Zwischen Neckar und Alb

Mord im flauschigen Woll-Idyll

Krimi Fünfeinhalb Minuten Ruhm für „Barbara’s Scherrerei“ am Hafenmarkt. Das Wollgeschäft wurde zur Filmkulisse für die ZDF-Krimiserie Soko Stuttgart. Auch Serienstar Astrid Fünderich war dabei. Von Miriam Steinrücken

Folge 229 von Soko Stuttgart drehen Yve Burbach (Zweite von rechts) und Astrid Fünderich (rechts) in Esslingen.Foto: Roberto Bul
Folge 229 von Soko Stuttgart drehen Yve Burbach (Zweite von rechts) und Astrid Fünderich (rechts) in Esslingen.Foto: Roberto Bulgrin

Stopp! Ruhe! Wir drehen!“, ruft der Mann mit Funkknopf im Ohr. Er ist der Set-Aufnahmeleiter und gibt den Ton an auf dem Esslinger Hafenmarkt. Auf sein Kommando unterbricht nicht nur der Regieassistent seine holprige Fahrt mit der Sackkarre übers Kopfsteinpflaster. Auch ein Ehepaar bleibt gebannt stehen und wundert sich, was los ist in „Barbara’s Scherrerei“. Die Set-Mitarbeiter geben freundlich Auskunft: In dem Wollgeschäft am Hafenmarkt 5 dreht die Fernsehproduktionsfirma Bavaria Fiction Stuttgart einen Teil der Krimiserie Soko Stuttgart.

Seit zehn Jahren sendet das ZDF jeden Donnerstag um 18 Uhr eine Episode. Durchschnittlich vier Millionen Zuschauer verfolgen die Vorabendserie, das ergibt einen Marktanteil von knapp 20 Prozent. Inzwischen wird bereits die zehnte Staffel mit 25 Folgen gedreht. Und ein Teil von Episode 229 spielt in Barbara’s Scherrerei. Für fünfeinhalb Filmminuten verbringt die 38-köpfige Crew einen ganzen Tag lang in Esslingen.

Gleich morgens um 7.30 Uhr rücken Kameramann, Toningenieur und Oberbeleuchter an und sorgen dafür, dass das technische Equipment einsatzbereit ist. Schnell noch werden die Schauspieler in Garderobe und Maske hergerichtet, bevor der Dreh um 9 Uhr beginnt. Sechs Szenen will der Regisseur am Ende des Tages im Kasten haben. Bevor es ernst wird, trifft er sich mit den Darstellern zur Sprechprobe. Entspannt sitzt das Grüppchen auf Klappstühlen in der Sonne und geht die Szene einmal durch: Hier etwas langsamer sprechen, dort etwas lauter, bei diesem Satz hakt es noch. Letzte Abstimmungen sind nötig; schließlich proben die Schauspieler gerade zum ersten Mal gemeinsam. Bei der anschließenden Stellprobe im Wollgeschäft wird genau auf die Position der Darsteller geachtet. Exakt auf dem blauen Klebestreifen am Boden soll die Ladenbesitzerin stehen, wenn die beiden Kommissarinnen sie zum Tod ihres Mannes vernehmen. Umgeben von Wollknäulen, Nadeln und Knöpfen bestreitet die Verdächtige, ihren Mann erschlagen zu haben.

Das flauschige Ambiente lässt die Wollhändlerin in besserem Licht erscheinen: Zwischen gestricktem Fliegenpilz, bunt umhäkelter Sitzbank und Girlande aus Mini-Pullis wirkt die verstörte Witwe nicht gerade mordlüstern. Das Verhör nimmt der Toningenieur mit einem Richtmikrofon am Stil auf. Wie eine Angel hält er das Mikro über die Darstellerinnen, um jeden Ton einzufangen. Trotzdem ist er unzufrieden: Im wirklichen Leben vor der Tür kreist ein Polizeihubschrauber und verdirbt die Tonkulisse.

Als der endlich abdreht, beginnt der eigentliche Dreh: Immer wieder wird dieselbe Szene durchgespielt. Der Kameramann auf seiner fahrbaren Bühne umkreist die Darsteller, nimmt verschiedene Einstellungen auf: Nahaufnahme, Totale, Hauptkommissarin allein und mit Verdächtiger.

Als die Szene im Kasten ist, gönnt sich Schauspielerin Astrid Fünderich alias Soko-Chefin Martina Seiffert eine kurze Verschnaufpause an der frischen Luft. „Ich heiße wirklich Seiffert“, spricht sie ein Radfahrer an und geht lachend weiter. Auf der Straße werde sie schon erkannt, erklärt Fünderich. Um Autogramme werde sie aber selten gebeten. „Schließlich bin ich kein Teenie-Star“, sagt Fünderich. Dann muss sie auch schon wieder rein für die nächste Szene. Jetzt heißt es wieder „Stopp! Ruhe! Wir drehen!“.