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Die Schullandschaft verändert sich

Kultusminister Andreas Stoch diskutiert im Stadtkino über die Bildungspolitik im Land

Viele waren es nicht, die sich im Kirchheimer Stadtkino zur Wahlkampfveranstaltung von Kultusminister Andreas Stoch mit Schwerpunkt Bildung einfanden. Stoch begrüßte diesen Umstand aber, „weil man dann besser mit den Leuten ins Gespräch kommen kann“. Sein „Gang durch die Schullandschaft“ wurde mit kritischen Fragen begleitet, fand aber auch viel Zustimmung.

Kultusminister Andreas Stoch ist Bildungspolitiker, hat Ahnung von Pädagogik, ist SPD-Genosse und Vater von vier Kindern.Foto: C
Kultusminister Andreas Stoch ist Bildungspolitiker, hat Ahnung von Pädagogik, ist SPD-Genosse und Vater von vier Kindern.Foto: Carsten Riedl

Kirchheim. „Wie begrüßt man einen Minischder?“, fragte sich der Stadtrat und Kirchheimer SPD-Landtags-Kandidat Andreas Kenner. Und verschmitzt ergänzte er: „Der Mo isch aus Heidenheim und er spricht au schwäbisch. Des find i toll. Ein Mensch wie du und ich. Bloß: er hat brudal viel Ahnung von Bildungspolitik.“

Was der Kultusminister mindestens genauso gut beherrscht, ist das Schlüpfen in unterschiedliche Rollen – die des Bildungspolitikers, des wissenschaftlich versierten Pädagogen, des SPD-Parteigenossen oder des um die Entwicklung seiner Kinder besorgten Vaters. Ob beabsichtigt oder nicht, gewann Stoch so die Sympathie vieler Zuhörer, was sich während seines freien Vortrags immer wieder durch bestätigendes Murmeln oder heftiges Kopfnicken im Saal äußerte.

Die Schullandschaft verändere sich, so Stoch. Hauptschulen haben seit Jahren weniger Zulauf. Das Leistungsniveau von Realschülern sei sehr heterogen. Und der Wegfall der verbindlichen Schulempfehlung habe zu einem immensen Schülerzuwachs an Gymnasien geführt. „Politisch wurde lange nicht darauf reagiert, und das halte ich für fahrlässig“, so der Kultusminister. Gleichzeitig zeigte er Verständnis für Eltern, die sich nichts anderes wünschen, als dass ihre Kinder später einmal auf eigenen Füßen stehen und daher die für ihre Bedürfnisse bestmögliche Ausbildung genießen sollen.

Es habe aber schon viele Verbesserungen gegeben, zum Beispiel der Betreuungsschlüssel in Kindertagesstätten oder der vermehrte Lehrereinsatz an Berufsschulen, mit dem die Ausfallquote innerhalb von zehn Jahren um fast zehn Prozent auf etwa 1,8 Prozent verringert werden konnte. Gleichzeitig gab der Minister – auch auf Nachfragen aus dem Publikum hin – zu, dass es in der Bildungspolitik noch viel Verbesserungspotenzial gebe. Ein größerer Einsatz von Sonderpädagogen für Inklusionsklassen zum Beispiel. Dazu gebe es schlichtweg zu wenig ausgebildete Fachkräfte, so Stoch. Mehr Lehrer für Leseklassen zur Unterstützung von Schülern mit Lese-Rechtschreib-Schwäche wünschte sich eine Frau aus dem Publikum. Dazu müssten knapp 38  Millionen Euro für rund 600 Lehrerstellen eingesetzt werden und zwar explizit im Förder-, nicht im Ergänzungsbereich. Ob dies so umgesetzt werden wird, blieb allerdings offen.

Für das Schuljahr 2016/17 kündigte der Kultusminister einen bilingualen Zug in der Kirchheimer Freihof-Realschule an. Bis 2018 sollen in ganz Baden-Württemberg pro Schuljahr acht neue Schulstandorte mit bilingualen Zügen eingerichtet werden, das heißt, dass Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 10 in mindestens zwei Sachfächern durchgehend in zwei Sprachen unterrichtet werden.

„Wenn ich später mal aufm Bänkle vorm Häusle sitz“, sagte Stoch am Ende, „was sicherlich noch einige Zeit dauern wird, dann möchte ich guten Gewissens sagen können, dass wir den Umständen entsprechend allen Anforderungen gerecht geworden sind.“ In diesem Zusammenhang würde er lieber über pädagogische Fragen diskutieren als über Strukturfragen, so Stoch, aber: „Wir riskieren die Qualität der Pädagogik, wenn es keine tragfähige Struktur gibt.“

Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker bat in ihrer kurzen Ansprache zu Beginn um mehr Unterstützung vom Land für die Unterkunft und Versorgung von Flüchtlingen – und insbesondere auch deren Integration in die Schulen. 41 Prozent des Kirchheimer Haushaltes gehe bereits in Bildung, so Matt-Heidecker, inklusive Kunst und Sport sogar 51 Prozent. 275 000 Euro investiere die Kommune allein in Gemeinschaftsschule und Ganztagsbetreuung. Stoch meinte dazu, dass Bildungspolitik immer das gesamte Land im Blick habe müsse, betonte aber, dass er für praktische Lösungen offen sei.

Andreas Stoch im Stadtkino, Vortrag zur Schulpolitik, SPD-Wahlkampfveranstaltung. Kultusminister links Foto Andreas Kennerrechts
Andreas Stoch im Stadtkino, Vortrag zur Schulpolitik, SPD-Wahlkampfveranstaltung. Kultusminister links Foto Andreas Kennerrechts Andreas Stoch