Kirchheim

Hamstern für den Katastrophenfall

Versorgung Opfer einer Katastrophe zu werden, ist für viele Menschen in der Teckregion undenkbar. Trotzdem raten Experten in Kirchheim und Dettingen, Vorräte für Notzeiten anzulegen. Von Daniela Haußmann

So sah es im Juni 2018 in Kirchheim nach einem Starkregenguss aus. Archivfoto: Christian Schlienz

Alles, was der Mensch zum Leben braucht, findet er normalerweise im Laden um die Ecke. Frische Nahrungsmittel sind eigentlich ständig verfügbar. Das Trinkwasser kommt so selbstverständlich aus dem Wasserhahn wie der Strom aus der Steckdose. Aber es gibt Situationen, in denen der Zugang zu den wichtigsten Gütern des täglichen Lebens, beeinträchtigt oder ganz unterbrochen ist. Denn laut Bundesumweltamt steigt mit Klimawandel, Energiewende und Digitalisierung die Gefahr eines mehrtägigen, flächendeckenden Stromausfalls.

Aber auch Starkregen, Hochwasser, Wald- oder Hausbrände können laut dem Bundesamt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) zu Notlagen führen. Die Behörde em­pfiehlt deshalb jedem Bürger, sich auf Notsituationen vorzubereiten, die bis zu zehn Tage andauern können. Ein Rat, den Steffen Forcher ernst nimmt. Der Zugtruppführer des Kirchheimer Ortsverbandes des Technischen Hilfswerkes (THW) hat einen Essensvorrat für zehn Tage angelegt, der ohne Kühlung auskommt: „Bei der Planung ist von einem täglichen Gesamtenergiebedarf von etwa 2 200 Kilokalorien pro Person auszugehen.“

Konkret heißt das, dass bei einem Zehn-Tage-Vorrat pro Person beispielsweise 2,5 Kilo Obst und Nüsse und 3,5 Kilo Getreide, Brot, Nudeln, Kartoffeln und Reis einzukalkulieren sind, wie Dr. Andreas Baumann unter Berufung auf das BBK mitteilt. Der THW-Ortsbeauftragte betont aber auch, dass Kleinkinder und Kranke einen besonderen Bedarf haben: „Hier sollte man sich bei der Notvorsorge von Fachleuten beraten lassen.“ Nicht vergessen werden sollte, dass der Mensch ohne Wasser nur vier Tage überleben kann. Rund 14 Liter Flüssigkeit sollten pro Person und Woche nach BBK-Angabe vorrätig sein. Jürgen Holder, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Dettingen, hat aber die Erfahrung gemacht, dass es gut ist, den Mineralwasserkauf zu planen, „weil der Handel pro Einkauf und Haushalt nur zehn Kisten abgeben darf“.

Fällt die Wasserversorgung länger aus, empfiehlt Steffen Forcher Wasser in allen verfügbaren Gefäßen zu sammeln. Denn Sauberkeit ist für Hygiene und Gesundheit wichtig. Mit Entkeimungstabletten lässt sich Wasser auch länger haltbar machen, wie der Experte betont. Daneben sind Feuchttücher, Desinfektionsmittel und eine Campingtoilette hilfreich. Außerdem rät Jürgen Holder bei der Vorratshaltung stets das Haltbarkeitsdatum zu prüfen: „Neu gekaufte Vorräte gehören nach hinten ins Regal. Ältere Lebensmittel werden zuerst aufgebraucht.“ Die lassen sich ihm zufolge mit einem Campingkocher, Grill oder einer offenen Feuerstelle auch ohne Strom zubereiten. Ein Vorrat aus Gasflaschen, Kohle, Holz oder Anzündmaterial ist daher unabdingbar.

Im Notfall nur ein Zimmer heizen

Eine Hausapotheke, die neben Verbandsmaterial beispielsweise Schmerz-, Wund- oder Erkältungsmittel enthalten sollte, zählt für Andreas Baumann ebenso zur eisernen Reserve, wie persönliche Medikamente, die unverzichtbar sind. Bei kühlungsbedürftiger Arznei rät er mit Fachleuten über Alternativen zu sprechen oder nach Kühlungsoptionen in Notzeiten zu suchen. Kommt es im Winter zum längeren Blackout, sind jene mit Holzheizmöglichkeiten im Vorteil. Steffen Forcher will im Notfall nur ein Zimmer mit einem Notstromgenerator und einem Heizlüfter beheizen.

Laut Andreas Baumann lässt sich ein Haus schon mit einem 3000 bis 5000 Euro teuren Aggregaten über eine spezielle Einspeisevorrichtung elektrifizieren. Trotzdem sind für ihn Decken und Wärmflaschen unentbehrlich, weil jeder Kraftstoffvorrat begrenzt ist. Wer sein Haus schnell verlassen muss, ist über Notgepäck froh. Jeder in Steffen Forchers Familie hat daher einen Rucksack mit Kleidung, Hygieneartikeln und wichtigen Dokumenten, wie etwa dem Pass.

Im Katastrophenfall sind Informationen und Warnmeldungen lebenswichtig. Mitunter funktioniert nur das Radio, weil Internet, Fernsehen und Smartphone ohne Strom nicht oder eingeschränkt nutzbar sind. Forcher rät daher zum Kurbel- oder Batterie-Radio mit Reservebatterien. Die Beispiele zeigen, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema Sinn macht. Denn laut Jürgen Holder hätte bis vor einigen Jahren auch niemand gedacht, dass es im Lenninger Tal jemals zu einem Hochwasser kommen könnte. Die Natur hat viele eines Besseren belehrt.

Vorrat für den Notfall
Andreas Baumann (links) und Steffen Forcher vom THW zeigen
ein Beispiel für einen Notvorrat. Foto: Daniela Hausmann