Lenninger Tal

Die Milch macht’s

Mottotage Perfekt getimt so kurz nach dem Vatertag wird heute der Tag der Milch begangen. Milch macht schließlich müde Männer munter. Die gab‘s bereits vorab auf dem Sulzburghof. Von Thomas Krytzner

Von wegen blöde Kuh - die meisten von ihnen finden den Weg zum Melkroboter ganz allein.Fotos: Thomas Krytzner
Von wegen blöde Kuh - die meisten von ihnen finden den Weg zum Melkroboter ganz allein.Fotos: Thomas Krytzner

Heute ist der Tag der Milch. In diesem Jahr bereits zum 62. Mal. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und der Internationale Milchwirtschaftsverband riefen den Weltmilchtag ins Leben, um für den Konsum dieses wichtigen Lebensmittels zu werben. In 30 Ländern wird der Tag weltweit veranstaltet.

Zu diesem Anlass besuchte der Landesbauernverband den Sulzburghof in Lenningen. Dieser wird in dritter Familiengeneration oberhalb des Ortsteils Unterlenningen im Biosphärengebiet Schwäbische Alb bewirtschaftet. Heute leben 85 Milchkühe im modernen Milchviehstall mit Melkroboter. Neben der Landwirtschaft mit Grünland, Ackerbau und rund 2 000 Streuobstbäumen haben die Eigentümer ein weiteres Standbein mit Direktvermarktung und Hof-Café aufgebaut. Dort verkauft der Sulzburghof viele seiner eigenen Produkte.

Wie wichtig die Milch im täglichen Bedarf ist, zeigen auch die erfassten Zahlen: Jeder Bundesbürger verzehrt jährlich im Durchschnitt 52,3 Kilogramm Konsummilch, 24,4 Kilo Käse, 16,7 Kilo Joghurt und sechs Kilogramm Butter. Milchprodukte decken ein Viertel des täglichen Nahrungsbedarfes der Bevölkerung. Dabei enthält die Milch fast alle unentbehrlichen Aminosäuren und lässt den Menschen das pflanzliche Eiweiß besser verwerten. Milch ist auch ein wichtiger Lieferant für Kalium, Magnesium und Jod. Außerdem liefert der frische weiße Saft mehr Kalzium als jedes andere Lebensmittel. Damit ist Milch ein hervorragender Bausteinlieferant für Knochen und Zähne sowie die Funktion der Muskeln.

Beim Rundgang auf dem Sulzburghof wurde gezeigt, dass die Kühe heute in einem hochmodernen Stall leben. Das Vieh ist entsprechend gechipt und findet größtenteils den Weg zum Melkroboter selbst. „Manche gehen bis zu 30 Mal zum Roboter, weil es dort leckeres Futter gibt“, lacht Sulzburghof-Chef Michael Kuch. Der Roboter erkennt die Kuh und entscheidet, ob sie schon gemolken wird oder nicht. Ebenso entscheidet ein ausgeklügeltes System über den Freigang der Kühe. „Es macht ja keinen Sinn, wenn sich eine Kuh, die gleich gemolken werden soll, zu der Zeit gemütlich auf der Wiese unter einen Baum legt“, erklärt Kuch die digitale Kontrolle der Tiere. Beim Melkroboter angekommen, setzt ein Arm die vier Sauger automatisch auf die Zitzen und der Melkvorgang beginnt. „Die meisten Kühe stehen ganz ruhig da, aber die jungen brauchen am Anfang noch Streicheleinheiten zur Beruhigung, wenn der Roboter mit der Arbeit beginnt.“

Nach dem Melkvorgang darf die Kuh wieder abmarschieren, der automatische Reinigungsvorgang beginnt und die nächste Milchproduzentin darf antreten. Gerhard Glaser, Vizepräsident des Landesbauernverbandes lobte die Milch als gesundes Nahrungsmittel: „Milch ist ein Powerlebensmittel und versorgt den Menschen mit Nährstoffen.“ Michael Kuch ist mit der Digitalisierung im Kuhstall zufrieden. „Der Melkroboter liefert mir wichtige Daten zu jedem einzelnen Tier: Wann war sie zum Melken da, wie viel Milch gab sie, ist das Tier gesund?“ Die Kühe haben sogar Namen, wie Martin Kuch betont: „Da gibt es Bibi oder Silverstar. Der Anfangsbuchstabe des Namens gibt Aufschluss über die familiäre Herkunft des Tieres.“ Rund 95 Prozent der Tiere finden den Weg zum Melkroboter selbst. „Beim Rest müssen wir halt morgens und abends nachhelfen.“

Erleichterung liefert der Roboter zwar bei der täglichen Arbeit. Aber Kuch erläutert: „Der Arbeitstag wird dadurch nicht kürzer, es gibt trotzdem viel zu tun, wenn man mit Milchvieh beschäftigt ist.“ In Baden-Württemberg gibt es rund 40 000 landwirtschaftliche Betriebe.

In den letzten acht Jahren hat sich die Zahl der Rinder um fast ein Viertel verringert. Die Zahl der Milchkühe blieb mit 334 117 relativ stabil. Eine Kuh frisst rund 50 Kilogramm Futter und gibt rund 25 Liter Milch am Tag, wie Martin Kuch erklärt. Der Milchpreis für die Milchbauern lag im April bei rund 36 Cent je Liter Milch, vor einem Jahr gab es im April noch rund 35 Cent pro Liter. Michael Kuch motivierte: „Kauft mehr beim Bauern vor Ort ein.“

Milch ist nicht nur gesund, sondern auch lecker.
Milch ist nicht nur gesund, sondern auch lecker.

Drei Fragen an Siegfried Nägele

Siegried Nägele, Vorsitzender Kreisbauernverband EsslingenFoto: kry (für 3Fragen-Interview)
Siegried Nägele, Vorsitzender Kreisbauernverband EsslingenFoto: kry (für 3Fragen-Interview)

1. Welche Bedeutung hat die Milchwirtschaft in Esslingen?

Die Milch ist nach wie vor relevant. Allerdings konzentriert sich sie im Schurwald, im Schönbuch und am Albtrauf. Es gibt nicht mehr viele Milchwirtschaftsbetriebe im Kreis. Milch ist aber ein gutes Produkt für die Direktvermarktung.

2. Hat die Milchproduktion eine Zukunft?

Auf jeden Fall. Milch ist ein Lebensmittel mit großartigen Eigenschaften. Man kann damit auch ein betriebliches Einkommen schaffen, allerdings muss man bei der Vermarktung eine hohe Qualität anstreben. Dazu braucht es aber auch den finanziellen Anreiz. Große Bedeutung hat auch die Nachhaltigkeit. Man bearbeitet die Grünflächen und verhindert so eine nachteilige Veränderung der Landschaft.

3. Was haben Blüten und Milch gemeinsam?

Wir verzichten in unserer Region auf den Einsatz von Pestiziden und Insektiziden auf den Wiesen. Wir schneiden die Wiesen bis zu vier Mal und haben einen hohen Blütenanteil im Grün. Viele machen nur einen Schnitt pro Jahr, aber dadurch verschwinden die Blütenpflanzen. Diese brauchen mehr Schnitte, weil dadurch benötigtes Licht zum Boden durchkommt. Die Insekten lieben die Blüten, und somit schaffen wir gleichzeitig auch ein Insektenparadies. Blüten oder Kräuter haben auf den Geschmack der Milch keinen Einfluss, aber das Gras schmeckt den Kühen besser, denn: Kühe sind Gourmets.kry