Lenninger Tal

Männle-Bild fällt der Zensur zum Opfer

Im Museum in Peking hängen sechs statt sieben Werke des Lenninger Malers Rainer Hoffelner

Beeindruckt, aber auch bestürzt: Mit gemischten Gefühlen ist der Lenninger Künstler Rainer Hoffelner von seiner Reise nach Peking zurückgekehrt. Dort hängen aktuell sechs seiner Männle-Bilder im Museum. Das siebte fiel der strengen staatlichen Zensur zum Opfer.

Rainer Hoffelner - Austellung in  China.
Rainer Hoffelner - Austellung in China.

Lenningen/Peking. Ein roter Teppich für die Künstler, Blitzlichtgewitter und Interviews mit dem chinesischen Fernsehen. „Das war schon der Hammer“, erinnert sich Rainer Hoffelner begeistert an die Ausstellungseröffnung im „Museum of Contemporary Art“ (MOCA) in Peking zurück. Dort sind seit Juli sechs Werke des Lenninger Künstlers ausgestellt. Nach China gebracht hat den Lenninger die Pashmin Art Gallery aus Hamburg. Im Januar hatte sie Werke des gebürtigen Nürtingers auf einer Kunstmesse in Florida gezeigt. Dort waren die fernöstlichen Kunstkenner auf den Schwaben aufmerksam geworden.

So berauschend der Exkurs in die chinesische Kunstwelt und andere Impressionen des Landes gewesen sein mögen – Rainer Hoffelner bringt aus China auch eine gehörige Portion Wut im Bauch mit. Denn nicht alle seine Werke, die er nach Peking geschickte hatte, hängen auch im Museum: „Mein Lieblingsbild ist zensiert worden“, ärgert er sich. Dass in China keineswegs der Grundsatz der künstlerischen Freiheit gilt, war dem Oberlenninger schon vor der Ausstellung klar. „Meine Bilder mussten vorab als Digitalfotos ans Ministerium gesendet werden“, berichtet er. Sein Werk „Zerbrechlich“ etwa, das eine rissige Erdkugel zeigt und sich mit der Zerstörung der Umwelt auseinandersetzt, habe er angesichts des Umgangs Chinas mit der Umwelt gar nicht erst ins Rennen geschickt.

Umso größer war der Frust, als „Beginning – Ursprung“ nirgendwo zu finden war. „Es enthält weder Regimekritik noch sexuelle Anspielungen“, so Hoffelner. „Und das Bild liegt mir wirklich am Herzen. Ich habe dafür viele neuen Materialien eingesetzt.“ So habe er nicht nur mit Kupfer und Säuren gearbeitet, sondern auch mit Glaspigmenten: „Das Bild leuchtet, wenn man es anstrahlt.“

Wie die Zensur abläuft, hat Rainer Hoffelner schnell erfahren: „Vom Museumsdirektor weiß ich, dass die Bilder von der Luftfracht direkt ans Museum geliefert werden, wo erst einmal die Zensoren die Kisten aufmachen.“ Was kritisch erscheine, werde aus dem Verkehr gezogen. „Diese schiere Macht, dass jemand einfach sagt: Nein, das wird nicht ausgestellt, ist unfassbar“, sagt Rainer Hoffelner und fügt hinzu: „Das ist man bei uns nicht gewöhnt. Wenn man hier Kunstwerke zensieren würde, dann wäre was los. Schließlich gab es ja schon einmal eine Zeit, in der Kunst verboten wurde . . .“, betont er in Anspielung auf das Dritte Reich. „Das hat mich schon nachdenklich gemacht, und mir ist bewusst geworden, was für ein Privileg es ist, in einem freien Land geboren worden zu sein.“

Nicht möglich sei es gewesen, den tatsächlichen Grund für die Zensur zu erfahren. Immerhin gibt es aber Mutmaßungen, die auch die Experten teilen: „Auf dem Bild sind nur zwei Tuschefiguren – oben auf einer Kugel eine Frau, unten hängt ein Mann“, beschreibt Rainer Hoffelner. Dass die Frau darauf bildlich über dem Mann stehe, habe den Zensoren offenbar nicht gefallen. „Das vermittelt aus chinesischer Sicht ein falsches Weltbild.“

Noch öfter ist dem Lenninger bei seiner Reise klar geworden, dass China eben kein freies Land ist. „Alle 50  Meter gibt es eine Überwachungskamera, mein Rucksack ist am Tag zehnmal durchleuchtet worden und überall stehen Panzerfahrzeuge und Militärs“, erzählt der Künstler und Werbegrafiker. Ungewohnt seien auch die Menschenmassen überall, die Enge, er Lärm und der Smog. „Die Skyline versinkt in Peking im Nebel“, hat er voller Entsetzen festgestellt.

Gleichzeitig halte das Land viele kulturelle Schätze bereit – etwa die verbotene Stadt im alten Peking oder die große Mauer, die sich auf einer Länge von über 21 000 Kilometer erstreckt.

Ende September werden Rainer Hoffelners Bilder mit den charakteristischen schwarzen Tuschefiguren wieder den Rückweg nach Deutschland antreten. Die Ausstellung hallt jedoch nach: „Ich bekomme 20 Seiten im Museumskatalog, den die Hamburger Pashmin Art Gallery begleitend zur Ausstellung herausgibt“, freut sich Rainer Hoffelner. Wer die Publikation nach Erscheinen im Buchhandel erwirbt, kann darin sowohl Werke des Künstlers bewundern, die aktuell in China hängen, als auch weitere Bilder – übrigens auch „Ursprung“, jenes Bild, das in China zensiert wurde.

Rainer Hoffelner - Austellung in  China.
Rainer Hoffelner - Austellung in China.
Interview mit einem Künstler: Chinesische Fernsehjournalisten im Gespräch mit Rainer Hoffelner. Bei der Ausstellung in Peking wu
Interview mit einem Künstler: Chinesische Fernsehjournalisten im Gespräch mit Rainer Hoffelner. Bei der Ausstellung in Peking wurde das Bild „Beginning - Ursprung“ (unten) zensiert. Auch ein Ausflug zur Großen mauer war Teil der Reise des Künstlers.Fotos: Hoffelner
Rainer Hoffelner - Austellung in  China.
Rainer Hoffelner - Austellung in China.