Die Sonne strahlt vom Himmel, die Temperaturen liegen bei angenehmen 25 Grad und die Fußgängerzone in Kirchheim ist ordentlich besucht. Die meisten Menschen haben es an diesem Nachmittag nicht besonders eilig, schlendern mit Kind und Kegel gemütlich die Straße entlang, kaufen ein oder setzen sich mit Freunden irgendwo hin, um entspannt ein Eis zu schlecken. Nicht minder relaxt zeigt sich Sabine Fleischmann vor ihrer Staffelei direkt vor dem Schaufenster bei „Wall am Markt“. Die Künstlerin aus Holzmaden malt heute zum ersten Mal vor Publikum, quasi live, in Öl und Farbe. Drei Tage, insgesamt sind es 18 Stunden, die sie für ihr großformatiges Landschaftsbild mit Blick auf die Burg Teck anberaumt hat.
Unter freiem Himmel und vor Zuschauern zu arbeiten, das sei für sie eine Premiere, verrät die kreative Schwäbin, die aufgrund eines heimtückischen Wespenangriffs ihren Standort zwischendurch um einige Meter verlagern musste. Während sie einem grünen Feld noch mehr Tiefe verleiht, hält sie in der linken Hand einen Pappteller, auf dem sich kleine Kleckse unterschiedlicher Ölfarben befinden. „Verdünnt mit speziellen Malmitteln, verleihen die feinen und zarten Lasurschichten dem Bild mehr Räumlichkeit und Tiefe“, klärt die Expertin auf, die großen Wert auf hohe Pigmentsättigung legt.
Neben der schwäbischen „Maler-Palette“ sticht außerdem noch eine Fotografie ins Auge. Just an ihrem Geburtstag habe sie auf der Limburg eine sogenannte Vedute erstellt. So nennt man eine wirklichkeitsgetreue Darstellung einer Landschaft oder eines Stadtbildes, erklärt Sabine Fleischmann einem unwissenden Zuschauer. Und vom Hausberg der Stadt Weilheim habe man eben diesen aussagekräftigen Blick, von daher sei dies eine perfekte Vorlage für ihr Landschaftsbild.
Mit Brezel und Zitronensprudel
Doch es sind zumindest an Tag eins nur wenige Menschen, die einen Blick für die Frau vor der Staffelei übrig haben. Multitasking? Nicht bei all denjenigen, die beim Vorbeigehen aufs Handy gucken. Aber es gibt sie noch, die stillen Beobachter. Menschen, die erst einmal ausloten, was Sache ist, das Geschehen im gebührenden Abstand im Visier haben und keinesfalls stören wollen. „Wenn die Frau malt, kann sie doch nicht nebenher noch mit mir schwätzen“, nennt eine ältere Dame in breitem Schwäbisch den Grund, warum sie nicht näher ans Geschehen möchte. Bevor sie mit ihrem rollenden Einkaufswagen weiterzieht, lobt sie die Künstlerin aber trotzdem noch für ihr Werk.
Dabei ist Sabine Fleischmann durchaus offen für Fragen, Gespräche und Austausch. Und das, obwohl sie heute keinen starken Schwarztee mit Zucker dabeihat oder den Pinsel zu Jazz-Musik oder Dixieland schwingt - alles Helferlein, die sie ansonsten in ihrem Atelier puschen. Ihr heutiges Pausenvesper: Eine blanke Brezel vom Ehegatten und Zitronensprudel.
Doch dann ist plötzlich was los. Ohne vorherige Absprache treffen einige ihrer Malschüler ein, von denen einige zufällig aus dem Nachbarkreis kommen. Seit etwa einem Jahr profitiert Ute Blessing von Sabine Fleischmann. „Sie hat ein fundiertes Wissen und kann das sehr gut rüberbringen“, verrät die Hobbymalerin aus Sparwiesen, die sich gerade der Herausforderung stellt, Mohnblumen auf die Leinwand zu bringen. „Ich bin nur wegen Sabine gekommen“, berichtet Erika Frank, die aus Dürnau hergeradelt ist und ebenfalls das Malen für sich entdeckt hat. Als noch Doris von Wlassaty und Sigrun Krack aus Kirchheim dazustoßen, wird die Runde erst so richtig lebhaft.