Zwischen Neckar und Alb

Wasserdampf statt Feinstaub

Mobilität Bei Shell in Wendlingen kann man nun den umweltfreundlicheren Wasserstoff beziehen. Ganz sauber ist das aber nicht: Er wird auch mit herkömmlichem Strom erzeugt. Von Sylvia Gierlichs

Sorgen für grünen Kraftstoff in der Region: Norbert Barthle, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Thomas Bystry von Shel
Sorgen für grünen Kraftstoff in der Region: Norbert Barthle, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Thomas Bystry von Shell, Michael Reinhardt von Air Liquide, und Sybille Riepe von H2 Mobility (von links). Foto: pr

Saubere Antriebstechnik - in Zeiten, in denen Gerichte wegen der Feinstaubbelastung mit Fahrverboten drohen, sehnt man sie händeringend herbei. In Wendlingen haben seit Mittwoch diejenigen, die bereits auf saubere Energie in Form eines mit Wasserstoff angetriebenen Fahrzeugs setzen, beste Chancen, ihren fahrbaren Untersatz auch schnell nachtanken zu können. Und zwar an der Shell-Tankstelle in der Heinrich-Otto-Straße. Zwölf solcher Tankstellen gibt es in Baden-Württemberg, bundesweit sind 45 in Betrieb, weitere 14 gehen demnächst an den Start, 17 sind in Planung.

Damit kommt Thomas Bystry, Vorsitzender der Clean Energy Partnership (CEP), einer Initiative des Bundesverkehrsministeriums und 13 Industriepartnern, seinem erklärten Ziel schon ziemlich nahe. 100 Tankstellen will er unter der Ägide von CEP bis zum Jahr 2020 aufbauen, dann sei die Basisstruktur geschaffen. 400 Tankstellen sollen es bis zum Jahr 2024 sein. Die Wendlinger Zapfsäule, betrieben von H2 Mobility mit den Gesellschaftern Shell und Air Liquide, ist die erste im Landkreis Esslingen.

Übrigens ist CEP nicht die alleinige Spielwiese von Shell. Auch andere Mineralölkonzerne wie Total und OMV und Automobilhersteller wie Daimler, Toyota oder Hyundai und der Technologiekonzern Linde sind dabei.

Norbert Barthle (CDU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sieht im Wasserstoff eine Schlüsselrolle für die Mobilität der Zukunft. Immer noch basierten 95 Prozent der Antriebe auf der Verwendung fossiler Kraftstoffe. „Da der Verkehr jedoch zunehmen wird, muss das Ziel sein, umweltfreundliche Treibstoffe zu verwenden“, sagte Barthle. Man wolle Wasserstoff zu einer wettbewerbsfähigen Energie weiterentwickeln. Der Bund hat deswegen auch 700 000 Euro an Fördergeldern in die Errichtung der Wendlinger Tankstation gesteckt. Weitere 700 000 Euro steuerte die Industrie bei. Gesamtkosten demnach: 1,4 Millionen Euro.

Tankstellen, Wasserstofffahrzeuge und auch die Herstellung des Wasserstoffs - Shell-Manager Thomas Bystry weiß, dass all das derzeit noch zu teuer ist. Die Kosten müssten über die Produktion größerer Stückzahlen gesenkt werden. Eines jedoch versichert er: Die Technik ist da und funktioniert. Und soll zunächst im ÖPNV und in den Fahrzeugflotten des öffentlichen Dienstes eingesetzt werden. Auch Züge und Schiffe sollen peu à peu auf Wasserstoffantrieb umgestellt werden. Einen wichtigen Faktor, um auch für private Nutzer ein wasserstoffbetriebenes Auto interessant zu machen, sieht Bystry im Aufbau eines Tankstellennetzes. Das Betanken geht dabei genauso schnell wie bei einem Benziner. Die Kosten liegen bei 9,50 Euro für einen Kilo Wasserstoff. Etwa 100 Kilometer kann man damit zurücklegen. Eine ganze Tankfüllung hat nach Auskunft von Thomas Bystry eine Reichweite von etwa 500 Kilometern.

Der Bundestagsabgeordnete der Grünen Matthias Gastel erkundigte sich nach der Ökobilanz. Die sieht allerdings noch nicht ganz so gut aus. Laut Bystry liegt das da­ran, dass der Strom zur Herstellung des Wasserstoffs über das Stromnetz angeliefert wird, durch das ja immer ein Mix aus herkömmlich erzeugtem und grünem Strom fließt. „In Zukunft soll die H2-Erzeugung in Windparks direkt erfolgen“, sagte der Shell-Manager und bekundete, man müsse mehr tun, um grünen Wasserstoff herstellen zu können. Beim Verbrauch allerdings werden keinerlei Kohlenstoffdioxide oder Stickoxide freigesetzt.

Bleibt noch die Frage: Warum eine Tankstelle in Wendlingen? Die Lage gab den Ausschlag. Die Nähe zur Autobahn, zum Daimler-Werk in Untertürkheim und zum Daimler-Ableger Nucellsys in Nabern, wo Brennstoffzellen entwickelt werden.