Kirchheim

Geplant ist ein „ehrlicher Holzbau“

Das Kirchheimer Waldhorn lässt sich nicht mehr sanieren und weicht einem neuen Gebäude

Das Waldhorn ist zwar nicht mehr zu retten, soll aber trotzdem erhalten bleiben. Das ist das Ergebnis einer Besichtigung durch den Gestaltungsbeirat.

Kirchheim. Groß war das Interesse an der öffentlichen Sitzung des Gestaltungsbeirats samt Ortstermin. Das Interesse der Bürgerschaft für das Waldhorn floss auch in die Bewertung der externen Experten mit ein. Die Beiratsvorsitzende, Sophie Wolfrum, Ordinaria für Städtebau und Regionalplanung an der Technischen Universität München, stellte fest: „Das Haus wird geliebt und erfährt viel emotionale Zuwendung.“ Zugleich aber sprach sie vom „desaströsen Zustand“ des Gebäudes.

Um beides zu vereinen – einerseits den emotionalen Wunsch, das Ensemble am westlichen Marktplatz zu bewahren, und andererseits die rationale Einsicht, dass sich das Gebäude im jetzigen Zustand nicht erhalten lässt – befürworten Beiratsmitglieder, interessierte Bürger und auch der Eigentümer folgenden Kompromiss: Das baufällige Haus soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Dieser Neubau ist aber kein dreigeschossiger Glaskasten oder Betonbunker, sondern ein neuwertiges Fachwerkhaus, das in Kontur und Ausgestaltung dem historischen Gebäude ziemlich nahe kommt.

Dass bei dem alten Gebäude, dessen ältester Kern 317 Jahre alt ist, keine Sanierung mehr in Betracht kommt, war bei der Besichtigung für alle Beteiligten augenfällig. Robert Ruthenberg fasste das Ergebnis seiner Bemühungen als Eigentümer trotzdem noch einmal zusammen: „Ich hatte vier oder fünf Statiker hier im Haus. Aber einer nach dem anderen hat gesagt, dass es nicht zu retten ist.“ Je mehr Bausubstanz freigelegt worden war, desto eindeutiger habe sich diese Erkenntnis ergeben.

Fundamente sind kaum bis gar nicht vorhanden. Pfosten und Balken hängen in der Luft oder sind verfault. Das Haus hat sich einseitig geneigt. Die Querbalken sind durchgebogen und werden schon seit Jahrzehnten durch überdimensionale Keile gestützt. Und sollte das alles nicht genügen, um vom wirklich miserablen Zustand des Gebäudes überzeugt zu sein, dann setzt Robert Ruthenberg noch eins drauf: „Das Holz an der Wetterseite lässt sich mit dem Finger durchdrücken.“ Umbauten vor 50 bis 70 Jahren haben die Lebensdauer des Gebäudes zwar bis heute verlängert, ihm aber aus heutiger Sicht „den Rest gegeben“, meint der Eigentümer.

Das alles sagt er aber nicht, um einen Abbruch zu rechtfertigen, der ihm gelegen kommen würde, im Gegenteil: „Ich habe größtes Interesse daran, dass das Haus stehen bleibt. Ich will es eigentlich retten.“ Da dies aber offensichtlich nicht möglich ist und da ihm selbst die Denkmalschutzbehörde mündlich versichert habe, dass in diesem Zustand kein Denkmalschutz mehr gegeben sein könne, hat auch er sich bereits mit dem Gedanken an einen Neubau angefreundet. Wichtig ist ihm dabei aber eines: „Ein großer Glaskasten passt da gar nicht hin.“ Er tendiert deshalb zu einem „ehrlichen Holzbau“. Was ihm völlig widerstrebt, ist das, was er als „China“ bezeichnet: eine neue Betonhülle, die dann eine Fachwerkfassade als bloße Kulisse vorgeschoben bekäme.

Damit konnten sich alle Anwesenden abfinden: Architekten und Stadtplaner ebenso wie die historisch interessierten Bürger oder Vertreter des Verschönerungsvereins. Stellvertretend seien zwei Meinungen genannt. Peter Bodo Schöllkopf, Architekt und Stadtrat, sagte: „Ich bin kein Freund vom Erhalten einer Hülle, finde in diesem Fall die Idee aber gut, das Haus als Neubau historisierend wiederherzustellen. Das wäre für mich persönlich die richtige Lösung.“

Günther Erb stellte als Vertreter der Bürgerschaft fest: „Uns ist es wichtig, das Stadtbild zu erhalten – auch im Blick auf das ehemalige Spitalviertel.“ Deshalb sollte selbst ein Neubau auf jeden Fall die alte Form des Waldhorns bewahren. Letzteres hatte seitens des Gestaltungsbeirats bereits der emeritierte Professor Hans Klumpp angeregt: „Die Kontur ist wichtig. Der Giebel des Hotels schiebt sich über das kleine Haus drüber. Das sollte auch bei einem Neubau erhalten bleiben.“

Wie es nun tatsächlich weitergeht, wird sich zeigen. Zunächst einmal dürfte die Stadt abwarten, bis eine schriftliche Aussage des Denkmalamts vorliegt. Sollte danach dem Abbruch offiziell nichts mehr im Wege stehen, könnte es also zum Neubau eines Fachwerkhauses kommen. Der Gestaltungsbeirat wird dem Gemeinderat diese Vorgehensweise empfehlen. Einen eigenen Beschluss kann der Beirat dazu allerdings nicht fassen. Er ist lediglich ein fachlich beratendes Gremium.

Info

Zwar nicht aus Sicht des Denkmalamts, aber aus Sicht eines Holzbauexperten stellte Stadtrat Andreas Banzhaf fest: „Vom Dachstuhl ist kaum mehr etwas im Originalzustand vorhanden – weder Sparren noch Balken. Das ist vielleicht 70 Jahre alt.“ Beim Denkmalschutz würde er sich fragen, worauf dieser sich überhaupt beziehen könnte: „Da ist so viel verbastelt, dass sich nicht mehr viel an schützenswertem Denkmal finden lässt.“