Weilheim und Umgebung

Das tierische Wahrzeichen badet im Bach

Dorfleben Die Enten von Hepsisau sind eine Institution. Zu verdanken ist das Familie Schumann, die die Vögel seit mehr als drei Jahrzehnten pflegt. Von Daniela Haußmann

Jürgen Schumann verwöhnt die Hepsisauer Warzenenten mit Streicheleinheiten.Foto: Daniela Haußmann
Jürgen Schumann verwöhnt die Hepsisauer Warzenenten mit Streicheleinheiten.Foto: Daniela Haußmann

Die Enten im Zipfelbach gehören zu Hepsisau wie der Kuckuck auf der Rathauslampe. Als im vergangenen Jahr ein dreister Dieb den Metallvogel klammheimlich vom Lampengehäuse schraubte und so die Bürgerschaft um ihr jahrzehntealtes Wahrzeichen brachte, schlug die Stunde der vier Wasservögel. Lange rangierten die Enten, die das Gewässer im Verlauf von mehr als drei Dekaden bevölkerten, auf Platz zwei der wichtigsten Symbole, mit denen Hepsisau in Verbindung gebracht wird. Da vom Kuckuck seit August jede Spur fehlt, lässt sich, laut Jürgen Schumann, mit Fug und Recht behaupten, „dass nun die Warzenenten zum ersten Wahrzeichen des Ortes aufgerückt sind“.

Vor rund 35 Jahren wurden die ersten Enten im Herzen der kleinen Gemeinde ausgesetzt. „Ende der Siebziger-, Anfang der Achtzigerjahre legten Bauarbeiter im Zuge der Dorfsanierung den Bach frei“, berichtet Jürgen Schumann. „Damit verschwand der Garten, der ursprünglich zwischen Rathaus und Hauptstraße lag.“ So kam der Hepsisauer Karl Elser auf die Idee, in dem Gewässer Enten auszusetzen, berichtet der 70-Jährige, dessen Mutter sich etwa 20 Jahre lang um die Tiere kümmerte. Schumann erinnert sich noch gut daran, wie die Pekingenten im Bach schnatternd ihre Kreise zogen. Tag für Tag stieg seine Mutter die Stufen zum Bach hinunter, wo die tierischen Neubürger in einem Holzverschlag Quartier bezogen hatten. „Sie brachte ihnen immer trockenes Brot mit“, erzählt der Rentner lächelnd, der diese Tradition seit 2005 fortführt.

„Die Tiere haben den Zipfelbach von Anfang an aufgewertet“, meint Jürgen Schumann, dessen Vater zu jener Zeit Bürgermeister war. Die aktuelle Entengruppe ist die dritte, die in Hepsisau zu Hause ist. Vor zehn Jahren hat sie der 70-Jährige am Bach angesiedelt. „Es ist eine robuste Art, für die Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes kein Problem sind“, betont er und berichtet, dass das Leben in der Ortsmitte nicht ganz ungefährlich ist. „In der Vergangenheit sind“, laut Jürgen Schumann, „schon Jungtiere auf der angrenzenden Straße überfahren worden.“ Und vor vielen Jahren fiel im Winter eine Ente dem Fuchs zum Opfer. Deshalb hat der rüstige Rentner stets ein Auge auf seine Schützlinge.

Simone Mayer macht mit ihrer Tochter Emma fast jeden Tag einen Abstecher zum Bach. Für die Zweijährige sind ihre gefiederten Nachbarn eine richtige Attraktion. Begeistert wirft sie dem Erpel und seiner weiblichen Gefolgschaft ein paar Brotkrumen zu. Simone Mayer bestätigt, dass die Tiere eine Institution in Hepsisau sind. Wer sich um die Enten kümmert, wenn Jürgen Schumann alters- oder krankheitsbedingt nicht mehr regelmäßig an den Bach kommen kann, vermag die Anwohnerin nicht zu sagen. Aber genau wie Sebastian Oßwald, der nur wenige Schritte entfernt wohnt, hat sie großen Respekt davor, dass sich Jürgen Schumann seit vielen Jahren jeden Tag um die Warzenenten kümmert.

Der Rentner, der mit Tieren aufgewachsen ist und der 60 Hasen und etliche Hühner hält, übernimmt gerne die Verantwortung für die Zipfelbachbewohner. „Jeder, der in Hepsisau wohnt oder hierherkommt, freut sich über die Enten, und das wiederum freut mich“, erklärt Jürgen Schumann, der die Wasservögel ins Herz geschlossen hat. Sobald sie seinen Wagen heranrollen sehen, sind sie auf den Beinen. Nicht nur wegen dem Futter, das der 70-Jährige mitbringt, sondern auch wegen der Streicheleinheiten, die die Vögel ausgiebig genießen. Deren Nachwuchs kann allerdings nicht in Hepsisau bleiben. Aus 15 Eiern schlüpfen, nach Schumanns Erfahrung, circa 14 Küken. Nach etwa drei Monaten gibt er den Nachwuchs deshalb in gute Hände ab, während die Alttiere im Ort bleiben und sich täglich aufs Neue freuen, wenn ihr Pfleger vorbeischaut.