Weilheim und Umgebung

Bio-Zertifizierung als Chance

Hauptversammlung des Obst- und Gartenbauvereins Neidlingen

Bei der Jahreshauptversammlung des Neidlinger Obst- und Gartenbauvereins stand neben den üblichen Vereinsregularien der Punkt „Bio-Zertifizierung von Mostobst“ auf der Tagesordnung. Der Vortrag, den Gastredner Thomas Bosch zu diesem Thema hielt, stieß bei den Mitgliedern auf große Resonanz.

Neidlingen. „Alles in allem war 2015 ein zufriedenstellendes Obstjahr“, bilanzierte der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Neidlingen, Kurt Hepperle, das vergangene Jahr. Nach einem relativ warmen Frühjahr mit ausreichenden Niederschlägen, setzte pünktlich zur Reifezeit der Kirschen im Juni trockene Witterung ein, wodurch das gefürchtete Aufplatzen der Früchte ausblieb und gesunde und einwandfreie Ware geerntet werden konnte. Auch in Bezug auf die Kirschessigfliege – ein Schädling, der im Jahr 2014 erstmals rund um die Teck auftrat und schwere Schäden an Obst- und Beerenkulturen verursachte – habe sich das trockene Wetter als Glücksfall erwiesen. Da dieses aus Südostasien stammende Insekt feucht-warmes Klima für seine Entwicklung benötige, sei es, bedingt durch die sommerliche Trockenheit, im vergangenen Jahr praktisch nicht aufgetreten. Obwohl der letzte Sommer einer der trockensten und heißesten der vergangenen Jahrzehnte gewesen sei, reichten die wenigen Niederschläge, die im Neidlinger Tal niedergingen, erstaunlicherweise aus, um bei Äpfeln und Birnen für einen überdurchschnittlichen Ertrag zu sorgen. Und weil die Auszahlungspreise der Apfelsaftkeltereien für angeliefertes Mostobst mit rund elf Euro pro Doppelzentner im vergangenen Herbst ebenfalls auf einem akzeptablen Niveau gewesen seien, konnten die Streuobstwiesenbesitzer nach mehreren mageren Jahren endlich wieder einen einigermaßen befriedigenden finanziellen Ertrag einfahren.

Nach dem Bericht des Vorsitzenden fasste Schriftführer Frieder Hepperle die Vereinsaktivitäten des vergangenen Jahres zusammen. Kassier Roland Kuch gab einen kurzen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben des Vereins und stellte fest, dass nach einem eher durchwachsenen Jahr eine „schwarze Null“ zu Buche stehe. Die Kassenprüfer Roland Ruoß und Frank Hitzer attestierten Roland Kuch eine einwandfreie Kassenführung. Ernst Ruoß beantragte daraufhin die Entlastung der gesamten Vorstandschaft, die auch einstimmig erteilt wurde.

Gastredner Thomas Bosch von der Firma Bosch Fruchtsäfte in Unterlenningen referierte anschließend über das Thema „Bio-Zertifizierung von Mostobst“. Die Firma Bosch ist eine regionale Kelterei, die neben anderen Fruchtsäften hauptsächlich Apfelsaft herstellt und vertreibt und darüber hinaus auch große, überregionale Keltereien mit Mostobst aus der Region beliefert. Thomas Bosch erläuterte, dass er sich aufgrund der zunehmenden Nachfrage entschieden habe, in seinem Betrieb neben konventionell erzeugtem Apfelsaft in Zukunft auch Bio-Apfelsaft herzustellen. Hierfür ließ er seinen Betrieb im vergangenen Jahr zertifizieren.

Damit nun der Apfelsaft auch das Prädikat „Bio“ tragen darf, müssen selbstverständlich auch die Äpfel, aus denen der Apfelsaft gewonnen wird, nach den geltenden Bio-Richtlinien produziert werden. Um dies zu gewährleisten ist es notwendig, dass sich die Obsterzeuger von einer zugelassenen Kontrollstelle zertifizieren lassen. Da diese Zertifizierung aufgrund der Kosten und des bürokratischen Aufwands auf viele Obsterzeuger bisher abschreckend gewirkt hat, wird den Obstlieferanten ab diesem Jahr eine Sammelzertifizierung angeboten. „Allerdings ist die Bio-Zertifizierung nicht für jeden Obsterzeuger geeignet“ stellte Thomas Bosch klar. Zwar gebe es für die Bio-Äpfel einen wesentlich höheren Auszahlungspreis, als für konventionell erzeugtes Mostobst. Damit verbunden sei jedoch die strikte Einhaltung der Bio-Richtlinien. Jeder Einzelne müsse sich die Regularien, die bei der Bioobsterzeugung einzuhalten sind, genau anschauen und dann entscheiden, ob das für ihn infrage komme. Die zahlreichen Fragen, die vonseiten der Zuhörer an Thomas Bosch gestellt wurden und die anschließende Diskussion deuten darauf hin, dass dieses Thema bei den Neidlinger Obsterzeugern auf reges Interesse trifft. „Ich halte das für eine gute Sache“, sagte der Vereinsvorsitzende Kurt Hepperle zum Abschluss. „Das könnte ein Weg sein, um die mangelhafte Wirtschaftlichkeit des Streuobstbaus zu verbessern“. fh