Kirchheim

Deutsch-deutsche Orgelschätze

Studienfahrt Der Förderverein Kirchenmusik aus Kirchheim fährt in die Hochrhön und nach Thüringen. Dort besichtigt er Kirchenorgeln, Kirchen und die alte Kulturlandschaft im ehemaligen Grenzgebiet.

Die Barockorgel im thüringischen Henfstädt wurde nach der Wende restauriert und blieb so weitgehend original erhalten. Foto: pr
Die Barockorgel im thüringischen Henfstädt wurde nach der Wende restauriert und blieb so weitgehend original erhalten. Foto: pr

Als jährlichen Höhepunkt für Orgelliebhaber führt der Verein Studienfahrten durch, um in anderen Regionen wertvolle und hörenswerte Instrumente kennenzulernen.

Das Reiseziel war in diesem Jahr Ostheim vor der Rhön, als Zentrum und Standort der Reise. Dort gab es nicht die monströsen und großartigen Domorgeln, sondern kostbare unbekannte Schätze in Kleinstädten und Dorfkirchen zu bewundern. Bezirkskantor Ralf Sach brachte souverän und virtuos den besonderen Charakter, die Register und Klangfarben jeder Orgel zu Gehör.

Die Rhön, dieses ehemalige innerdeutsche Grenzgebiet zwischen Bayern und Thüringen, war für die Reisenden auch in Hinsicht auf die deutsche Nachkriegsgeschichte ein besonderes Erlebnis: Unübersehbar noch heute die Spuren des Eisernen Vorhangs, Patrouillenstraßen im Wald, einzelne Wachtürme und vor allem die weite, kaum besiedelte Landschaft des früheren Zonenrandgebiets.

Es gab eindrucksvolle Begegnungen mit engagierten Persönlichkeiten, die unglaublich viel Energie und Zeit investiert haben, um Kirchen und Orgeln vor dem Verfall zu retten.

Schon auf der Hinfahrt stellte der Dorforganist der kleinen bayerischen Gemeinde Rittershausen eine neue Steinmeyer-Orgel vor. Der 82-jährige ehemalige Landwirt erzählte auf unnachahmliche Weise seinen mühsamen Weg, als 43-Jähriger das Orgelspiel zu erlernen – „Es war schwerer als ich dachte“ – und schilderte seinen Kampf mit der Kirchenleitung um eine „brausende Orgel“.

In Ostheim befindet sich ein neues Orgelbaumuseum in historischen Räumen des Schlosses. Der Ort, historisch ein Spielball zwischen wechselnden Herrschaften, evangelische Enklave in katholischer Umgebung, kam nach dem Zweiten Weltkrieg als Tauschobjekt von Thüringen zu Bayern. Zent­rum der Befestigungsanlage ist die Stadtkirche Sankt Michael mit der imposanten Döring-Orgel aus dem 18. Jahrhundert, renoviert von der Firma Hoffmann. Besonders amüsant im Orgelprospekt ist der Engel, der beim entsprechenden Register seine Trompete ansetzt und „mitbläst“.

Im Kloster Kreuzberg spielte Ralf Sach die Orgel, und der spontane Reisechor bereicherte den Gottesdienst. Anschließend gab der junge Ostheimer Orgelbaumeister Hey an seiner 2005 erbauten Orgel einen interessanten Einblick in den heutigen Orgelbau.

In Geba, einem winzigen Dorf mit 50 Einwohnern, steht ein bemerkenswertes achteckiges Kirchlein am Wanderweg, das ein wunderbares Kleinod birgt: eine fein restaurierte Johann-Caspar-Rommel-Orgel aus dem späten 18. Jahrhundert. Die Hälfte der acht Register sind Flöten. Flötenregister sind übrigens eine auffällige Besonderheit des thüringischen Orgelbaus. Im kleinen Helmershausen steht dagegen die gewaltige Dorfkirche „Dom der Rhön“, deren reich bemalter Innenraum den Eindruck erweckt, als stünde man in einem Opernhaus mit drei Rängen. Die Orgel von Johann Michael Voit, ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert, wurde vom quirligen Meininger Bezirkskantor meisterlich präsentiert.

Ein eindrucksvolles personifiziertes Beispiel deutscher Nachkriegsgeschichte bescherte die Begegnung mit einem Kirchenältesten in Henfstädt im Werratal. In jahrzehntelanger, äußerst mühevoller ehrenamtlicher Arbeit bewahrte er zusammen mit Freunden und Verwandten die sehenswerte Dorfkirche vor dem restlosen Verfall und engagierte sich nach der Wende für die sorgsame Restaurierung der wunderbaren Barockorgel von Johann Valentin Nößler, deren größter Teil im Original erhalten werden konnte.

Ein würdiger Abschluss der Reise war der Besuch der Sankt Kilianskirche in Bedheim mit der weltberühmten Doppelorgel. Die Hauptorgel im Westen ist mit einer Schwalbennestorgel über dem östlichen Chorbogen durch eine mechanische Trakturführung auf dem Dachboden über die ganze Länge des Kirchenschiffes verbunden. Eine einzigartige technische Meisterleistung aus dem 18. Jahrhundert. Ralf Sachs gewaltiges Orgelspiel bescherte im Kirchenschiff ein fulminantes Stereoerlebnis.pm