Zwischen Neckar und Alb

Kreis-SPD sucht neue Wege

Mit Diskussionsforen will die Partei mehr Wähler gewinnen – Generationswechsel hat begonnen

Das miserable Ergebnis der Landtagswahl bringt die SPD auf verschiedenen Ebenen in Bewegung. Ein Generationswechsel soll helfen.

Kreis-SPD sucht neue Wege
Kreis-SPD sucht neue Wege

Kreis Esslingen. Mit einem Wechsel an der Landesspitze ist es für Michael Beck genauso wenig getan wie mit einem Ruck nach links. Der Kreisvorsitzende, dem auch das Vorpreschen mancher Oberbürgermeister kontra Nils Schmid nicht gefallen hat, findet, dass ein einfacher Rücktritt nur „die wahren Probleme verdeckt“. Mitgliederschwund und ihr Älterwerden plagen die SPD und andere Parteien. Als SPD-typische Prob­leme haben Beck und der junge Nürtinger Landtagskandidat Sebastian Schöneck in einem Positionspapier die Folgen der Schröderschen Arbeitsmarkt-Reformen und die Rentenpläne notiert. Die SPD-Kernklientel habe sich deshalb politisch irritiert abgewandt. Die Zuwendung der Bürger will der SPD-Kreisverband über offene Foren anbahnen.

Anstatt die Partei schlechtzureden, müsse eine „neue sozialdemokratische Gesellschaftserzählung“ gefunden und verbreitet werden, meinen Beck und Schöneck in ihrem Papier, das bislang aber noch von keinem Parteigremium abgesegnet worden ist. Dem Duo liegt vor allem das Thema Europa am Herzen. Die Sozialdemokratie müsse Kanzlerin Merkel mit einem „echten programmatischen Gegenentwurf“ Paroli bieten. Es müsse klar werden, dass „Europapolitik keine fremde Außenpolitik, sondern zentraler Baustein unserer Wirtschafts- und Sozialpolitik ist“. Ob das wirklich eine Gegenposition zur Kanzlerin darstellt, darüber können interessierte Bürger dann mit Schöneck und Beck am 29. Juni in Nürtingen diskutieren.

Zunächst einmal will der SPD-Kreisvorstand aber einfach „näher an die Menschen ran“. Die müssen nicht sofort in die Partei eintreten, sondern können bei bestimmten Themen mitarbeiten. Dass sich Bürger heute lieber zeitlich überschaubar in Projekten engagieren, als dauernd an Organisationen binden, weiß Beck, der vor einem Jahr den Kreisvorsitz übernommen hat. Solche offene politische Runden belebten die innerparteiliche Debatte und sie schule zudem die eigenen Leute in der politischen Kommunikation. Mit der „Kultur des Schlechtredens“ innerhalb der Partei würde Beck gerne Schluss machen.

Ob aus dem Nachhaltigkeits-Forum im Filderstädter Restaurant Hirsch wirklich mehr werde als eine Veranstaltung im Hinterzimmer, könne er auch nicht garantieren, gesteht Beck zu. Da dürfe man keine 200 Besucher erwarten, aber es gehe um den Auftakt. Aus den ersten Foren könnten sich dann auch andere Veranstaltungsformate entwickeln, etwa eine Podiumsrunde mit renommierten Experten.

Derzeit zählt der SPD-Kreisverband etwa 1 700 Mitglieder, die Jusos 300 Mitglieder. Die Jungen in der Partei, so finden Beck und Schöneck, müssten sich intensiver und persönlicher um Neumitglieder kümmern und versuchen, diese in der Partei zu „verwurzeln“. Den Generationswechsel sieht Beck schon seit einiger Zeit im Gang. Neben den bewährten Mandatsträgern wie Wolfgang Drexler oder Rainer Arnold übernähmen zunehmend junge Leute wie der Wendlinger Ortsvereinsvorsitzende Simon Bürkle (25), gleichzeitig Kreisvorsitzender der Jungsozialisten, oder der Nürtinger Kreis- und Stadtrat Michael Medla Verantwortung.

Im Kreisvorstand übernähmen die Jungen allmählich die Mehrheit, freut sich Juso-Vorsitzender Bürkle, der damit aber keinen konfrontativen Kurs mit den Älteren verbinden will. Im Gegenteil, solche Leute wie den neuen Kirchheimer Landtagsabgeordnete Andreas Kenner (58) brauche die SPD noch mehr. Der verstehe die Leute. Wen er sich als neuen Landesvorsitzenden wünscht, verrät Bürkle genauso wenig wie Michael Beck. Mehrere Kandidaten und einen Mitgliederentscheid hält Beck für den richtigen Weg.

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