathaus regnen lassen. Und verletzt wurde auch niemand. Im Sinne der Einwohnerschaft kaufte sie danach noch ganz Kirchheim frei von den drakonischen Gesetzen, die Holger Böhm verkündet hatte. Somit bleibt die Ordnung trotz Übergabe des Rathausschlüssels gewahrt - und die Stadt kann sich jetzt schon auf den nächsten Fasching freuen: Zur Feier ihres 22-jährigen Bestehens wollen die Kloster-Deifel am 3. Februar 2018 erstmals einen Umzug in Kirchheim veranstalten.

Kirchheims Oberbürgermeisterin betätigt sich als Zauberin und Steinstoßerin.Fotos: Carsten Riedl
Kirchheims Oberbürgermeisterin betätigt sich als Zauberin und Steinstoßerin.Fotos: Carsten Riedl
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