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Einser-Inflation bei Abiturnoten

Zum Artikel „Gutes Abi, schlechtes Abi“ vom 22. April

Als 85-jähriger einstiger Schüler einer humanistischen Anstalt (Latein-Griechisch) kann ich über die Einser-Inflation in heutigen Abiturnoten nur den Kopf schütteln. Die realen Intelligenzquoten der Schülerinnen und Schüler sind nämlich meines Erachtens keineswegs gewachsen. Wir lernten zum Beispiel nach Lehrplan schon in den Eingangsklassen dreimal mehr Vokabeln in den Fremdsprachen, als heutige Lehrpläne pro Jahrgang vorsehen, und das oft nachts im Luftschutzkeller! Auch das eigentliche mathematische Wissen ist keineswegs besser geworden, und ich wollte nicht die Probe aufs Exempel machen und einem heutigen Abiturienten eine sogenannte Minimax-Aufgabe ohne Taschenrechner zur Lösung zu geben. Vielfach werden Formeln einfach abgespult, ohne überhaupt begriffen zu haben, wie man eigentlich zu diesen Formeln kommt! Erst Letzteres nenne ich Mathematik. Was heute gemacht wird, ist Rechnen. Das sind aber zwei Paar Stiefel! Wir lernten jedoch noch nach der Euklidischen Methode, das heißt, nicht „Anwendung von Formeln“, sondern „Wissen, wie man zu diesen Formeln kommt“!

Beispiel: „Eine Hyperbel ist der geometrische Ort aller Punkte, die von einer gegebenen Geraden und einem gegebenen Punkt die selbe Entfernung habe.“ Wenn man das weiß, kann man alle übrigen damit zusammenhängenden Formeln spielend ableiten.

Thilo Dinkel, Kirchheim