Lenninger Tal

Wie der „China-Schorsch“ in den Fernen Osten kam

Geschichten aus früheren Zeiten haben Fritz Nuffer und ein Team in einem Büchlein zusammengestellt

Vier Jahre nach Erscheinen des Buches „Owen – 17 Tage vor Kriegsende 1945“, schon seinerzeit von Fritz Nuffer initiiert, stellte der „Alt-Owen“-Förderkreis wieder ein Buch zur Geschichte Owens vor. Zusammengetragen hat es Fritz Nuffer, der die „Owener Geschichten“ der Öffentlichkeit präsentierte.

Fritz Nuffer vom Förderkreis Alt Owen stellt freudestrahlend das Buch „Owener Geschichten" im evangelischen Gemeindehaus vor.Fot
Fritz Nuffer vom Förderkreis Alt Owen stellt freudestrahlend das Buch „Owener Geschichten" im evangelischen Gemeindehaus vor. Archiv-Foto: Markus Brändli

Owen. In seiner Eröffnungsrede setzte Rainer Laskowski, Erster Vorsitzender des „Alt Owen“-Förderkreises, die Akzente: „Kultur ist keine Sache der Verwaltung, sondern eine Angelegenheit der Bürger“, meinte er und fuhr fort, dass das Buch „Owener Geschichten“ das Ergebnis unermüdlicher ehrenamtlicher Arbeit von Förderkreismitgliedern ist, aber auch der Unterstützung der Stadt Owen zu verdanken sei. Bürgermeisterin Verena Grötzinger ergänzte in ihrem Grußwort, dass in der Vergangenheit die Wurzeln der Gegenwart ruhten, und wandte sich direkt an die Zuhörer: „Dieses hohe Gut an Wissen aus früheren Zeiten zu bewahren und zu sichern, muss unser gemeinsamer Anspruch sein.“ Die „Owener Geschichten“ seien nicht nur eine wunderbare Aufarbeitung der Ortsgeschichte, sondern eine Art Handlungsempfehlung für das Hier und Jetzt.

Gleich zu Anfang seiner Präsentation der ansprechend gestalteten Broschüre stellte Fritz Nuffer klar, dass diese Owener Geschichten nicht von ihm selbst sind. Bei den Aufräumarbeiten in der zerstörten Marienkirche – das Chorgewölbe hatte dem Fliegerangriff zwar standgehalten, aber Tonnen von Ziegeln des eingestürzten Dachstuhles waren zu räumen – entdeckte er oben am Bogen zwischen Kirchenschiff und Chor eine Inschrift, die besagte, dass die Kirche im Jahr 1852 „von König Wilhelm“ renoviert worden sei. Er habe sich nicht genug wundern können, wie denn der König als Maurer, Zimmerer und Dachdecker höchstselbst die Kirche renoviert habe. In der ihm eigenen verschmitzten Weise erklärte er, dass er „Owener Geschichten“ aus alten Dokumenten und Archivalien zusammengetragen habe.

Die Lust am Forschen sei ihm schon früh während des Krieges gekommen. Die aus den Bombern der Alliierten abgeworfenen Flugblätter habe er nicht, wie vom herrschenden Regime befohlen, abgegeben, sondern mit deren eigenen verglichen und versucht, den darin enthaltenen Hintersinn zu ergründen. Und mit der so entstandenen Gewitztheit habe er dann auch die alten Schriften studiert und in seiner eigenen Handschrift übertragen. Die Zuhörer im vollen Gemeindesaal der evangelischen Kirchengemeinde Owen nickten immer wieder und auch mit einem beifälligen Lächeln zu den weiteren Ausführungen Fritz Nuffers – war ihnen doch vieles noch aus ihrer Kindheit vertraut. Mit der ihm eigenen Zurückhaltung verwies er darauf, dass die Herstellung des Buches eine Gemeinschaftsarbeit aller Beteiligten war. „Das Stöbern in alten Papieren und Schriften ist mehr als die Lesbarmachung alter Texte, es ist der Erwerb von Wissen und Fühlen um die Heimat aus der Vergangenheit“, so Fritz Nuffer.

Rasch ging es durch den Inhalt des Buches. Vom rätselhaften Stein in der Stadtmauer, mit dem sich im Jahr 1664 die Bürgermeister ein eigenes Ehrenmal setzten, über den „Kasten“, eine frühe Einrichtung für die Sozial- und Armenpflege und sinnigerweise als „Harz IV anno dazumal“ ins Inhaltsverzeichnis gestellt, den „Läutedraht“ des Amtmanns Faber, 1794 die erste Fernmeldeanlage in Owen, hin zum Posthalter Nilli, der den späteren König drangsalierte, und den „China-Schorsch“, der 1905 per Schiff bis China kam.

Zum Abschluss seines Vortrages kam Fritz Nuffer noch einmal auf den Armenkasten und seine Einnahmen aus Naturalabgaben wie Getreide, Hennen, Eier, Käse und Wein zurück, die der Kastenpfleger wiederum zu Geld machte, um seinen Verpflichtungen gemäß der Kastenordnung nachkommen zu können. Zu den Ausgaben aber wollte Fritz Nuffer nichts sagen und beendete seinen Vortrag mit einem verschmitzten „denn sonst hätte man ja nichts mehr zu lesen“.

Das Rahmenprogramm des Abends wurde musikalisch mit Klavierstücken von Hans-Peter Hummel begleitet, und den Abschluss bildete ein Ständerling mit Leckereien und Getränken.

Das Buch ist an mehreren Verkaufsstellen in Owen zu erwerben. Wo sie zu finden sind, ist auf der Homepage des „Alt-Owen“ Förderkreises www.alt-owen.de ausgewiesen.