Kirchheim. Museumspädagogin Elisabeth Schubert hat sich einiges vorgenommen: In drei Stunden will sie ihren jungen Kursteilnehmern eine ganze Welt offenbaren – die der Römer nämlich. Und weil man Altes am besten versteht, wenn man es mit Neuem verknüpft, geht es los mit einer kleinen Entdeckungstour am Kartenmodell.
Schnell finden die Kinder sich auf der altertümlichen Karte zurecht. Sie machen Kirchheim und Ötlingen aus und entdecken den Fuß der Schwäbische Alb. Kursleiterin Elisabeth Schubert stellt knifflige Fragen: „Wer von euch kennt die Legende um das Sybillenloch?“.
Katharina, das einzige Mädchen in der Runde, übernimmt: „Sybille von Teck ist mit dem Feuerwagen davongefahren, weil sie sich für ihre Söhne geschämt hat.“ Die Jungs schmücken die Legende mit weiteren Details aus: „Der Wagen wurde von Katzen gezogen, oder?“ Das Thema Römer kennen sie alle aus der Schule; heute sind sie ins Kornhaus gekommen, um ihr Expertenwissen zu vertiefen und mit Gleichgesinnten original römisches Handwerkszeug zu basteln.
Das Dachgeschoss des Kornhauses ist in warmes Licht getaucht; es riecht nach Holz. Von dem Schneefall, der sich durch die Fenster erahnen lässt, bekommen die Kinder wenig mit – denn gespannt begutachten sie die nächste Station der kleinen Führung durch die Welt der Römer.
Ein alter Ofen aus Owen ist der Schlüssel zu einer weiteren Legende aus der Römerzeit: Er flackerte einst in der Villa Rustica, einem Gutshaus der Römerzeit. Strahlende Kinderaugen sind auf Elisabeth Schubert gerichtet; vor lauter Neugier und Tatendrang sprudelt es nur so aus den jungen Teilnehmern heraus. Manchmal muss Schubert die Kinder ein bisschen bremsen, so begeistert sind sie.
Jetzt wird es ernst: In Zweier-Teams „schmieden“ die Kinder aus langen Eisennägeln den Stylus, mit dem sie später ihre Wachstafeln beschriften werden. Jacke an, Treppe runter und ab in die winterliche Kälte: für diesen Arbeitsschritt geht die eingeschworene Truppe nach draußen. Mit dem Hammer formen sie aus dem vorderen Ende des Nagels eine Spitze und hinten eine Art Tintenkiller. So kann die Wachstafel, ganz originalgetreu, immer wieder neu beschriftet werden.
„Aua, Mist, jetzt habe ich mir weh getan“, tönt es aus einer Ecke. Der Hammer wird weitergegeben. Auch das vermittelt der Mitmachkurs: Bei „Erwachsenenwerkzeug“ ist Vorsicht angesagt. Glücklicherweise passiert nichts Schlimmes und der Schmerz ist nach ein paar Mal Pusten vergessen. Denn auch die nächste Aufgabe fordert den Kindern höchste Konzentration ab: In einem Kochtopf soll Wachs erhitzt werden. Mit kleinen Stücken Farbkreide verpassen die jungen Entdecker der Flüssigkeit die richtige Tönung – denn was wäre langweiliger, als ein durchsichtiges Wachsbrett?
Die Vorarbeit des frühen Nachmittags macht sich nun bezahlt: Der Leim an den Holzrahmen ist getrocknet; es kann losgehen. Behutsam schöpfen die Kinder das flüssige Wachs aus dem Topf und gießen es in die Form. Die Schöpfkelle wird weitergereicht, bis jeder stolz auf die ganz eigene Wachstafel in spe blicken kann. Manch einer kann seine Finger kaum bei sich behalten und schabt im Wachs herum. Doch auch hier macht Erfahrung klug – denn dass das Wachs unter der Oberfläche noch warm ist, bekommen allzu neugierige Finger zu spüren.
Eine halbe Stunde müssen die Wachstafeln nun auskühlen, dann darf losgeritzt werden – ab sofort schmückt ein römisches Kultobjekt sechs Kirchheimer Kinderzimmer.