Weilheim und Umgebung

Ein Freizeitsport mit Schattenseiten

Reitsport Die Weilheimerin Tanja Spindler ist Reitpädagogin. Sie hilft weiter, wenn Pferd und Reiter nicht miteinander klarkommen und rettet die Tiere so nicht selten vor dem Schlachter. Von Daniela Haußmann

Wenn es  zwischen Ross und Reiter Problemen gibt, hilft Tanja Spindler weiter.  Foto: Daniela Haußmann
Wenn es zwischen Ross und Reiter Problemen gibt, hilft Tanja Spindler weiter. Foto: Daniela Haußmann

Die Seele im Sattel baumeln lassen, im Galopp der Hektik des Alltags entfliehen, beim Ausritt die Natur genießen – wenn Pferd und Reiter harmonieren, sind schöne Stunden garantiert. Leider ist das nicht immer so. Reitpädagogin Tanja Spindler kennt die Schattenseiten des Reitsports, Fälle in denen Pferde an ihre Grenzen getrieben werden und das mit unschönen Folgen. Zu ihr kommen die vermeintlich hoffnungslosen Fälle. Für Pferde die buckeln, schlagen oder beißen, ist Tanja Spindler nicht selten die letzte Anlaufstelle vor dem Schlachter.

Die Weilheimerin, die seit ihrer Jugend im Sattel sitzt, weiß, dass solche Probleme meistens auf den Menschen zurückzuführen sind. „Kein Pferd ist von sich aus böswillig oder aggressiv“, betont Tanja Spindler. „Schwierigkeiten sind meistens das Ergebnis einer falschen Erziehung.“ Wenn die Bedürfnisse von Ross und Reiter nicht zusammenpassen, treten nach dem Kauf rasch Querelen auf – besonders bei temperamentvollen Vollblütern.

Mancher Besitzer wisse dann oft keinen anderen Ausweg, dem Pferd seinen Willen aufzuzwingen. „Scheuen zum Beispiel ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die Tiere geschlagen wurden“, erzählt Spindler. Wenn die Halter mit den Tieren nicht zurechtkommen, verkaufen sie sie weiter und die Kette aus Problemen setzt sich fort: Ein Teufelskreis, der die Situation verschlimmere. „Ein Pferd ist weder ein Sportgerät, noch ein Prestigeobjekt“, findet Tanja Spindler. „Fakt ist, dass sich zu viele Menschen ohne oder mit zu wenig Erfahrung an die Tiere heranwagen.“

Genau wie Menschen, müssten Pferde die Regeln sozialen Miteinanders kennenlernen, erklärt Spindler. Um in der Erziehung die richtige Balance zwischen Gehorsam und Nachgiebigkeit zu finden, ist es der Expertin zufolge notwendig, dass sich die Reiter auf das Tier einlassen. Ein Grundsatz, der unabhängig vom Alter des Pferdes gilt. „Jeder der reitet, sollte die Eigenschaften, das Wesen und die Körpersprache der Tiere kennen und verstehen“, erklärt sie. „Das ist für den Aufbau einer guten Beziehung absolut notwendig.“

Dass dieses Basiswissen längst nicht jeder verinnerlicht hat, der reitet, zeigen die Problemfälle, mit denen die Reitpädagogin zu tun hat. „Die Pferde werden falsch geritten, Zaumzeug mit metallischem Gebiss wird falsch benutzt und fügt dem Tier Schmerzen zu“, erzählt Spindler. „Anstatt den Sattel vorsichtig, mit etwas Spielraum, anzulegen und ihn nach einer Einreitphase fester zuzuziehen, zurren viele den Gurt sofort fest.“ Das habe zur Konsequenz, dass er drücke, scheure und im schlimmsten Fall Wunden verursache. Das mache kein Pferd auf Dauer mit, selbst wenn es mit aller Macht dazu gezwungen wird. „Deshalb vergewissere ich mich immer, dass die Ausrüstung zur Anatomie des Tieres passt, dass sie richtig verwendet wird und dass die Reittechnik stimmt.“ Schließlich seien Dinge wie Angst, Tritte, Abwürfe oder Aggressionen nur die Symptome eines größeren Problems.

Doch längst nicht jeder Halter ist bereit, sich eigene Fehler einzugestehen. Und noch weniger sind laut Spindler bereit zu akzeptieren, dass der Reitsport nicht das richtige Hobby für sie ist. „Ich hatte Pferde, die schnell Fortschritte machten, und als sie wieder in ihrem alten Umfeld waren, fingen die Schwierigkeiten wieder an“, berichtet Tanja Spindler. „Die Tiere endeten nicht selten auf dem Schlachthof.“ Die Reitpädagogin ist darüber nicht glücklich. Doch die Fälle, in denen Ross und Reiter dank ihres Engagements zusammengefunden haben, lassen Tanja Spindler nicht verzagen.