Lenninger Tal

Flüchtlingsheime kein Kriminalitätsschwerpunkt

Polizei beurteilt die Lage derzeit als entspannt

Gleich dreimal sorgte das Wendlinger Flüchtlingsheim in den vergangenen Tagen für Schlagzeilen im Polizeibericht. In zwei Fällen gab es Verletzte bei Auseinandersetzungen, ­einmal hatte ein Bewohner ­seine Bettdecke angezündet.

Wendlingen. In den Flüchtlingsunterkünften trifft das Elend aus aller Welt aufeinander. Menschen kommen aus Kriegsregionen oder aus Diktaturen, mussten manchmal jahrelang um ihr Leben fürchten und sind deswegen schwer traumatisiert. Diese Traumatisierung löst sich nicht von alleine.

„Hinzu kommt, dass sie im Flüchtlingsheim auf Menschen aus fremden Kulturkreisen und verschiedenen Religionen treffen, sich oft nur schwer verständigen können, dass sie mindestens drei Monate zur Tatenlosigkeit verdammt sind, nicht arbeiten dürfen“, sagt Vera Kohlmeyer-Kaiser, Zweite Vorsitzende des Flüchtlingsrats Baden-Württemberg. Flüchtlinge hätten Angst, auch hier in Deutschland, weil sie nicht wüssten, was mit ihnen passiert. Und die Angst werde geschürt, durch die Verbreitung von Gerüchten innerhalb der Flüchtlingsgemeinschaft. All diese Schwierigkeiten könnten sich dann in Vorgängen entladen, wie sie in Wendlingen am Wochenende passiert sind. „Ich weiß, dass es nicht einfach ist, Flüchtlingsunterkünfte zu finden. Konflikte lassen sich jedoch besser kontrollieren, wenn man Spannungen aus den Unterkünften herausnimmt und die Belegung so steuert, dass keine Konfliktparteien auf engstem Raum miteinander klarkommen müssen“, lautet der Rat von Vera Kohlmeyer-Kaiser.

Genau das versuchen die Verantwortlichen im Landkreis Esslingen: Konfliktparteien zu trennen. Dies soll nun auch in Wendlingen passieren, wie der Pressesprecher des Landkreises, Peter Keck sagt. Er räumte jedoch ein, dass die Umquartierung einzelner Personen nicht ganz einfach sei und neue Probleme in der dann entstehenden neuen Personenkonstellation verursachen könne. „Konflikte zwischen Flüchtlingen treten immer wieder auf. Und es wird uns nicht möglich sein, gegenseitige Gewalttaten vollkommen zu unterbinden“, sagt Keck.

Er verweist allerdings darauf, dass der Landkreis in Monat Juli alleine 600 Flüchtlinge aufnehmen müsse. „Deswegen mussten wir in Wendlingen ja auch nochmals zwölf zusätzlich unterbringen.“ Da aber die Zuweisungen an die Landkreise sehr heterogen seien, könne man in den Flüchtlingsunterkünften nicht nach Ländern oder Religionen trennen. „Wir müssen von den Flüchtlingen erwarten, dass sie sich arrangieren“, sagt Peter Keck. Der Landkreis setzt bei der Betreuung zum einen auf die sehr gute Betreuungsquote durch die Arbeiterwohlfahrt, die derzeit unter dem Betreuungsschlüssel von 1:100 liegen soll. Zudem sei die Betreuung durch den Arbeitskreis Asyl in der Lauterstadt gut organisiert.

Psychische Belastungen bei Flüchtlingen

Recht entspannt sieht die Polizeidirektion Reutlingen die Lage in den Flüchtlingsheimen derzeit. „Einen Kriminalitätsschwerpunkt können wir dort nicht ausmachen“, sagt Sven Heinz. Dass es immer mal wieder zu Streitigkeiten komme, sei nichts Neues, aber Heinz führt dies auf die Situation der Flüchtlinge in den Unterkünften und auf deren psychische Belastung zurück, die sie aus ihren Herkunftsländern mitbrächten.

Zur Erinnerung: Vor einigen Tagen hatte ein Asylbewerber im Wendlinger Flüchtlingsheim seine Bettdecke angezündet, Mitbewohner hätten diese jedoch schnell löschen können. Der 35-jährige Mann aus Sri Lanka, der wohl psychisch labil ist, wurde wegen des Verdachts auf schwere Brandstiftung festgenommen und befindet sich derzeit in einem Krankenhaus. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart bestätigte die Festnahme, wollte aber, da die Ermittlungen zu den Vorgängen noch nicht beendet seien, keine weiteren Angaben machen.

Am selben Tag waren zwei Asylbewerber in Bahnhofsnähe in Streit geraten. Beide wiesen bei Eintreffen der Polizei Stich- und Schnittverletzungen auf, die ambulant versorgt wurden. Da die beiden Kontrahenten zur Auseinandersetzung keine Angaben machten und sich noch keine Zeugen der Tat bei der Polizei gemeldet haben, befinden sich beide Männer derzeit wieder auf freiem Fuß. Zu einem weiteren Zwischenfall kam es in der vergangenen Woche: Bei einem Streit in der Wendlinger Asylbewerberunterkunft war ein 29-jähriger Algerier verletzt worden und musste in einer Klinik behandelt werden.