Weilheim und Umgebung

Ausmisten ist wie Kehrwoche - nur anders

Kabarett Alfred Mittermeier spielt auf Einladung der Ortsgruppe Bissingen-Nabern vom Schwäbischen Albverein in Bissingen. Das Publikum ist begeistert. Von Thomas Krytzner

Ausmisten! Will da etwa ein Bayer den Schwaben erklären, wie die Kehrwoche funktioniert? Mitnichten. Vielmehr biedert sich Alfred Mittermeier dem Publikum als Stallmeister an, um mal sowohl im Dorf als auch global gründlich humorvoll auszumisten.

Zu Beginn klärt der Kabarettist auch gleich die Schuldfrage seines Auftrittes in der Bissinger Gemeindehalle: „Sie haben mich rausgesucht und nicht ich Sie!“ Wer Geschichten zum Besten gibt, bekommt oft zu hören, er solle nicht bei Adam und Eva anfangen. Doch genau dies gehört nach Mittermeier zum Ursprung alles Ungemachs in der Welt. Schließlich hätte das Paradies so schön sein können, wenn Eva nicht vom Baum der Erkenntnis genascht hätte. Und damit nahm der „Mist“ seinen Lauf und sorgte 1949 für die Zweckehe zwischen Bayern und Deutschland.

Der Lyriker, Dichter und Pointierer nimmt die Verbindung auf die Schippe und fordert den „Bexit“ - den Ausstieg Bayerns aus Deutschland. Immerhin sei der Freistaat bestens vorbereitet: Eigene Hymne, eine schnell gefasste eigene Verfassung stehen bereit, und bereits Napoleon Bonaparte hatte die Vision vom Alpenstaat. Den Euro will Mittermeier abschaffen und durch den Diridari - Bayerns Bezeichnung für Geld - ersetzen. Mit Wortwitz liefert er die Pointen mit der Mistgabel an über 200 Kabarettfreunde in der Gemeindehalle und wechselt ohne Ankündigung in die lyrische Reimform.

Das Publikum klebt dem Wortakrobaten an den Lippen und erkennt, wie Mittermeier es später sagt, wann seine Satire zum Lachen ist und wann eben nicht. Vor allem, wenn der bayrische Künstler aktuell wird und damit den neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump mit der buchstäblichen Mistgabel wortreich piekst. Rezepte hat Alfred Mittermeier zwar nicht gegen Trump, aber er ruft laut und deutlich nach der Praktikantin.

Fast im gleichen Atemzug besinnt er sich auf die neue Partei im Stall, und so kriegt auch die AfD ihr Fett weg. Und wo er gerade schon die Innenpolitik beleuchtet, erkennen Kabarettist und Publikum, dass die Mistgabel zwar zuerst im eigenen Stall, aber auch weltweit geschwungen werden sollte. Eigenkritisch fragt sich Mittermeier, was Satire heute noch darf, und es wird klar, dass die unterschiedlichen Meinungen, die in der letzten Zeit über Satire entstanden sind, keine klaren Grenzen ziehen. Bei einem ist sich der Künstler sicher: Satire darf nicht zensiert werden, nicht in die Luftgesprengt werden und nicht den Mund halten.

Die Besucher in der Gemeindehalle bekommen nicht nur Pointen und Gedichte zum Lachen serviert, sondern auch Worterklärungen. Seit Mittermeier wissen jetzt alle, was der Begriff Retourkutsche bedeutet und mit dem bayrischen Ausruf „Wer ko, der ko!“ zu tun hat: Pferdehändler Franz Xaver Krenkl überholte mit seiner Kutsche den amtierenden König Ludwig I., und dies war damals absolut verboten. Als der König wissen wollte, was der Händler sich erlaube, kam der berühmte Ausspruch. Tage später ließ der König, gemäß Mittermeier, seine Kutsche vor die Hofausfahrt des Pferdehändlers stellen, dass dieser nicht mehr aus dem Hof kam. Das war dann die Retourkutsche.

Nach dieser Lerneinheit beginnt der Stallmeister mit seiner Mistgabel global auszumisten, trifft dabei das rasche Wachstum in China genauso, wie die Finanzwelt und ihre Haie. Er verrät dem begeisterten Publikum, wie er am Weltspartag jeweils die Banken ärgert und teilt mit den Zuschauern die Erkenntnis, dass es keine Statistik für Dunkelziffern gibt.

Beim weltweiten Ausmisten wird Alfred Mittermeier in Bissingen eines klar: „Wir müssen Grenzen überwinden und nicht dazuaddieren.“ Damit beendet er seine Früh- und Spätschicht in der Gemeindehalle.

Fünf Fragen an Alfred Mittermeier

1. Misten Sie gerne aus?

Das kommt auf den Zusammenhang an. Kabarettistisch miste ich sehr gerne aus und will Missstände beseitigen. Da schwinge ich die Mistgabel gern.

2. Glauben Sie persönlich an die schwäbische Kehrwoche?

Bisher kenne ich die Kehrwoche im Schwabenland nicht. Ich finde es aber witzig und gut, dass es diese Tradition gibt. Wir Bayern misten anders aus.

3. Wo treten Sie lieber auf, im Dorf oder in der Stadt?

Ich habe keinen Lieblingsort. Ich trete in ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich und in Südtirol auf. Eben überall da, wo ich verstanden werde.

4. Verraten Sie Ihren Tipp, wie man am besten ausmistet?

Gerne: Ausmisten soll mit Stil, Charme, Witz und oberhalb der Gürtellinie erfolgen. Und ganz wichtig: mit Intelligenz. So bleibt der Humor erhalten.

5. Wie hat Ihnen Bissingen gefallen?

Das Publikum im Dorf ist meist lockerer als in der Großstadt. Die Menschen hier in der Gemeindehalle waren sehr aufmerksam und merkten, wo man lachen darf und wo nicht. kry