Kirchheim. „Wir sind heuer sehr früh mit Mosten dran“, sagt Herbert Bezler. Er betreibt zusammen mit seinen zwei Söhnen die familieneigene Mosterei in Jesingen. Am Anfang stand der Kauf einer Kelter, die er liebevoll „Trotte“ nennt. Mit ein paar Rädern wurde daraus im Handumdrehen eine Art „Mosterei to go“, und das vor mehr als einem Vierteljahrhundert.
Ein Jahr später entschied sich Herbert Bezler, eine Mosterei in Jesingen zu eröffnen. Weil es immer weniger Mostereien in der Umgebung gab, war der Andrang von Anfang an sehr groß. Mit dem Erwerb des Brennrechts einige Zeit später gewann die Mosterei Bezler immer mehr Kunden und erfreut sich seit 25 Jahren großer Beliebtheit in der Region rund um die Teck.
Ohne Zweifel: Das unangefochtene Lieblingsgetränk der Bauern war lange Zeit der Most. „Früher kamen Bauern mit bis zu zwei großen, voll beladenen Anhängern zum Mosten“, erinnert sich Herbert Bezler. Heute dagegen ist die Zahl der Mostliebhaber geschrumpft, und einige Mostereien im Umkreis mussten ihren Betrieb schließen.
Im Jahr 2010 entschieden sich Herbert Bezler und seine beiden Söhne dazu, zusätzlich zu ihrer Mosterei einen Verkaufsraum zu eröffnen. Dort findet man alles, was
Dieses Jahr sind manche Bäume voll und manche gar nicht
das Herz begehrt, wenn es um Most, Likör und Schnaps geht. 17 unterschiedliche Produkte aus der eigenen Mosterei und Brennerei bietet Herbert Bezler dort an.
Jedes Wochenende in der Keltersaison von Ende August bis November steht die Familie in ihrer Mosterei im Garten. Das Mostobst – häufig sind es Äpfel und Birnen, aber auch Quitten – durchläuft verschiedene Schritte in der Obstpresse, bis der Kunde das Endprodukt in den Händen hält.
Es wird gewaschen, gemahlen, in Lagen aufeinandergeschichtet und zum Schluss gepresst. Vorteil der Packpresse bei den Bezlers: Obst setzt sich nur geringfügig ab, und der Most ist nicht trüb. Das aromatische Getränk wird danach in Fässer gefüllt. „Oft bringen unsere Kunden eigene Behälter mit. Doch gerne leihen wir ihnen auch Fässer und Schläuche“, ergänzt einer der Bezler-Söhne.
Auch über das moderne Bag-in-Box-Verfahren haben sich die Bezlers schon Gedanken gemacht. Es handelt sich hierbei um eine Technik der Doppelverpackung, bei der der gewonnene Saft in Plastiktüten gefüllt wird und dieser dann wiederum in wiederverwertbare Kartons. Das Verfahren bedeutet aber auch mehr Arbeitsaufwand für die drei Bezler-Männer und bleibt somit vorerst nur eine Idee.
Speziell die Gelbmöstlerbirne gehört zu dem Mostobst, das jetzt schon reif ist. „Dieses Jahr sind manche Bäume voll und manche gar nicht“, hat Herbert Bezler beobachtet. Er vermutet, dass die Schuld an dem unregelmäßigen Ertrag der Streuobstbäume die Hitzewelle ist und die mit ihr verbundene Trockenheit.
Durch die vielen Sonnenstunden in den vergangenen Monaten ist das Obst vom Reifegrad genau so süß und qualitativ gut wie am Ende der Keltersaison. Klar ist jedoch, dass die Menge an Streuobst nicht gleichauf liegen wird mit der vorhergehenden „Jahrhundert-Ernte“.
Die Preise für das Mostobst sind dieses Jahr höher. Dank der großen Massen an Äpfeln, Birnen und Co im vorherigen Jahr sank der Preis für das aufgelesene Obst auf nur vier Euro für 100 Kilogramm. Da nun aber die Massen geringer sind, kann man momentan von einem Preis von acht Euro pro Doppelzentner ausgehen. „Die Keltersaison wird höchstwahrscheinlich kürzer sein als sonst,“ sagt Herbert Bezler und fügt im gleichen Atemzug hinzu: „Doch das verlangt dem Mostobst nichts ab. Wir sind gespannt, wie sich die Saison gestalten wird.“
Fotos: Markus Brändli