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Der Rädchensporn ist der Top-Fund

Grabungen Jörg Bofinger stellte die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen unterhalb des Dettinger Guckenrains vor. Von der Steinzeit bis ins Mittelalter finden sich hier menschliche Spuren. Von Iris Häfner

Ein interessantes Landschaftsbild hat sich dank der archäologischen Grabungen bei Dettingen ergeben. Foto: Carsten Riedl
Ein interessantes Landschaftsbild hat sich dank der archäologischen Grabungen bei Dettingen ergeben. Foto: Carsten Riedl

Diese Grabung ließ sich nicht verheimlichen. Großflächig war im Herbst eine Hügellandschaft unterhalb des Dettinger Guckenrains entstanden. Weil die „Unteren Wiesen“ Bauland werden sollen, sondierten die Archäologen vorab die Lage, denn bei der Fläche handelt es sich um das archäologische Denkmal „neolithische, metallzeitliche und römische Siedlung“. Das Ergebnis stellte Dr.  Jörg Bofinger vom Landesamt für Denkmalpflege dem Gemeinderat vor.

„Von der Steinzeit bis ins frühe Mittelalter sind wir auf Besiedelungsspuren gestoßen“, berichtete Jörg Bofinger. Komplettes Neuland haben er und seine Helfer nicht betreten, denn in der Vergangenheit gab es oberirdisch immer wieder Lesefunde, die kartiert worden sind.

Lange Baggerschnitte in entsprechenden Abständen waren der Auftakt der Grabung. Anhand dunkler Verfärbungen im Boden erkennen die Archäologen Spuren menschlicher Siedlungen wie Pfostengruben oder Gräben. „In dem Kiesschotter ist es jedoch extrem schwierig, etwas zu erkennen. Die Ränder sind schwer zu umreißen“, ging Jörg Bofinger auf die Dettinger Verhältnisse ein. Drei Areale haben sich herauskristallisiert, in denen die Archäologen tätig werden müssen, sollte in den „Unteren Wiesen“ tatsächlich gebaut werden. Insgesamt ist das eine Fläche von knapp einem Hektar. „Drei Hektar sind weggefallen“, teilte der Archäologe mit. Im östlichen Teil wurden spätlatènezeitliche Grabenwerke aufgedeckt, in der Mitte Gruben und Gräben, die in die Vorgeschichte datiert werden. „Wir haben Reste von einem Hausgrundriss erwischt, möglicherweise eine Art Gehöft“, so Jörg Bofinger. Dank der Pfostengruben vermuten die Archäologen ein etwa elf Meter langes Gebäude. Außerdem sind sie eventuell auf eine Kochgrube gestoßen.

Interessierte Laien waren ganz offiziell mit Metallsonden unterwegs, damit ja kein noch so kleines Fundstück im Erdboden verschollen bleibt. „Ein besonderer Fund war ein mittelalterlicher Rädchensporn. Wir haben auch frühneuzeitliche Musketenkugeln gefunden“, so der Denkmalpfleger. Entdeckt wurde auch ein kleiner schwarzer Feuerstein, den Jörg Bofinger aus der Zeit von etwa 10 000 bis 6 000 vor Christus datiert. „So haben wir den Bogen gespannt vom Jäger und Sammler bis in die Neuzeit“, erklärte er. Das Fund-Spektrum reicht von Keramikfragmenten über Bronze- bis zu Eisenobjekten. „Die Massierung von Musketenkugeln ist auffällig. Das können Spuren einer wie auch immer gearteten Auseinandersetzung sein“, mutmaßt der Archäologe.

Die Ergebnisse der Grabung interpretierte Bürgermeister Rainer Haußmann auf seine Weise: „Baurechtlich ist das interessant. Seit einigen Tausend Jahren ist der Bereich eine Baulücke - das eröffnet neue Perspektiven für die Innenentwicklung“, stellte er launig fest. Das Interesse an diesem Tagesordnungspunkt war groß, nicht umsonst fand die Gemeinderatsitzung im Silchersaal der Schlossberghalle statt, denn das geplante Baugebiet und dessen Umsetzung sind nicht unumstritten. Am Ende könnte gar die Enteignung stehen. Sollten die „Unteren Wiesen“ Bauland werden, müssten sich alle Eigentümer an den Kosten für die archäologischen Untersuchungen in Höhe von 30 000 Euro beteiligen, die bei Nicht-Realisierung zulasten der Gemeindekasse gehen. Rund 20 Euro je Quadratmeter müssten die Eigentümer jedoch dafür berappen, wenn das Baugebiet realisiert wird. Hinzu kommen noch weitere Umlagen, beispielsweise für den Lärmschutz. „Das ist schon nicht wenig“, gab der Schultes zu.