Zwischen Neckar und Alb

Plastikstopp lässt auf sich warten

Umwelt Politisch herrscht in Esslingen nahezu Konsens über ein Verbot für Einmalgeschirr auf Festen und Events, aber der Weg ist mühsam. Noch muss die Verwaltung die Voraussetzungen festlegen. Von Harald Flößer

Ohne Plastik sähe es auch in Kirchheim schöner aus: hier am Roßmarkt. Archiv-Foto: Jörg Bächle
Ohne Plastik sähe es auch in Kirchheim schöner aus: hier am Roßmarkt. Archiv-Foto: Jörg Bächle

Gerne, so bedauerte Ordnungsamtsleiter Gerhard Gorzellik, hätte er dem gemeinderätlichen Ausschuss für Technik und Umwelt am Montag schon eine Vorlage präsentiert, wie man die Flut an Plastikbechern und Co. bei Festivitäten und Veranstaltungen in der Stadt eindämmen könnte. Die hätte die CDU-Gemeinderatsfraktion sicher auch gerne gesehen. Immerhin hatte sie bereits im Juni ein Verbot von Einmal-Plastikbechern, -geschirr und -besteck bei öffentlichen und privat organisierten Events und Festen beantragt - unter dem Eindruck einer wahren Plastikbecherparade beim Erdbeerfest in der Küferstraße.

Die Vorlage, die Gorzellik tatsächlich in die Sitzung mitbrachte und die weitere fünf städtische Ämter mitverantworteten, war allerdings so bescheiden, dass er selbst gar nicht groß darauf eingehen wollte. Umso mehr verwunderte der kühne Beschlussvorschlag der Verwaltung: „Der Antrag der CDU ist damit erledigt.“

„Der Wille ist da“

„Wir sind selbst nicht zufrieden mit der Vorlage“, eröffnete Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht denn auch kleinlaut die Sitzung. Der Wille nach einem Plastikverbot sei bei allen da, wollte Gorzellik keinen falschen Zungenschlag ins Thema bringen. Aber man könne einfach noch nicht einschätzen, welche Kosten damit auf die Stadt zukämen. Vom Grundsatz her könne die Stadt Plastikgeschirr bei Veranstaltungen nur dann verbieten, wenn sie selbst die Lokalitäten für die Festivitäten zur Verfügung stellt. Und selbst in solchen Fällen ist vermeintlich Gleiches halt doch nicht gleich: Handelt es sich um öffentliche Verkehrsflächen, ist das Ordnungsamt die Genehmigungsbehörde, das eine „Sondernutzungserlaubnis“ vergibt. Handelt es sich um die Flächen fürs Bürgerfest, ist das Kulturamt zuständig, vergeben wird nach ausformulierten „Teilnahmebedingungen“. Die gibt es auch für den Weihnachtsmarkt, der unter der Regie der „EST“ über die Bühne geht. Grünflächen werden vom Grünflächenamt vergeben, das mit den Nutzern einen „Vertrag“ abschließt. Ähnliches gilt für Sporthallen und -plätze, für die aber das Amt für Bildung, Erziehung und Betreuung zuständig ist. Dementsprechend müssen unter anderem Satzungen, Verträge und Teilnahmebedingungen geändert werden.

Da ein Verbot nur dann wirkt, wenn es auch überprüft wird, ist dafür auch noch städtisches oder fremdes Personal fällig. Und das kostet. Wie viel? Das ist noch nicht beziffert. Zudem fehlt es an einem Konzept, den Veranstaltern, vor allem aber Vereinen eine Alternative anbieten zu können, tatsächlich zu Mehrweggeschirr zu greifen - zum Beispiel mit Geschirrmobilen. Doch auch die Kosten dafür sind noch nicht erhoben. Gorzellik: „Wir waren nicht in der Lage, Ihnen das alles jetzt zu bieten. Aber wir sind mit dem Thema in den Ausschuss gegangen, um zu erfahren, ob Sie hinter all dem stehen.“

„Unser Antrag ist nicht erledigt“, stellte Karin Pflüger (CDU) denn auch gleich unmissverständlich klar. Die Stadt solle sich ein Beispiel an der Stadt Tübingen nehmen. Die will zum 1. Januar eine Verpackungssteuer auf Einwegverpackungen für den örtlichen Handel und die Gastronomie einführen.

Gabriele Kienlin bekannte sich „als Grüne natürlich“ auch zu dem Ziel, die Plastikflut einzudämmen. Aber man müsse den Vereinen - vor allem den kleineren - auch eine Alternative wie etwa ein Geschirrmobil bieten. Es könne ja nicht sein, dass sich beim Bürgerfest nur noch so große Vereine präsentieren könnten, die sich eine adäquate Lösung leisten könnten. Dass für die Vereine ein tragfähiges Konzept her muss und die Stadt gefordert ist, „ein breites Paket zu schnüren“, ist auch der SPD wichtig. Heidi Bär sah Handlungsbedarf, plädierte aber für ein „behutsames Vorgehen mit Übergangsfristen“.

Eberhard Scharpf (Freie Wähler): „Die Stadt muss kein Geschirrmobil kaufen. Wegen einem Liter Milch kauft man auch keine Kuh“, verwies er auf die Möglichkeit, diese fahrbaren Geschirr- und Spülwägen auch auszuleihen. Auch von ihm kam der Hinweis: „Wir sollten mal gucken, was Tübingen tut.“ Ob der Vorstoß der Universitätsstadt auch rechtlich Bestand hat, ist sich Ulrich Fehrlen (FDP) noch nicht so sicher. „Aber der Handlungsbedarf ist klar, wir hätten uns gewundert, wenn die CDU ihren Antrag heute zurückgezogen hätte.“ Johanna Renz (Linke) war es zwar wichtig, die Kosten und den Personalaufwand für ein Plastikverbot zu erheben. „Ewig warten ist aber schwierig.“

Ordnungsamtschef Gorzellik versicherte, dass auch Esslingen ein Konzept für eine Verpackungssteuer „schon lange in der Schublade“ habe. Aber man beobachte jetzt erst einmal, „was in Tübingen passiert“. In dem aktuellen Vorstoß, die Plastikflut auf Festen und Veranstaltungen einzudämmen, sei Esslingen den Tübingern sogar voraus. „Denn die nehmen solche Situationen aus ihrer Verpackungssteuer heraus.“

„Das Klima wartet nicht“, wollte Andreas Koch (SPD) die Verwaltung aber nicht so einfach aus der Pflicht lassen. „Wann können wir denn mit einer Wiedervorlage rechnen?“ Doch da wollte sich Bürgermeister Wallbrecht nicht festlegen.