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Die letzte Videothek macht dicht

Eine Ära geht zu Ende: Herbert Huber verleiht nur noch bis Ende Juli Videos und DVDs

Nach 30 Jahren macht Herbert Huber Ende Juli seine Videothek zu. Damit endet in Kirchheim die Zeit des Video- und DVD-Verleihs.

Herbert Huber scannt eine zurückgegebene DVD ein. Foto: Thomas Krytzner
Herbert Huber scannt eine zurückgegebene DVD ein. Foto: Thomas Krytzner

Kirchheim. Es ist in der heutigen Zeit nur noch ein kostspieliges Hobby, die Videothek zu betreiben, seufzt Herbert Huber. „Die Kunden unter 30 Jahren kommen nicht mehr in den Laden und die ältere – treue – Kundschaft stirbt uns weg.“ Schweren Herzens hat sich Huber nach einem weiteren schlechten Winter entschlossen, seinen Laden Ende Juli zu schließen. Spezielle Aktionen gibt es nicht, aber die ganzen DVDs und sogar noch VHS-Kassetten werden verkauft und teilweise verschenkt.

Sein erstes Geschäft eröffnete Herbert Huber 1983 in Reichenbach und 1986 dann am Gaiserplatz in Kirchheim. Aus dem ehemaligen Videofox entstand die Huber Videothek. 1989 kam ein zweites Geschäft an der Alleenstraße dazu. Waren früher die Begriffe VHS, Video2000 und BETA Anlass zu Diskussionen, welches das beste Videoformat sei, beschäftigen heute DVD oder Blue-ray den Kunden bei seiner Kaufentscheidung. Da zu Beginn nicht bekannt war, was sich durchsetzt, musste Huber die Filme immer in allen drei Formaten kaufen. Das war kostspielig. Die VHS-Kassette von „Rambo II“ kostete damals rund 350 Deutsche Mark.

Mit einem breit gefächerten Filmprogramm verschaffte sich Huber einen Vorteil. Neben der Kundschaft für die Straßenfeger konnte er mit anspruchsvollen Filmen eine Marktlücke füllen. Schwerpunkt war dabei das Ausleihen der Filme. Ganz am Anfang gab es keine Möglichkeit, die Filme zu verkaufen. Das Geschäft lief gut und in der Hochzeit betrieb Familie Huber insgesamt fünf Läden in Uhingen, Esslingen, Reichenbach und Kirchheim.

Quasi parallel zum Währungswechsel hielt die digitale Welt Einzug ins Videogeschäft und verdrängte die VHS relativ schnell vom Markt. „Allerdings“, schwärmt Huber, „VHS-Filme gibt es immer noch, vor allem im Erwachsenenbereich.“ Lange Zeit teilten sich DVD und Blue-ray-Filme die Plätze in der Videothek, kein System verdrängte das andere. Jedoch spürte Herbert Huber bereits vor acht Jahren, dass seine Branche nicht mit dem ewigen Forstbestand rechnen konnte. Das Internet und die Breitbandtechnologie läuteten langsam aber sicher das Ende des DVD-Verleihs ein.

Ein weiterer Schlag war die Raubkopiererei. Die Geduld der Kunden fehlt. Niemand will mehr drei oder vier Monate warten, bis ein Film nach Kinostart auf DVD ausgeliehen werden kann. Die heutigen Blockbuster sind diesem Tempo angepasst: Volle Action, schnelle Schnitte und realistische Computeranimationen locken heute die jungen Zuschauer ins Kino. Die anspruchsvollen Filme dagegen sind für Cineasten interessant, die den Kinobesuch noch intensiv ausleben; etwa mit einem Spaziergang vor dem Film durch die Stadt und einem Bar- oder Restaurantbesuch danach.

Eines steht fest: Die Kinobesucher der heutigen Zeit schauen sich den Film an, warten aber nicht mehr so lange, bis sie sich den Film ausleihen können. Da werde schon eher, wie es Huber ausdrückt, Internet und Bezahlfernsehen genutzt und die Videotheken haben das Nachsehen.

Der Ruf der Videotheken in Deutschland war von Anfang an ramponiert. Rund 20 Videofilme, da­runter der Horrorschocker „Maneater“, haben der Branche Schaden zugefügt. Die Menschen hätten sich, so erinnert sich Herbert Huber, durch ein paar wenige Filme abgestoßen gefühlt, und nicht zuletzt sorgten auch Erotikfilme für ein schmuddeliges Image. „Der Jugendschutz hat zwar sehr gut gegriffen, aber was nutzt es“, ärgert sich Huber, „wenn Filme, die erst ab 18 sind, fünf Wochen im Laden stehen, bevor sie indiziert sind und in die Erwachsenenabteilung verbannt werden.“ Da hätte der Gesetzgeber durch klare Regeln schon vor 20 Jahren für mehr Ruhe sorgen können.

Nun sind die Weichen für die Videothek gestellt: Der Ausverkauf läuft noch bis Ende Juli in diesem Jahr. Danach schließt Herbert Huber seine Videothek für immer und eine Institution aus dem Kirchheimer Stadtleben verschwindet in die Erinnerung – vielleicht sogar auf Video gebannt.