Serie Familienleben

Miteinander reden ist gut für die Familie

Miteinander Gemeinsame Unternehmungen bringen Schwung und Gesprächsstoff in die Familie. Wie sieht ein gelungenes Event mit Kindern aus? Von Irene Strifler

Eine Wanderung empfinden Kinder dann als spannend, wenn‘s was Besonderes gibt. Hier am Sinnespfad in Boll muss eine Holzbrücke ü
Foto: Heike Siegemund

Mit sieben eigenen Kindern ist die Trainerin für gewaltfreie Kommunikation Uta Johanna Walle sicherlich eine Frau der Praxis in Sachen Familienleben. Der Teckbote hat sich bei ihr erkundigt, wie eine gelungene Familienunternehmung aussehen könnte, wie viel „ac­tion“ man Kindern überhaupt zumuten kann und wie wichtig die Zufriedenheit der Eltern dabei ist.

Gibt es das Patentrezept für gelungene Familienunternehmungen?

Uta Johanna Walle: Hahaha! Danach habe ich selbst jahrelang gesucht - aber letztlich doch erfolglos. Sicher ist aber, dass die Qualität der Aktionen in der Freizeit davon abhängt, wie die Beziehungen und die innere Haltung innerhalb der Familie sind. Dabei spielen Wertschätzung und Achtsamkeit für mich eine wichtige Rolle. Das zeigte sich bei uns dann besonders, als die Kinder älter wurden und damit automatisch auch die gemeinsame Zeit weniger wurde. Man muss da schon schauen: Wie und wo finden wir etwas als Familie für uns? Das kann zum Beispiel gemeinsames Kochen mit anschließendem Essen am Samstag sein, gern auch mit Aufgabenteilung im Vorfeld, je nach Größe der Kinder.

Wie schwierig ist es überhaupt, Kinder vom Familienprogramm zu überzeugen?

Walle: Wenn man als Mutter oder Vater davon überzeugt ist, eine Wanderung könnte eine tolle Sache werden, lohnt es sich auch mal, den „Kampf“ mit den Kindern aufzunehmen. Fast immer sagen sie nämlich hinterher: Das war toll! Aber vorher haben sie keine Lust dazu. Es ist ganz oft so, dass sich die Begeisterung erst im Laufe der Zeit einstellt und man die Kinder mitunter „zu ihrem Glück zwingen“ muss, wie man so schön sagt. Oft ist es auch hilfreich, einfach noch einen Freund mitzunehmen oder einen Ausflug gemeinsam mit einer anderen Familie zu planen.

Die Vision vom glücklichen Familienausflug ist also oft Wunschdenken Erwachsener? Darf auch einfach mal Chillen (Nichtstun) sein?

Ja, denn man kann die gewünschte gute Stimmung nun mal nicht erzwingen. Man entwickelt als Mutter oder Vater ja auch schnell ein Gespür für das jeweilige Kind. Man weiß also, wer nur einen kleinen Motivationsschub braucht und dann mit Feuereifer dabei ist und wer den ganzen Tag bruddeln wird und damit den anderen auch noch die Laune verdirbt. Den lässt man dann ruhig zu Hause, denn keine Lust darf auch mal sein, und auch die Freiwilligkeit der Kinder muss wertgeschätzt werden.

Vor allem die Eltern, respektive die Mütter, wollen‘s allen recht machen: Die Kinder sollen glücklich sein, am besten auch Oma und Opa. Wie viel Egoismus darf oder sollte sein?

Definitiv ist es nicht möglich, dass alle immer glücklich sind. Bei vielen Müttern hat das Glück der anderen immer oberste Prio. Aber: Jede(r) darf auch nach sich selbst schauen! Man kann sich zum Beispiel mal gezielt eine Unternehmung wünschen, die anderen müssen dann durchaus zurückstecken, um diesen Einzelwunsch zu erfüllen. Hier habe ich die Erfahrung gemacht: Weniger ist mehr. Wir haben beispielsweise oft für den Samstag eine „Spielesession“ geplant, da hat jeder seine Spielewünsche eingebracht, und man hat sich mal nach dem und mal nach jenem gerichtet. Auch aus Anlässen, nach denen den Kindern weniger der Sinn steht, lässt sich durchaus was machen, zum Beispiel, wenn man im Rahmen eines Spaziergangs irgendwo Würstchen grillt. Kleine Attraktionen können große Qualität entfalten.

Welche Auswirkungen hat ein intensives Familienleben auf den späteren Erwachsenen?

Die Kinder nehmen enorm viel ganz so nebenbei fürs Leben mit bei gemeinsamen Unternehmungen: Man lernt, was man sieht, der Kleinere profitiert vom Größeren, alle miteinander lernen zu teilen, sich zurückzunehmen, auch mit schmerzhaften Dingen umzugehen, indem sie beispielsweise auf etwas verzichten müssen oder beim Spielen verlieren. Gemeinsame Erlebnisse bescheren eine gemeinsame Vergangenheit, von der man in späteren Jahren zehren kann. Schön ist es, wenn besondere Events und Hobbys mit einzelnen Personen verknüpft sind. Ein Beispiel: Wenn die Oma gern Gesellschaftsspiele macht, bedeutet ein Oma-Besuch eben Spielen, warum nicht? Und es kann durchaus sein, dass Oma später der Studenten-WG vom Enkel einen Besuch zum Spielenachmittag abstattet oder noch später vom Enkel regelmäßig auf eine Runde Mühle besucht wird. Generell tut es einer Familie immer gut, wenn viel miteinander geredet wird. Ums Reden geht es eigentlich immer. Und wenn man zusammen etwas unternimmt, hat man Gesprächsstoff, aber auch Zeit zum Reden. Dabei ist weniger wichtig, was wir machen, sondern dass wir etwas zusammen machen.

Welche Unternehmung im Familienkreis war für Sie persönlich die schönste überhaupt?

Eigentlich immer diejenigen Unternehmungen, die aus Zufällen erwachsen sind. Zum Beispiel haben wir mal ganz spontan an einem warmen Sommerabend ein Lagerfeuer in einer alten Waschmaschinentrommel im Garten gemacht. Die Nachbarskinder kamen dazu, und wir saßen bis spät in die Nacht in großer Runde zusammen. Das war richtig schön, und alle erinnern sich heute noch gern an diesen Abend. „Verbindung erleben“ ist ein ganz wichtiges menschliches Bedürfnis - und das geht nie besser als durch gemeinsame Unternehmungen.

Zur Person Uta Johanna Walle hat sieben Kinder im Alter von 17 bis 28 Jahren. Sie ist GfK-Trainerin, unterrichtet also gewaltfreie Kommunikation und arbeitet hauptsächlich mit Erwachsenen, vor allem mit Menschen, die beruflich mit Kindern zu tun haben, aber auch mit Kindern direkt. Außerdem ist sie Übungsleiterin für progressive Muskelentspannung. Nach der Schule absolvierte sie zunächst eine Bauzeichnerlehre, widmete sich dann aber 16 Jahre lang der Familie und engagierte sich ehrenamtlich. Sie lebt in Zell unter Aichelberg.

Eine Wanderung empfinden Kinder dann als spannend, wenn‘s was Besonderes gibt. Hier am Sinnespfad in Boll muss eine Holzbrücke ü
Eine Wanderung empfinden Kinder dann als spannend, wenn‘s was Besonderes gibt. Hier am Sinnespfad in Boll muss eine Holzbrücke überquert werden. Fotos: Steffen Maier

Anregungen für gemeinsame Unternehmungen

Ferien und Wochenenden verlocken zu Unternehmungen. Außerdem sollen und wollen Kinder beschäftigt werden. Oft ist guter Rat teuer: Was tun? Eine kleine Teckboten-Serie bietet Ideen in den kommenden Wochen in lockerer Folge.

Kinder bis 14 und ihre Eltern, Großeltern oder andere Kontaktpersonen sind die Zielgruppe unserer Serie. Der kleine Spaziergang kann hier ganz groß rauskommen, wenn dabei zum Beispiel ein Burgturm erklommen werden kann.

Raus in die Natur zieht‘s im Sommer natürlich alle, doch auch für den gemütlichen verregneten Abend in den eigenen vier Wänden haben wir Einfälle parat. Wichtig ist, dass alle Spaß haben - auch die Großen!ist