Unzugeordnete Artikel

Geistliches WortGott ist ein Apfelbaum

Symbolbild: Natalie becker
Symbolbild: Natalie becker

Gott ist ein Apfelbaum. Seit vielen Jahren steht er im Garten. Am späten Nachmittag setze ich mich auf den Wiesenboden und lehne meinen Rücken an den Stamm. Ich spüre den Halt, fest verwurzelt. Und ich spüre: Sein Holz ist kein Stahl und kein Stein, ist lebendig, warm und dennoch fest und sicher. Gott ist ein Apfelbaum.

Ich sitze im Schatten. Das ist gut in der Spätsommersonne, aber durch die Blätter bricht die Sonne, und im lauen Wind entsteht ein besonderes, bewegtes Licht. Die Blätter rauschen zwar nicht gerade, aber wenn ich die Ohren konzentriere, höre ich sie. Ich drücke meinen Rücken durch. Die Rinde ist rau, nicht weich, aber auch nicht unangenehm. Ich hebe meinen Blick - das geht unter einem großen Baum fast von selbst. Gott ist ein Apfelbaum.

Die Äpfel sind reif oder werden es bald sein. Niemand hat sie drangehängt, und doch sind sie da. Meine Gedanken gehen auf die Reise: Was ist gewachsen in meinen Tagen? Mag ich Äpfel eigentlich? Und der halbvergammelte Apfel dort - was sagt der mir? Wann denke ich schon mal einfach so frei nach über Gott - und die Welt. Gott ist . . . „just a yellow lemon tree“.

Auf dem Nachbargrundstück hat die Party begonnen. Ich sehe sie nicht, aber ich höre sie. Der Lautsprecher dröhnt und es singt nicht der Kirchenchor, sondern ein paar aufgekratzte Stimmen zu Hits der 90er: „I wonder how, I wonder why“. Ich muss eingenickt gewesen sein. Aus der Traum! Könnt ihr nicht ein bisschen leiser sein? Ich stehe auf und gehe zur Mauerecke, mache den Schritt drumherum. Ich hole tief Luft, damit man mich versteht bei dem Lärm. Das dauert einen Moment. Zeit für einen Blick. Da ist der Grill, der Tisch mit den Flaschen und Gläsern, der Lautsprecher, die Biertischgarnitur, die Leute und über allem die Äste des Baumes. Sie haben auch einen Apfelbaum! Und sie sitzen unter seinen Ästen und feiern.

Gott ist . . . „nicht ferne von einem jeden unter uns“, heißt es in der Apostelgeschichte 17,27 der Bibel.

Axel Rickelt

Pfarrer der Evangelischen Stadtkirchengemeinde Kirchheim