Weilheim und Umgebung

Warum Käthe Luther geheiratet hat, und nicht Luther sie

Vortrag Paul Dieterich hat in der „Egelsbergrunde“ das Leben der Katharina von Bora beleuchtet.

Weilheim. „Katharina von Bora hat evangelische Kirchengeschichte geschrieben - auch wenn sie nicht die erste protestantische Pfarrfrau war.“ Der Person Katharinas ging Paul Dieterich, Prälat i.R., in einem kurzweiligen Vortrag für die Weilheimer „Egelsbergrunde“ nach. Weil Luther eine große Vorbildfunktion hatte, ging diese Funktion auch auf seine „Käthe“ über. Sie gilt bis heute als Vorbild für eine pragmatisch-anpackende Pfarrersfrau, obwohl anfangs rein gar nichts darauf hindeutete.

Zunächst verbrachte sie ihr Leben im Kloster - überwiegend in Nimbschen. Einen Hauptgrund für diesen Werdegang benennt Paul Dieterich in aller Sachlichkeit: „Klöster waren damals eine beliebte Versorgungsanstalt für adlige Mädchen.“ Das Leben im Kloster konnte hart sein: „Eine Äbtissin hatte das Recht, unbotmäßige Nonnen einsperren oder auch körperlich züchtigen zu lassen.“

Für Katharina galt diese Härte nicht, wie Paul Dieterich erzählt: „Margarete von Haubitz scheint ihre Macht nicht missbraucht zu haben. Sie ließ ihre Nonnen sogar Luthers Schriften lesen.“ Die Flucht der 24-jährigen Katharina und acht weiterer Nonnen nach Wittenberg war demnach „keine Flucht vor klösterlichem Zwang“. Grund dafür war vielmehr Luthers Lehre: „Die Nonnen lasen, dass sich kein Mensch den Himmel verdienen kann - erst recht nicht durch das Klosterleben.“

Da Luther zugleich forderte, dass Mönche heiraten dürfen, ergab sich eine konkrete Perspektive für „entlaufene“ Nonnen: Luther hatte die Nonnen aus Nimbschen zur Flucht ermuntert und sah sich deshalb in der Verantwortung, sie zu verheiraten. Er dachte aber nicht an eine eigene Ehe - und wenn, dann mit Ave von Schönfeld. Diese verheiratete sich aber anderweitig, was bei Katharina von Bora aus unterschiedlichen Gründen nicht gelang. Zwei Kandidaten hatte Luther bereits für sie ausgewählt.

Paul Dieterich: „Käthe wusste, was sie wollte. Die Frage bleibt, ob Luther Käthe oder ob Käthe Luther geheiratet hat.“ Für Luther stellte sich diese Frage nicht, denn Paul Dieterich zitiert ihn folgendermaßen: „Gottes Wille war es, dass ich mich der Verlassenen erbarmte.“ Die Ehe, 1525 besiegelt, gilt als glücklich - was nicht zuletzt sechs Kinder belegen. Noch einmal zitiert Paul Dieterich Martin Luther, der gesagt habe, dass er seine Käthe „nicht um Frankreich und Venedig hergeben würde“. Schließlich seien ihre Tugenden viel größer als ihre Mängel.

Eine der größten Tugenden war ihr Fleiß. Nur durch ihre Tatkraft ermöglichte sie Luther ein Leben, das einigermaßen frei war von materieller Not: Sie kümmerte sich nicht nur um den Haushalt im ehemaligen Augustinerkloster zu Wittenberg, sondern auch um die Bewirtung der vielen Kostgänger und um die Landwirtschaft.

Nach Luthers Tod 1546 konnte sie sich selbst erst einmal nicht helfen: Luther hatte es verabsäumt, sein Testament zu unterzeichnen. Lange juristische Streitigkeiten waren die Folge. Katharina starb übrigens schon 1552 - noch nicht ganz 54 Jahre alt - an den Folgen eines Verkehrsunfalls mit ihrer Kutsche in Torgau. Dort liegt sie auch begraben, 50 Kilometer südöstlich von Wittenberg. Die sterblichen Überreste des vorbildlichen Pfarrerehepaars ruhen somit seit 465 Jahren weit voneinander entfernt.Andreas Volz