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Schöllkopf-Dollars zahlen sich aus

Kirchheimer Bürgerstiftung unterstützt zwei Projekte: den Mädchentag und einen inklusiven Fotokalender

Große Freude herrschte bei der Arbeitsgemeinschaft Inklusion sowie beim Pädagoginnentreff, als Oberbürgermeisterin Angelika Matt
Große Freude herrschte bei der Arbeitsgemeinschaft Inklusion sowie beim Pädagoginnentreff, als Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker (ganz links) gestern im Rathaus die Bewilligungsurkunden der Kirchheimer Bürgerstiftung zur Unterstützung zweier Projekte überreichte.Foto: Markus Brändli

Geld wirft in Niedrig- bis Gar-kein-Zins-Phasen kaum mehr Gewinne ab. Vor diesem Problem steht jetzt auch die Kirchheimer Bürgerstiftung, die im laufenden Jahr gerade noch zwei Projekte unterstützen kann – mit insgesamt 3 000 Euro.

Andreas Volz

Kirchheim. Vorbei die Zeiten, da die Bürgerstiftung noch 32 000 Euro auf einmal ausschütten konnte, wie das vor zehn Jahren noch der Fall war. Jetzt kommt alles weitaus bescheidener daher. Das Stammkapital der Stiftung – bestehend aus einem Teil der einstigen Neckarwerks-Aktien sowie aus der Zustiftung einer Kirchheimer Ärztin – wirft keine Zinsen ab, die eine nennenswerte Ausschüttung ermöglichen würden.

Das einzige Geld, das zur Auszahlung kommt, ist der jährliche Scheck aus Übersee: Der große Kirchheimer Gerber Jakob Friedrich Schöllkopf, der es im 19. Jahrhundert in den USA nicht nur zu großem Ansehen, sondern auch zu einem ansehnlichen Vermögen gebracht hatte, hat seine Heimatstadt Kirchheim großzügig bedacht. Bis heute geht in Kirchheim jedes Jahr ein Scheck über 10 000 Dollar ein, und dieses Geld wird derzeit im Sinne der Bürgerstiftung verteilt.

3 000 Euro gehen jetzt an zwei Projekte: 500 Euro an den Mädchentag des Pädagoginnentreffs, der dieses Jahr 20 Jahre alt wird, und 2 500 Euro an ein Fotokalender-Projekt der Arbeitsgemeinschaft Inklusion. 3 500 Euro wiederum gehen an die Stadt Kirchheim, die damit ihren Verwaltungsaufwand für die Bürgerstiftung verrechnet. Diese Summe wird jetzt aber letztmals so abgezweigt: Der Gemeinderat ist dem Ansinnen des Stiftungsrats gefolgt und hat beschlossen, dass die Stadt Kirchheim ab sofort auf diesen Ausgleich verzichtet, um künftig überhaupt noch Ausschüttungen zu ermöglichen. Der Restbetrag der 10 000 Dollar wird übrigens zu Weihnachten an besonders bedürftige Kirchheimer Altenheimbewohner ausgezahlt.

Die Anfragen an die Bürgerstiftung scheinen sich aber mit deren finanzieller Leistungsfähigkeit zu decken: „Wir hatten noch nie so wenig Anträge wie dieses Mal“, sagte Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Hei­decker bei der gestrigen Übergabe der Bewilligungsurkunden. „Vielleicht wissen die Leute ja um die schwierige Ertragslage der Stiftung.“

Zwei Anträge seien eingegangen, beide seien in voller Höhe bewilligt worden. Für die Oberbürgermeisterin steht fest: „Auch wenn wenig Geld da ist, unterstützen wir doch zwei Projekte mit hohem Stellenwert.“ Voraussetzung für eine Bewilligung sei, dass die Bürgerstiftung keine laufenden Unterhaltskosten übernimmt, sondern gezielt Projekte unterstützt. Dabei darf es sich aber um kein städtisches Projekt handeln, das aus dem normalen Haushalt zu finanzieren ist.

In beiden Fällen für 2016 sind diese Voraussetzungen erfüllt. Zum 20-jährigen Bestehen des Kirchheimer Mädchentags – der dieses Jahr am Samstag, 16. April, im Bohnauhaus begangen wird, hat sich der Pädagoginnentreff etwas Besonderes ausgedacht: Der Speckstein-Workshop erhält eine Aufwertung, indem es eine Kombination aus Speckstein und Schiefer gibt. Material und Werkzeug sind nicht ganz billig, weswegen die Bürgerstiftung dafür 500 Euro zuschießt.

Die Arbeitsgemeinschaft Inklusion, in der die Lebenshilfe, der Aktionskreis für Menschen mit und ohne Behinderung (AKB), der Kunstverein und das Mehrgenerationenhaus Linde zusammenarbeiten, bietet seit fünf Jahren ein gemeinsames Projekt zum Tag der Inklusion Anfang Mai an. Das aktuelle Projekt – ein Fotokalender – ist die Zweitverwertung der Aktion „Unsere Stadt durch meine Augen“. 2014 waren über 3 000 Fotos entstanden. Menschen aller Altersklassen, mit und ohne Behinderung, hatten Kirchheim aus ihrer Perspektive aufgenommen. Einige der Bilder waren vor zwei Jahren im Rathaus zu sehen. Eine ganz besondere Auswahl soll nun in einem Kalender für das Jahr 2017 zusammengestellt werden. Für die Finanzierung des Kalenderprojekts stellt die Bürgerstiftung 2 500 Euro zur Verfügung.

Auch wenn die Mittel vergleichsweise bescheiden sind: Das Geld kommt sinnvollen und wichtigen Projekten zugute. Und vielleicht gibt es auch wieder einmal andere Zinsphasen, sodass die Bürgerstiftung wieder an andere Zeiten anknüpfen kann: Seit 2001 hat sie nämlich insgesamt schon beachtliche 275 559,01 Euro ausgeschüttet.