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Raus aus dem „Schonraum Schule“

Bei der Berufsinfomesse in der Kirchheimer Stadthalle können sich Jugendliche über Ausbildungsberufe informieren

Den richtigen Beruf zu finden, ist für viele junge Menschen eine Herausforderung. Die Möglichkeiten sind unübersichtlich und die praktische Erfahrung fehlt. Schon zum 20. Mal verschafft die Kirchheimer Berufsinfomesse Abhilfe: Schüler können sich informieren und Praktikumsplätze ergattern.

Für junge Leute ist es gar nicht so leicht, den richtigen Beruf zu finden. Fotos: Carsten Riedl
Für junge Leute ist es gar nicht so leicht, den richtigen Beruf zu finden. Fotos: Carsten Riedl

Kirchheim. Es ist laut in der Stadthalle: Zahllose Jungen schwirren am Vormittag durch die Gänge und unterhalten sich an den Ständen mit den Auszubildenden verschiedener Betriebe. Nachmittags verändert sich das Bild: Dann sind es die Mädchen der umliegenden Schulen, die sich über Ausbildungsmöglichkeiten informieren. „Durch die Geschlechtertrennung können sich die jungen Menschen besser auf die Berufe, als aufeinander konzentrieren“, schmunzelt Mitorganisator Wolfgang Schinko von der Jugendagentur. „Einmal hat sich eine Gruppe Mädchen zur falschen Zeit in die Messe verirrt. Das hat bei den Jungs für Aufruhr gesorgt.“

Auch das Konzept, dass junge Auszubildende und nicht die Ausbilder die Berufe vorstellen, hat sich bewährt. „Gleichaltrige erzählen oft verständlicher und sind auf der gleichen Wellenlänge wie die Schüler. Außerdem würden sich die meisten gar nicht trauen, Erwachsene anzusprechen“, sagt Bürgermeister Günter Riemer. Die Stadt Kirchheim und der Europäische Sozialfonds (ESF) unterstützen die Messe. Er fügt hinzu: „Wir möchten die Schüler auch aus dem Schonraum Schule rausholen.“

„Meist fehlen der Einblick und das Verständnis der verschiedenen Berufe“, kritisiert Wolfgang Schinko. Die Berufsinfomesse wirkt dem entgegen: Oft kann man schon vor Ort Praktika vereinbaren. Der Organisator hat beobachtet, wie unsicher sich viele Schüler fühlen.

Unter vielen unbekannteren Berufsbildern könnten sich die Schüler nichts vorstellen und meiden deswegen die Stände, was sehr schade sei. Trotzdem bleibt kein Stand unbesucht. Die vielen Vertreter aus den unterschiedlichsten Bereichen wie Technik, Verwaltung, Soziales und Handel beantworten Fragen und regen zu Praxisübungen an. Daneben bearbeiten die Schüler emsig Quizbögen, die die Jugendagentur zum 20-jährigen Jubiläum entworfen hat. Sie sollen zum genaueren Zuhören animieren.

Die beiden Messebesucher Mattis Kreschner und Kai Kühnle von der Freihof-Realschule wissen schon, in welche Richtung sie beruflich gehen möchten. „Ich möchte etwas mit Lebensmitteln machen“, steht für Mattis fest, „deshalb habe ich mich bei den Konditoren umgeschaut. Am liebsten würde ich aber Koch werden.“ Kai, der sich für Fahrzeuginnenausstattung interessiert, hat sich dagegen bei kaufmännischen Berufen informiert.

Die Zehntklässlerinnen Christine Ehni und Noemi Angelats-Hühnefeld lassen sich lieber inspirieren. „Ich weiß noch nicht, was ich mal machen werde. Ich bin froh, dass wir noch zwei Jahre Zeit haben“, lacht Christine. Das Angebot sei einfach so groß, finden die beiden Schülerinnen des Ludwig-Uhland-Gymnasiums.

Der Schüler Konstantin Artemjew von der Raunerschule hat auf der Messe sogar schon einen Praktikumsplatz als Konstruktionsmechaniker ergattert. „Wenn ich mich im Praktikum gut anstelle, kann ich mir das auch als Ausbildung vorstellen“, sagt der Schüler lächelnd.

Unter den Auszubildenden, die ihre Berufe vorstellen, ist auch Leichtflugzeugbauerin Sabrina Deu­scher, die einen „exotischen“ Beruf ausübt. „Das ist kein Job, wo man abends sauber nach Hause kommt“, erzählt sie. Wolfgang Schinko bedauert, dass viele vor solchen Bedingungen zurückschrecken. Eine Menge Schüler würden sich zwar für Technik interessieren, wollen aber nicht „körperlich schaffen und dreckig werden“. Dabei gäbe es ja heute schon viele technische Hilfestellungen, räumt er mit dieser Angst auf.

Ein Anliegen des Messeteams ist darüber hinaus, jeden Beruf für beide Geschlechter interessant zu machen. „Wir möchten starre Vorstellungen aufbrechen“, sagt Birgit Häbich-Kampourakis von der Jugendagentur. Deshalb lassen sie auch gerne untypische Berufsbilder wie den Erzieher von Männern vorstellen, technische Berufe dagegen von Frauen. „Da hat sich aber auch schon viel getan“, weiß der gelernte Ingenieur Günter Riemer. Zu seiner Studienzeit waren Frauen die Minderheit, erzählt er, heute machten sie bei einem Ingenieursstudium schon die Hälfte aus.

Bürgermeister Riemer stellt auch klar, dass qualifizierte Nachwuchskräfte dringend benötigt werden. „Wir haben immer weniger Schüler in Kirchheim“, bedauert er. „Wenn dann auch noch die Babyboom-Jahrgänge in Rente gehen, wird es eng.“ Für Unternehmen werde es deshalb in nächster Zeit immer wichtiger, sich um ihre Auszubildenden zu bemühen.

Berufsinfomesse in der StadthallePolizei
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Berufsinfomesse in der StadthalleMalerPinsel
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Berufsinfomesse in der StadthalleMesse Gastronomie
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