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Känguru-Ragout und Bärenrücken in Pfeffersoße

Vincent Klink stellt sein neuestes Buch in der ausverkauften Stadthalle vor

Vincent Klink erzählt und liest über Paris, die Kunst, die Gebäude, die Kultur und das Essen. Foto: Markus Brändli
Vincent Klink erzählt und liest über Paris, die Kunst, die Gebäude, die Kultur und das Essen. Foto: Markus Brändli

Kirchheim. Wenn Sternekoch Vincent Klink ein paar Tage frei hat, zieht es ihn nach Paris. Seine erste Begegnung mit der „Stadt der Liebe“ war im Jahr 1974. Doch heute, so

Klink, „muss ich Ihnen sagen, Paris ist genauso wenig die Stadt der Liebe wie Kirchheim“.

Der in Kultur, Kunst und Literatur bewanderte Klink erzählt von Bauten und Denkmälern, für die er sich in der französischen Metropole besonders begeistert, von Notre Dame, dem jüdischen Viertel und den vielen Museen. Vor allem den Louvre legt er ans Herz. „Mona Lisa muss man mal gesehen haben.“ Auch wenn man Mona Lisa wegen des großen Andrangs nicht zu sehen bekomme, sehe man doch „die Faszination der Frau – ein Fanklub täglich von 800  Leuten.“

Doch er spaziert nicht nur durch Paris, er fährt mit dem Elektrofahrrad („man kriegt sonst wunde Füße“), nimmt die Metro oder das Taxi. Seine Streifzüge und Begegnungen würzt er mit Geschichte und Geschichten. So erzählt er von Napoleon III., der dafür sorgte, dass Paris so aussieht, wie es aussieht. Der Herrscher ließ die Altstadt abreißen und mächtige Boulevards mit breiten Trottoires entstehen.

Klink besucht Bistros, Hotelbars, und weiß, warum man im Hotel Ritz an der Place de Vendôme nur mittags speisen sollte: „Weil es dann nur die Hälfte kostet.“ Er schwärmt von einem Besuch im Hotel Bristol. Vorgefahren mit dem Fahrrad, „wurde ich dort behandelt wie ein König“. Mit seinem damals 15-jährigen Sohn erkundet er das raffiniert eingerichtete Zwei-Sterne-Restaurant „Le Jules Verne“ im Eiffelturm, um ihn das Genießen zu lehren. Hoch über den Dächern von Paris koste das Menü 100  Euro pro Kopf, aber „das Erlebnis dort oben vergessen Sie nicht“.

Auch die „bis heute weltweit skurrilste Speisekarte der Welt“ hat ihren Ursprung in Paris. 1870 wurde die Stadt von den Preußen belagert: Paris musste hungern. Da kam der Erfinder der „Sauce Choron“, Alexandre-Étienne Choron, unter Mithilfe von César Ritz, dem Gründer des Hotels Ritz, auf die Idee, „den Zoo zu wildern“ und die Hautevolee mit Känguru-Ragout oder gebratenem Bärenrücken in Pfeffersoße zu verköstigen.

In der Nordwestecke des Montparnasse-Friedhofs überkam den Meisterkoch bei einem seiner Trips der Hunger. Übers Handy suchte er nach Restaurants in der Nähe und landete schließlich im vollen „La Cerisaie“. Einen Platz ergattert, beschloss Klink sich der Wirtin anzuvertrauen. Dort gab sich der Frankreichfreund ganz den kulinarischen Gaumenschmäusen hin: Schneckenragout, Kürbissuppe mit gepökeltem Entenfleisch und Rebhuhn. Nach einer Flasche Champagner, zwei Gläsern Weißwein, dem Rotwein und einer „Baba au Rhum“ mit Süßwein war nachmittags um fünf der Tag für Klink vorbei – und der heitere Abend in der Stadthalle viel zu schnell zu Ende.

Zur Person: Vincent Klink

Eigentlich wollte Vincent Klink nie Koch werden. Eine Lehre bei einem Bildhauer dauerte ein halbes Jahr. Dann habe ihn sein Vater aus der „brotlosen Kunst“ herausgeholt. „Vielleicht war es gut so“, blickt er zurück, „sonst wäre ich heute vielleicht völlig verarmt.“ Mehr als 40 Jahre schwingt der 67-jährige Klink erfolgreich die Kochlöffel. Als Sternekoch mit eigenem Restaurant, der „Wielandshöhe“ in Degerloch, hoch über Stuttgart, gibt er in zahlreichen Fernsehsendungen des SWR und im „ARD-Buffet“ praktische Tipps fürs Kochen am heimischen Herd. Darüber hinaus musiziert er. Mit seinem neuesten Buch „Ein Bauch spaziert durch Paris“ zeigt er einmal mehr, dass er nicht nur das Handwerk des Kochens, sondern auch das Handwerk des Schreibens meisterlich beherrscht.cw