Zwischen Neckar und Alb

Älter werden als Migrant

Kreispflegeausschuss will kultursensible Altenhilfe stärken

Innerhalb der älteren Bevölkerung sind Senioren mit Migrationshintergrund die am stärksten wachsende Gruppe, stellt das Statistische Landesamt Baden-Württemberg fest. Grund genug, sich im Kreispflegeausschuss mit der Versorgung dieser Menschen zu beschäftigen.

Landkreis Esslingen. Unter Federführung der Altenhilfeplanung des Landkreises hat eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der ambulanten und stationären Pflege sowie der Planungs- und Beratungsebene Bausteine für eine künftiger kultursen­sible Altenhilfe erarbeitet.

Laut einer Studie des Sozialministeriums Baden-Württemberg haben derzeit knapp zehn Prozent der im stationären und circa zwölf Prozent der im ambulanten Pflegebereich betreuten Menschen einen Migrationshintergrund. Diese Tendenz gilt auch in allen regionalen Arbeitskreisen im Landkreis Esslingen. Noch gäbe es, so die Analyse der Arbeitsgruppe, ausreichend funktionierende familiäre Unterstützung. Ob diese auch in Zukunft Bestand haben, ist mehr als fraglich angesichts der berufsbedingten Mobilität, der erhöhten Frauenarbeitsquote und eines sich eventuell wandelnden Rollenverständnisses der jungen Generation unwahrscheinlich. Auch die Zahlen sprechen für die Notwendigkeit einer verstärkten kultursensiblen Altenhilfe: Mehr als 26 Prozent der Bevölkerung von Baden-Württemberg hat einen Migrationshintergrund. Davon sind im Regierungsbezirk Stuttgart knapp 16  Prozent älter als 65 Jahre. Innerhalb der älteren Bevölkerung ist dies laut dem statistischen Landesamt die am stärksten wachsende Gruppe.

Um dem erwarteten zusätzlichen Bedarf qualifiziert begegnen zu können, will die Arbeitsgruppe alle Dienste und Einrichtungen im Netz der Altenhilfe sensibilisieren und für eine präventive Vorbereitung gewinnen. Dazu hat sie verschiedene Bausteine entwickelt. Einer ist ein verbesserter Zugang zur Altenhilfe für Menschen, bei denen mangelhafte deutsche Sprachkenntnisse eine Hürde ist. Eine weitere Voraussetzung ist die Bereitschaft aller Beteiligten zu interkultureller Arbeit. „Wir haben eine pragmatische Arbeitshilfe erstellt, in der neben Grundlagen auch gute Beispiele und Materialien zur Vertiefung des Themas enthalten sind“, kündigt Renate Fischer, zuständig für die Altenhilfeplanung im Landkreis, an. „Die Beispiele sollen zum Start ermutigen und zeigen, dass schon kleine Schritte bemerkenswerte Veränderungen bewirken können“.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe werden sich jetzt auf den Weg machen und Ergebnisse und Erkenntnisse in allen Arbeitskreisen im Altenhilfenetzwerk vorstellen und zu weitergehender Diskussion anregen. In anderer Weise ist das Thema bereits bei vielen Einrichtungen und Diensten der Altenhilfe angekommen: 87,4 Prozent der in der Studie des Sozialministeriums befragten Einrichtungen gaben an, Menschen mit Migrationshintergrund zu beschäftigen, davon knapp 80 Prozent in ambulanter Pflege, 94 Prozent in stationären Pflegeeinrichtungen. „Multikulturelle Teams brauchen eine gute Vorbereitung und Begleitung, damit die in ihnen liegenden Potenziale genutzt werden können“, so Renate Fischer. „Sie stellen einen wertvollen Erfahrungshintergrund für die künftige Arbeit mit den alten Menschen mit Migrationshintergrund dar.“ pm