Zwischen Neckar und Alb

Er ackert mit leisen Tönen

Michael Zimmermann hört nach zehn Jahren als Vorsitzender des Kreisbauernverbands auf

Michael Zimmermann vom Köngener Schlossgut ist noch lange nicht im Ruhestand. Foto: Roberto Bulgrin

Michael Zimmermann vom Köngener Schlossgut ist noch lange nicht im Ruhestand. Foto: Roberto Bulgrin

Köngen. Nach seinem Abschied als Vorsitzender des Kreisbauernverbands Esslingen zieht es Michael Zimmermann und seine Frau Barbara erst mal sechs Wochen lang zur Familie seines Sohnes in Kanada.

„So lange waren wir noch nie in Winnipeg“, schwärmt der Landwirt. Vor allem freut sich das Ehepaar auf die Enkel. „Die lange Trennung ist schwer, aber wir können ja skypen“, verrät der Opa aus Leidenschaft. Wegen seines Ehrenamts hatte der 69-Jährige bislang nicht viel Zeit, um zu verreisen. Auch auf dem Schlossgut tritt der Senior kürzer. Da sind sein Schwiegersohn Markus Eppinger und seine Tochter Ulrike Zimmermann in seine Fußstapfen getreten.

Sein Nachfolger an der Spitze des Kreisbauernverbands ist der 28-jährige Tobias Briem aus Filderstadt. Zimmermann ist überzeugt, dass der Gemüs baumeister „viele Impulse bringen wird“. Sein Stellvertreter Siegfried Nägele bleibt im Amt. Auch bei den Kreisbauern falle es ihm nicht schwer, loszulassen, sagt der besonnene Landwirt. Lautstarke Debatten waren seine Sache nie. In der Verbandsarbeit hat er sich als Schaffer mit ruhiger Hand einen Namen gemacht. „Es ist wunderbar, wenn die Nachfolge auf allen Ebenen reibungslos klappt“, findet der Senior. Er selbst arbeitet auf dem Schlossgut tatkräftig beim Ackerbau mit. Wenn er dynamisch auf den Fahrersitz klettert, sieht man ihm seine 69 Jahre nicht an.

Die neue Generation hat eine Nische aufgetan. Im Schlossgut gibt es jetzt ein Hofcafé, das immer mittwochs offen hat. Außerdem haben die Zimmermanns die denkmalgeschützten Räume umgebaut und vermieten sie für Feierlichkeiten. Ein Teil des Gebäudes, das früher als Stall genutzt wurde, ist fest an die Unternehmensberatung Staufen-AG vermietet, die dort Seminare abhält.

In der Landwirtschaft habe sich in den vergangenen Jahrzehnten einiges gewandelt, denn sie rechne sich für heutige Generationen oft nicht mehr. Viele seiner Kollegen müssten aufgeben, weil die Kinder andere Berufe ergreifen. „Manche gehen auf die nebenberufliche Schiene“, sagt Zimmermann, der zehn Jahre lang an der Spitze des Kreisbauernverbands Esslingen stand. 25 Jahre lang arbeitete er in der Organisation mit, „denn es ist wichtig, dass wir als Landwirte klar Position beziehen und für unsere Rechte kämpfen.“ Das hat der Köngener immer getan, aber ohne Gepolter. Dieser Sachlichkeit wegen schätzen ihn die Kollegen. Ein Ja-Sager ist er nicht. Manchmal wirkt seine Beharrlichkeit kantig.

Die Diskussion um die niedrigen Preise für Agrarprodukte beschäftigt Zimmermann und das Vorstandsteam. Auf politischer Ebene haben sie dafür gekämpft, die hohen Kosten für Milch, Fleisch, Getreide oder Gemüse transparent zu machen. Inzwischen habe ein Umdenken stattgefunden, findet der Landwirt. Viele Kunden und auch Einkaufsmärkte setzten auf regionale Produkte. „Nachhaltigkeit haben wir schon praktiziert, als das Wort noch nicht in aller Munde war.“ Das erklärt der Schwabe den Kunden, die auf den Hof kommen, gerne und mit größter Geduld.

Der Kampf gegen die Bürokratie, etwa durch Verordnungen der Europäischen Union, bewegt Zimmermann. Viele Landwirte seien von der Flut der Anträge und Förderprogramme überfordert. Außerdem entschieden die Bürokraten an der Praxis vorbei. Da denkt er an das Landesprogramm FIONA, das Ausgleichsmaßnahmen unterstützt. „Jetzt in der ruhigen Zeit könnten wir die Anträge bearbeiten“, sagt der Landwirt. Aber die genauen Daten bekomme man erst im späten Frühjahr, wenn auf den Feldern die heiße Phase beginnt. Da wünscht er sich mehr Verständnis.

Der Flächenverbrauch durch Großprojekte auf den Fildern, etwa den Flughafenausbau, die Landesmesse oder jetzt die ICE-Trasse, belaste die Landwirte im Kreis Esslingen. „Da geht es um wertvolle Ackerflächen, die unsere Familien aufgebaut und gepflegt haben.“ Und die wolle man nicht kampflos aufgeben. „Unsere Aufgabe als Bauern ist es, die Kulturlandschaft zu erhalten“, sagt Zimmermann. Da klingt seine leise Stimme plötzlich kraftvoll und kämpferisch. Nicht immer habe man sich durchsetzen können. Dennoch habe der Verband im Streit um Ausgleichsmaßnahmen einige Erfolge erzielt.