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Was die „Morgenstadt“ an Chancen zu bieten hat

Podiumsdiskussion des CDU-Stadtverbands Kirchheim-Dettingen nimmt die digitale Gesellschaft unter die Lupe

Das digitale Zeitalter ist dabei, die Welt immer schneller und immer stärker zu verändern. Um über diesen Prozess zu informieren, hat der CDU-Stadtverband Kirchheim-Dettingen eine Podiumsdiskussion zu „Chancen und Gefahren einer digitalen Gesellschaft“ veranstaltet.

Sie diskutierten auf dem Podium im Alten Gemeindehaus über den digitalen Wandel: Elmar Müller, Jochen Deuschle, Petra Gertz, Nat
Sie diskutierten auf dem Podium im Alten Gemeindehaus über den digitalen Wandel: Elmar Müller, Jochen Deuschle, Petra Gertz, Natalie Pfau-Weller, Ulrich Gottlieb und Moderator Wilfried Veeser (von links).Foto: Markus Brändli

Kirchheim. Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Elmar Müller sprach zunächst über seine Erfahrungen in der Logistikbranche. Das Besondere sei ihre Funktion als „Barometer für Konjunkturverläufe“, weil sie für alle anderen Branchen tätig ist. Die Logistik kann aber auch zeigen, wie die Digitalisierung die Gesellschaft verändert. 1990 habe es in Deutschland insgesamt 105 000 Paket- und Briefzusteller gegeben, führte Elmar Müller aus. 2016 seien es 90 000 Briefträger und 115 000 Paketzusteller, und diese Schere gehe immer weiter auseinander. Prognose: „In fünf Jahren übernehmen die Paketzusteller auch noch die Briefe.“

Worin besteht nun die Gefahr? Die wachsende Zahl der Paketzusteller zeigt ein gewandeltes Einkaufsverhalten. Internetbestellungen lösen den Einkaufsbummel ab. Die Innenstädte drohen auszubluten.

CDU-Stadträtin Natalie Pfau-Weller ging beim Bericht über ihre Arbeit beim Fraunhofer-Institut genauer auf die Entwicklung für die Städte ein. Ein Problem der Städte sei, dass sie 70 bis 80 Prozent der globalen Energieproduktion verbrauchen und entsprechende Emissionen verursachen. Allerdings seien Städte nicht nur das Problem, sondern auch die Lösung: „Ressourceneffizient wirtschaften geht besonders gut in den Städten.“

In der „Morgenstadt“ – der Stadt der Zukunft – solle es „wenig bis gar keine Emissionen mehr“ geben, wobei sie den Menschen „maximale Lebensqualität“ biete. Dafür würden neue Technologien mit smarten, intelligenten Lösungen sorgen. Der Trend gehe zu ortsungebundenen Arbeitsplätzen, weil man von überall auf alle Daten Zugriff habe. Ein weiterer Trend sei die „shared economy“: Gewisse Dinge wie Autos, Wohnraum oder Essensvorräte müsse man nicht mehr allesamt selbst besitzen. „Es genügt, sie für eine begrenzte Zeit zur Verfügung zu haben.“

Für eine Stadt wie Kirchheim und für deren Unternehmen schließt Natalie Pfau-Weller aus dem digitalen Wandel, dass sie unbedingt im Internet sowie in sozialen Netzwerken aktiv sein müssen. Personalisiertes Werben über das Smartphone der Kunden sei ein wichtiger Aspekt der Zukunft. Gefahren sieht sie allerdings bei Datenschutz und -sicherheit.

Auf dieses Problem ging vor allem Jochen Deuschle von „Comp & Phone“ ein: „Datensicherheit ist ein ganz wichtiges Thema.“ Über Handy und smarte Technik lasse sich mittlerweile ein ganzes Haus steuern. Aber auch da dürfe man die Sicherheit der Daten nicht außer Acht lassen.

Über smarte Technik lassen sich auch Nischenprodukte deutschland­weit vertreiben. Petra Gertz vom Kirchheimer Bauladen beschrieb, wie sie ihre natürlichen Baustoffe schon seit Jahren über das Internet verkauft – zunächst noch einfach und handgestrickt. Inzwischen mache sie ungefähr die Hälfte ihres Umsatzes online. Lapidar stellt sie fest: „Bestimmte Kundengruppen brechen weg, wenn man online nichts zu bieten hat.“

Teckboten-Verleger Ulrich Gottlieb sieht das nicht anders: „Wer nichts tut und abwartet, wird zu den Verlierern gehören – ob als Verlag, als Einzelhändler oder im produzierenden Gewerbe.“ Auch ein Zeitungsverlag müsse sich den digitalen Herausforderungen stellen. Es gehe darum, die Kernkompetenzen auszuspielen, „verbunden mit den Chancen der neuen Technologie“. Im Einzelhandel sei eine Kernkompetenz die persönliche Beratung. Die Kernkompetenz einer Lokalzeitung sei es, „Information zu selektieren und aufzubereiten“. Das sei sowohl gedruckt als auch online möglich. So bleibe die Kernkompetenz auf jeden Fall erhalten: „Wir vermitteln Nachrichten. Sollten wir das eines Tages nicht mehr auf Papier machen, dann eben auf einem anderen Weg.“

Einig waren sich wohl alle Diskussionsteilnehmer mit Natalie Pfau-Weller, die feststellte: „Wir können der Entwicklung nicht entrinnen. Aber wir müssen schauen, wo wir Ressourcen und Geld sparen können. Vor allem aber gilt: Technik darf kein Selbstzweck sein.“